Baseball:Arm, aber gut

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Noch nie waren die Baseballer der Haar Disciples so erfolgreich, dennoch müssen sie weiterhin finanziell improvisieren

Von Johannes Knuth, München

Michael Stephan ist ein großer Fan von Chris Dresel. Beide haben zuletzt für die Bundesliga-Baseballer der Haar Disciples gearbeitet, Stephan als Spieler, Dresel als Trainer. Nebenbei trainierte Dresel die deutsche Junioren-Nationalmannschaft, er sichtete zudem den europäischen Markt für die Pittsburgh Pirates aus der Major League Baseball, der großen US-Profiliga. Fachkräfte wie Dresel sind rar in der Szene, "er hat uns sehr geholfen", bestätigt Stephan. Es gab nur einen kleinen Makel. In der abgelaufenen Saison hatte Dresel seine Dienste umsonst zur Verfügung gestellt, für die kommende Saison bat er um eine Aufwandsentschädigung. Das, sagt Stephan, "war leider nicht drin".

Die Haar Disciples haben vor kurzem die wohl erfolgreichste Saison ihrer Klubgeschichte hinter sich gebracht, auch dank Dresels Regieanweisungen an der Seitenlinie. Im Playoff-Viertelfinale Anfang August verloren sie unglücklich gegen die Solingen Alligators, den späteren Titelträger. Seit Jahren sind die Disciples Stammgast in der Meisterschafts-Endrunde. Branchenführer im Münchner Umfeld sind sie sowieso, als einziger Baseball-Erstligist aus der Region. Doch während sich die Konkurrenz in der deutschen Spitze hauptamtliche Betreuer und niedrige, vierstellige Monatsgehälter für Spieler leistet, müssen die Disciples weiterhin finanziell improvisieren, qualifiziertes Personal wie Dresel ziehen lassen und pünktlich zur Winterpause die Herausforderung meistern: Wie übersetze ich sportlichen Erfolg in wirtschaftliches Wachstum?

Die Winterpause ist wichtig für finanziell mittelprächtig ausgestattete Klubs wie Haar. In der Winterpause können sie das sportliche Abschneiden versilbern, Sponsoren auftreiben, Geld eintreiben. In Haar sind sie umso mehr auf neue Unterstützer angewiesen, nachdem langjährige Partner, die Unternehmen von Vorstand Todd Covell und vom ehemaligen Sportdirektor Michael Almstetter, ihr Engagement zuletzt gekürzt haben. Seit rund einem Jahr kümmert sich Outfielder Cedric Bassel zusammen mit Josef Dietl um die Abteilung "Sponsorenakquise". "Es hat sich viel getan", sagt Bassel, "aber es ist ein langer Prozess."

So gut sich die Disciples in den vergangenen Jahren sportlich entwickelt haben, im Sponsoring-Bereich rangierten sie bis zuletzt im Mittelmaß. Das hemmt bis heute ihren Fortschritt. Als Bassel vor einem Jahr vom damaligen Meister Regensburg zu den Disciples stieß, musste er Listen mit potenziellen Unterstützern verfassen, Sponsorenmappen zusammenstellen, Kontakte aufbauen. "Wir haben ganz am Anfang begonnen", erinnert er sich, "es gab ein paar Ideen, aber uns hat etwas frischer Wind gefehlt."

So gut wie in der abgelaufenen Saison haben Lukas Steinlein und seine Kollegen vom Baseball-Erstligisten Haar Disciples noch nie geworfen. (Foto: Claus Schunk)

Bassel hat jahrelang den Aufstieg der Regensburger Baseballer als Spieler und als Funktionär mitgestaltet, und diese Expertise lässt er nun bei den Disciples einfließen. Für die kommende Saison hat er ein Turnier für Unternehmen auf dem Feld in Haar geplant. In Regensburg hatten sie zuletzt mehr als 40 Unternehmen bei ihrem Firmenturnier begrüßt, rund 40 potenzielle Sponsoren also. Bassel weiß nur zu gut, dass er künftige Gönner erst einmal an eine komplexe Sportart wie Baseball heranführen muss. Er weiß auch, dass in München viele Klubs um Sponsoren buhlen, "die Konkurrenz ist riesig", sagt er. Mittlerweile, so glaubt er, seien die Disciples in der Sponsoring-Tabelle dem Mittelmaß entkommen. Bassel weiß aber auch, dass es sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung verhält wie beim Sport: Es dauert oft Jahre, bis man sich in die Spitzengruppe vorgearbeitet hat.

Bis dahin werden sie weiterhin improvisieren bei den Disciples. Anstatt einen Trainer wie Dresel zu beschäftigen, werden Spieler wie Michael Stephan und der Amerikaner Josh Petersen die Mannschaft anleiten. Statt drei Ausländer - das gilt als die Mindestanforderung, um in der Baseball-Bundesliga mitzuhalten-, werden sie sich in der kommenden Saison zunächst nur zwei Importe leisten: Petersen und Pitcher Gabriel Sandersius, beide haben bereits zugesagt. "Zuletzt hatten wir oft sechs Zugänge und sieben Weggänge, jetzt können wir mit dem fast gleichen Team antreten", sagt Stephan. Etwaige Qualitätseinbußen will er durch Erfahrung ausgleichen.

Damit neben allen wirtschaftlichen Anstrengungen der sportliche Erfolg nicht zu kurz kommt.

© SZ vom 29.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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