American Football:Provokation in Lila

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Hinten dran: Cowboys-Abwehrspieler Paul Neufanger (li.) versucht, Frankfurts Joe Bergeron zu stoppen. (Foto: Claus Schunk)

Die Munich Cowboys verlieren ihren Bundesliga-Auftakt gegen Frankfurt 0:17. Das hört sich recht schlimm an, ist es aber gar nicht.

Von Christoph Leischwitz, München

Garren Holley war jederzeit leicht auszumachen an der Seitenlinie, wo es während eines Footballspiels zugeht wie in einem Bienenstock. Der Trainer der Munich Cowboys trägt jetzt immer eine weiße Baseballmütze und weiße Handschuhe, was sich gut abhebt von den vielen gelben Trikots und den schwarzen Helmen. "Ryan Newell hat mir letzte Saison gesagt, dass er mich vom Spielfeld aus so schlecht sieht", erklärt Holley - im American Football bekommen die Spieler oft Anweisungen von Außen. Holleys Hände fuchtelten also am vergangenen Samstag häufig und gut sichtbar durch die Luft während des Bundesliga-Auftakts gegen die Frankfurt Universe. Meistens taten die Spieler auch, was er von ihnen wollte. Das Problem war nur, dass Ryan Newell gar nicht auf dem Feld war, ein paar weitere Verteidiger fehlten ebenfalls verletzt, den Unerfahrenen schwanden irgendwann die Kräfte. Der Außenseiter hielt lange Zeit gut mit und gut dagegen. Allerdings geriet der Angriff meist früh ins Stocken, die Abwehr der Münchner stand immer länger auf dem Feld, am Ende waren es 83 Spielzüge. Die Cowboys verloren die Partie 0:17. Das hört sich zwar deutlich an. Doch im vergangenen Jahr lautete das Endergebnis 7:56. "Das war eine ganz andere Mannschaft heute", sagte Holley. Und meinte das gar nicht unbedingt nur aufs Personal bezogen.

Sie haben viel umgestellt, sie haben neue Cowboys-Trainer und für die Offensive ein neues System eingebaut. Das Uhrwerk knirscht noch an der einen oder anderen Stelle, beim entscheidenden Touchdown für Frankfurt zu Beginn des zweiten Viertels hatte man einen Gegenspieler übersehen. So stand nach dem ersten Spiel erst einmal wieder nur eine Niederlage. Es ist zudem gut möglich, dass am kommenden Samstag eine zweite Niederlage folgt, denn die Cowboys reisen zum aktuellen deutschen Meister Schwäbisch Hall Unicorns. Drittens stärkt eine Zu-Null-Niederlage nicht gerade das Selbstvertrauen. Dem neuen Quarterback Trenton Miller blieb trotz erhöhtem Risiko gegen Ende sein erster in Deutschland geworfener Touchdown erst einmal verwehrt. Insgesamt kam er auch nur auf 156 Pass-Yards bei zwei abgefangenen Bällen. "Ich habe ein paar gute Möglichkeiten ausgelassen", sagte der 23-Jährige nach dem Spiel. Insgesamt habe die Abwehr eine gute Partie gemacht, fand Miller, im Angriff sehe er noch Luft nach oben.

Abzüglich der vielen schlechten Statistiken blieb unter dem Strich trotzdem ein ordentlicher Rest Zuversicht, dass die Saison erfolgreicher verlaufen könnte als die vergangene, in der man nur knapp der Abstiegs-Relegation entgangen war. "Ich bin jetzt nicht gerade froh, dass wir verloren haben. Aber ich habe meiner Abwehr nach dem Spiel gesagt, wie stolz ich auf sie bin", sagte Holley, der neben seiner Tätigkeit als Cheftrainer auch für die Abwehr verantwortlich ist. "Sie haben soooo hart gespielt, wow", sagte er mit einem anerkennenden Kopfschütteln.

Die beachtlich vielen Zuschauer (1834) hatten eine körperlich anstrengende Partie gesehen, mit vielen Strafen auf beiden Seiten. Holley sprach zudem von einigen "höchst fragwürdigen" Entscheidungen der Schiedsrichter und sagte über die Unparteiischen: "Sie müssen besser werden." Eine Aussage, die im American Football der Ketzerei nahekommt. Quarterback Miller meinte dann noch, Frankfurt pflege einen "anderen Stil" als das, was man gemeinhin kenne. Man müsse eben kühlen Kopf bewahren, wenn der Gegner "nach dem Pfiff sein Ding macht". Sprich: nach einem abgeschlossenen Spielzug provoziert. Offensichtlich klappte das mit dem kühlen Kopf nicht immer.

Es ist möglich, dass die 0:17-Niederlage noch in einen 20:0-Sieg umgewandelt wird. Bei der Frankfurt Universe läuft ein Insolvenzverfahren, der hoch dotierte Kader wird bis zum 30. Juni von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Er selbst wisse auch nicht, wie es danach weitergeht, sagte Cheftrainer Brian Caler. Eine gute Orientierung bot die Leistung gegen die berüchtigten Männer in Lila für die Cowboys aber auf jeden Fall.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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