Basketball-Regionalliga:Nach dem Knick

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Vor kurzem war München Basket die Nummer eins in der Stadt, nun hängt die Zukunft des Vereins von der Kooperation mit dem FC Bayern ab.

Philipp Schneider

Herrjeh, diese viele bunten Linien: Dieses knallige Gelb, dieses wunderbar intensive Rot, dazu das tiefe Blau - all das wird Janos Belik wohl nicht beachtet haben, als er zu Beginn der zweiten Halbzeit losmarschierte, in sich versunken, mit den Füßen immer entlang der Markierungen auf dem Hallenboden und mit den Gedanken sonstwo, womöglich schon beim Abpfiff und den bitteren Konsequenzen. Dabei war diese Partie in der Regionalliga Südost für die Zuschauer recht unterhaltsam, schließlich ging es hin und her zwischen dem TSV Deisenhofen und den München Baskets. Aber für Belik, Baskets Präsident, war in diesem Moment alles ein wenig zu viel. Sein Blick streifte die Anzeigetafel mit dem Punktestand, und der konnte eigentlich gar nicht wahr sein. 53:57 lag Basket zurück, hatte erstmals die Führung abgegeben - und sollte sie auch nicht wiedererlangen: 76:94, die sechste Niederlage im elften Spiel, in der Tabelle abgerutscht auf den achten Tabellenplatz.

Auf der Suche nach Gründen: Christoph Pölt, Alain Ekambi und Richard Ware (von links) nach der Niederlage in Deisenhofen (Foto: Claus Schunk)

"Dass wir hier so untergehen würden", sagte Belik am Sonntag nach dem Schlusspfiff, und machte eine lange Pause. Was jetzt kam, lastete auf ihm: "Das ist eine Katastrophe und von der Vereinsführung nicht zu akzeptieren."

Es ist noch gar nicht so lange her, da war München Basket im Männerbasketball die Nummer eins in der Stadt. Dann scheiterte die Mannschaft im April 2008 im entscheidenden Spiel um den Aufstieg aus der zweiten Bundesliga ProB in die ProA, im Juni landete der FC Bayern München als Regionalligameister mit einer Lizenz aus Düsseldorf in der auch von Basket angestrebten Liga. "Das war der entscheidende Knick", sagt Belik. Der Sommer 2008 machte den FC Bayern zur Nummer eins und Basket, inzwischen ohne Hauptsponsor, zur Nummer zwei. 2009 stieg Beliks Mannschaft in die Regionalliga ab und spielte hernach eine bescheidene Saison, die im bedeutungslosen Tabellenmittelfeld endete.

Die aktuelle Saison, so lautete Beliks Ziel, wollte man im oberen Drittel beschließen und vielleicht sogar den Aufstieg wahrnehmen, für den Fall, dass einige der besser platzierten Mannschaften keine Lizenz erhielten: "Aber nach dieser Blamage gegen einen Abstiegskandidaten können wir das wohl vergessen."

Die Hoffnung war da, weil ein neuer Kooperationsvertrag mit dem FC Bayern einen Zufluss an talentierten Nachwuchsspielern versprach, allen voran den von Center Bogdan Radosavljevic und Guard Alexander Blessig, beide 17 Jahre. "Wir sind fest davon ausgegangen, dass beide bei uns spielen würden, aber vorerst sieht es nicht danach aus", sagt Belik.

Der Vertrag, den die Vereine Mitte November unterzeichneten, läuft zunächst bis zum 30. Juni. Er sieht vor, dass die Baskets jenen Talenten der Bayern eine Heimat geben, die noch nicht reif sind für den höherklassigen Spielbetrieb. Doch offenbar hat der große FC Bayern derzeit andere Sorgen, als sich um den kleinen Partner in der Regionalliga zu kümmern, denn die Talente, sie sind nicht da. Dirk Bauermann, Trainer des FC Bayern, bittet um Geduld: "Die Kooperation ist uns sehr wichtig, wir brauchen ja einen verlässlichen Partner. Nur erfordert die kolossale Aufgabe, vor der wir derzeit stehen, unsere ganze Manpower. Die Professionalisierung der Jugendarbeit folgt erst in der nächsten Saison."

Blessig und Radosavljevic spielen derzeit für die Bayern in der Nachwuchsliga NBBL, deren Spieltermine sich mit denen der Regionalliga überschneiden. Dabei ist die Personalnot bei den Baskets so groß wie nie. Zweimal trainierte die Mannschaft in der Woche vor der Niederlage gegen Deisenhofen - zu fünft, die anderen Spieler fehlten berufsbedingt. Hinzu kommt, dass die Baskets erstmalig eine Saison ohne ausländische Profis bestreiten, die Amerikaner Calvin Wooten und Sam Carey haben den Verein verlassen, für Ersatz fehlte das Geld.

Es könnte allmählich die Angst bei Basket umgehen, dass die Bayern sich einen anderen Partner in der Region suchen werden. In derselben Liga spielen etwa die Dachau Spurs, die mit zwei Amerikanern in ihren Reihen auf Platz eins stehen. "Das glaube ich nicht", sagt Belik, "dafür haben wir in den vergangenen fünf Jahren zu große Erfolge gefeiert." Auch Bauermann wiegelt ab: "Eine funktionierende Kooperation lebt von persönlichem Vertrauen und räumlicher Nähe. Wie sollen die Jungs denn nach Dachau kommen?" Am Ende könnte es der ehemaligen Nummer eins im Münchner Basketball tatsächlich helfen, dass 17-Jährige zumeist keinen Führerschein besitzen.

© SZ vom 08.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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