Deutsche Eishockey Liga:Schlechter Verlierer

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"Vor der Deutschland-Cup-Pause waren Mads und ich das beste Duo hier in München": Dominik Kahun (li.) und Siegtorschütze Christensen, wieder vereint. (Foto: Imago)

Der Däne Mads Christensen weist dem EHC München gegen Schwenningen den Weg zum Sieg

Von Christian Bernhard, München

Die Lichter in der Münchner Olympia-Eishalle waren schon ausgeschaltet, da überquerte Mads Christensen noch einmal die in der Dunkelheit düster schimmernde Eisfläche. Der Däne war für ein Interview aufs Eis zurückgekehrt und hatte noch bei seiner Familie an der Spielerbank vorbeigeschaut, nun konnte er, der spielentscheidende Mann, zurück in die Kabine. Es passte ins Bild, dass Christensen die Sonntagspartie des EHC München gegen die Schwenninger Wild Wings mit seinem 3:2-Siegtreffer in der 58. Spielminute entschieden hatte.

Der Däne war in den Spielen zuvor oft der auffälligste Münchner gewesen und blickte vor der Partie vom Cover des aktuellen Stadionmagazins. Darin erzählt er von seiner Kindheit in Dänemark, die von Eishockey und Fußball geprägt war, und vom sensationellen dänischen Fußball-Europameistertitel 1992. Der Hauptteil des Interviews dreht sich aber um Christensens größte Phobie: das Verlieren. Als Kind habe er nach Niederlagen tagelang nicht geredet, berichtet er, Verlieren sei für ihn das Schlimmste überhaupt. Deshalb geht der 28-Jährige im Spiel an und manchmal auch über die Grenzen, um bloß nicht dieses Gefühl verspüren zu müssen. Es gebe nicht viele Dinge, die er für den Erfolg nicht tun würde, sagt er. "Das Besondere an Mads ist, dass er ein talentierter Spieler ist, der hart kämpft", sagt sein Trainer Don Jackson, der mit dem Dänen bereits in Berlin zusammengearbeitet hat.

Christensen hat unruhige, weil von Niederlagen geprägte Zeiten hinter sich. Seit sechs Wochen gewinnt der EHC zwar seine Sonntagsspiele, hat zuvor aber jeweils die Freitagspartie verloren. Auch der Sieg gegen Schwenningen war kein überzeugender. Eineinhalb Drittel lang war der EHC ziemlich uninspiriert über das Eis geschlittert, mehr als die zwei Schwenninger Tore von Ashton Rome (9., 21.) verstörte dabei die Tatsache, dass EHC-Torhüter David Leggio alleine im Startdrittel zwei Mal gleich zwei Wild-Wings-Spieler unbedrängt auf sich zu stürmen sah. Den ersten Konter vollendete Rome, den zweiten stoppte Frederic St-Denis in allerletzter Sekunde mit einem beherzten Hechtsprung. "Wir haben zu Beginn schlecht ausgesehen", gab Jackson zu. Schwenningen sei im ersten Drittel "viel besser als wir" gewesen, konstatierte Christensen, "zum Glück haben sie ein paar Strafen bekommen, sonst hätten sie uns im ersten Drittel weggeschossen." Erst ab der Hälfte des Spiels drehten die Münchner auf und belagerten das Gäste-Tor: 45 Mal schossen sie in nur zwei Dritteln auf den Kasten. "Wir haben es am Anfang wieder verschlafen", sagte Dominik Kahun.

Kahun war neben Christensen Münchens entscheidender Spieler am Sonntag. Um den 20-jährigen Topscorer des EHC war es in den letzten Wochen etwas ruhiger geworden, er hatte nicht schlecht gespielt, war aber nicht mehr so dominant aufgetreten wie noch vor der Länderspielpause. Gegen Schwenningen riss er seine Mannschaft zum Ende des Mitteldrittels wieder mit, wodurch der EHC innerhalb von 34 Sekunden aus einem 0:2 ein 2:2 machte. Erst bediente Kahun Richie Regehr in Überzahl ideal (38.), dann tropfte die von ihm zum Tor gebrachte Scheibe unter dem Arm von Schwenningens starkem Torhüter Joseph MacDonald (39.) ins Netz. "Heute habe ich wieder bewiesen, was ich kann", sagte Kahun hinterher, während er einen Teller Nudeln in seinen Händen hielt. Während er darin herumstocherte, hob er hervor, dass Christensen und er "einen sehr guten Job zusammen machen". Das konnten sie zuletzt nicht mehr, weil Jackson sie nach der Länderspielpause getrennt hatte, um auch in der dritten Angriffsformation einen spielstarken Center aufbieten zu können. Kahun schmeckte das nicht. Er habe "nicht erwartet und nicht verstanden", nach der Pause in einer anderen Reihe zu spielen, betonte er: "Vor der Deutschland-Cup-Pause waren Mads und ich das beste Duo hier in München, glaube ich."

Gegen Schwenningen zeigte Kahun, wie sehr er Christensen vermisst hatte. Wie ein junger Stier flitzte er über das Eis, auch in der Rückwärtsbewegung. Es schien, als wolle er mit jedem seiner schnellen Antritte sagen: Hey, Mads und ich gehören auf dem Eis zusammen. "Wenn man zu uns zwei einen Spieler stellt, der hart mit uns arbeitet, klappt es einfach", erklärte Kahun (am Sonntag war Jerome Samson dieser dritte Mann) und beendete sein Plädoyer mit den Worten: "Jetzt sind wir wieder zusammen, alles gut." Jackson bescheinigte der Christensen-Reihe einen "großen Abend" und wagte dann einen Blick in die Glaskugel. Er sehe "größere Dinge" auf die Mannschaft zukommen, sagte er: "Wir brauchen endlich zwei Siege in Serie", dann könne "alles" passieren. Ein Wochenende ohne Niederlage: Es wäre auch für den schlechten Verlierer Christensen ein Geschenk.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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