American Football:Zurück in der Mitte der Liga

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Zum ersten Mal gelingt den Munich Cowboys ein Erfolg in einem bayerischen Erstliga-Derby mit den Ingolstadt Dukes.

Von Christoph Leischwitz, München

Kai Silbermann sah aus wie ein Verdurstender in der Wüste, der endlich die Oase erreicht. "Hey, hier gibt's sogar Rhabarberschorle", freute sich der Offensivspieler der Munich Cowboys, dem am Sonntagnachmittag zwei Touchdowns gelungen waren, weshalb der 29-Jährige mit den verschwitzten Locken diesmal zur Pressekonferenz im VIP-Raum des Dantestadions Platz nehmen durfte.

Noch süßer war der hart erkämpfte Sieg im oberbayerischen Derby der Deutschen Football-Liga gegen die Ingolstadt Dukes. Fünf Sekunden vor Schluss fehlten den Gästen noch 27 Yards zum Sieg. Der Ball flog in die Endzone der Cowboys, allerdings flog er an Freund und Feind vorbei auf den Boden. Das Spiel war damit beendet, der Jubel der Heimfans unter den 1965 Zuschauern äußerst ausgelassen, 28:23 lautete der Endstand. In der laufenden Saison und auch schon in jener davor hatten die Cowboys mehrmals gezeigt, wie gut sie knapp verlieren können. Knapp zu gewinnen, zählt erst seit Neuestem zu ihren Qualitäten. Nach einem 31:28 vor zwei Wochen bei den Allgäu Comets folgte nun der zweite in Serie. Darüber hinaus war es der erste Sieg gegen die Dukes in der ersten Liga überhaupt, und in Sachen Tabellenstand ein unglaublich wichtiger, um vom Tabellenende wegzukommen - kurz: für die Cowboys war der Erfolg so süß wie Rhabarberschorle, auch wenn Silbermann sei Getränk später als zu süß beschrieb.

Münchens Maxim Soujon erzielt seinen ersten Touchdown. (Foto: Claus Schunk)

"Ich habe immer gesagt: Wenn wir mal gewinnen, dann zeigen wir unseren wahren Charakter", sagte Cheftrainer Garren Holley. "Wir haben es geschafft, von einer Verlierer-Mentalität zu einer Gewinner-Mentalität zu kommen", sagte Silbermann.

Schon zu Beginn der Partie wirkten die Cowboys stabiler als noch im Hinspiel, die Abwehr der Dukes wurde lange erfolgreich von der eigenen Endzone ferngehalten. Der diesmal ohnehin recht kleine Kader der Dukes erfuhr eine weitere Schwächung, als Benjamin Achter nach einem Helm-zu-Helm-Angriff auf Cowboys-Receiver Markus Gärtner des Feldes verwiesen wurde. Doch die erste Schwächephase der Cowboys nutzten die Dukes sofort aus: Zu Beginn des zweiten Viertels gelang dem ehemaligen Cowboys-Spieler Jakob Wenzel ein Lauf über 35 Yards. Wenig später folgte ein Field Goal für drei Punkte, allmählich schienen die Dukes ihrer leichten Favoritenrolle wieder gerecht zu werden. In der Zwischenzeit gelang es den Cowboys zwar immer wieder, recht tief in die gegnerische Hälfte vorzustoßen. Mehrmals benötigten die Gastgeber dabei aber auch Raumstrafen der Dukes, um mit der Offensive auf dem Feld bleiben zu können. Überhaupt hatten beide Teams an den Entscheidungen der Unparteiischen zu knabbern, immer wieder flogen gelbe Flaggen ins Spielfeld, die nach Fouls geworfen werden. Die Raumstrafen bestimmten den Spielablauf maßgeblich, die Partie hatte eher den Charakter eines Abstiegsduells als eines Kampfs um einen Playoff-Platz.

Ein Wechsel gegen den Trend: Maxim Soujon war gerade erst von den Dukes zurückgekehrt

Kurz nach dem 31:28-Erfolg bei den Comets vor zwei Wochen war die Transferperiode in der German Football League (GFL) zu Ende gegangen. Etwas überraschend hatten die Cowboys Ende Juni ihren Offensivspieler Darrell Lynn Tate II nach Hause geschickt. Im Verein war man zu dem Schluss gekommen, dass er kein Steigerungspotential mehr besitze, was angesichts der Lage in der Tabelle allerdings vonnöten gewesen wäre. Neu im Kader ist dafür der Passempfänger James Agwu Okike, den die Cowboys in den USA fanden.

Zugang James Agwu Okike löst Partystimmung bei den Cowboys aus. (Foto: Claus Schunk)

Der erste Münchner Touchdown gelang allerdings einem jungen Neuling. Kurz vor der Halbzeit setzte sich Maxim Soujon mit einem beherzten Sprint durch die Mitte von seinem Gegenspieler ab, der Pass von Trenton Miller kam perfekt, Soujon lief ohne weitere Berührung in die Endzone zum zwischenzeitlichen 7:17. Es war der erste Erstliga-Touchdown für den 20-Jährigen, der in der vergangenen Saison noch für die Dukes gespielt hatte, aber bei den Cowboys ausgebildet worden war - ein Wechsel gegen den Trend, nach dem zahlreiche Ex-Cowboys in Reihen der Ingolstädter spielen. "Ich wollte nicht mehr so weit fahren", gibt Soujon, der in Markt Schwaben wohnt, als Begründung an. Der Speditionskaufmann macht gerade sein Abitur nach.

Im dritten Viertel gelang Quarterback Trenton Miller ein noch spektakulärerer Wurf, Silbermann lief 55 Yards zum 14:17. Zugang Okike durfte mit seinem Premiere-Touchdown wenig später die Führung erzielen. "Ich habe Party gemacht, als er zu uns kam. Und nach dem ersten Training gleich noch mal", schwärmt Silbermann über den Neuen. Denn Okike zieht oft gleich zwei Gegenspieler auf sich, mit ihm steigt die Zahl der Optionen in der Offensive auch für seine Mitspieler. Nach dem zweiten Touchdown durch Silbermann kamen die Dukes noch einmal heran, doch diesmal entschieden die Cowboys den Krimi für sich. Und sind zwölf Tage vor dem Heimspiel gegen die Kirchdorf Wildcats wieder angekommen in der Mitte der Liga.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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