American Football:Mehr als nur ein Job

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Nadine Nurasyid. (Foto: Peter Roth / oh)

Die Cowboys Ladies um Nadine Nurasyid spielen am kommenden Sonntag um den deutschen Football-Titel - gegen die favorisierten Berlin Kobras.

Von Christoph Leischwitz, München

Der Tag habe nur 24 Stunden, sagt Nadine Nurasyid, und wer so etwas sagt, hat vermutlich noch weniger Lust als der Rest der Menschheit, ständig im Stau zu stehen. Das ist der Hauptgrund, warum sie nun einen ihrer vielen Nebenjobs aufgeben muss: Die Münchnerin war Co-Trainerin des Football-Zweitligisten Straubing Spiders. Allein diese Tätigkeit als Defense Coordinator, sagt Nurasyid, sei eigentlich schon ein Vollzeitjob gewesen.

Für die 32-Jährige gibt es auch künftig genug zu tun. Am Sonntag etwa fährt Nurasyid nach Erding, zum Finale um die deutsche Meisterschaft im Frauenfootball (15 Uhr, Städtisches Stadion). Nicht als Trainerin, sondern als Spielerin für die Munich Cowboys Ladies. Das Dantestadion, die Heimat der Cowboys, steht wegen eines Jugendturniers der München Rangers nicht zur Verfügung. Doch die Mannschaft freut sich auf die Kooperation mit den Erding Bulls, die dafür sorgen, dass nicht mehr allzu viel Arbeit anfällt. Die sportliche Herausforderung ist allerdings enorm, die Berlin Kobras haben schon neun Mal den Titel gewonnen und gelten als Favorit. "Wir müssen als Team gut spielen", sagt Nurasyid.

Ein Problem ist, dass die Cowboys Ladies recht wenig Spielpraxis bekommen haben. Drei von sechs Partien der Punkterunde fielen aus, weil der Gegner aus Personalgründen nicht antreten konnte - das Schicksal einer Randsportart. "Aber wir haben seit November durchgehend trainiert", sagt Trainerin Sandra Lemmer. Sie ist überzeugt: "Wir haben das Zeug, Berlin zu schlagen." Nicht nur, aber auch wegen Nadine Nurasyid. "Sie liest Spielzüge unglaublich schnell", sagt Lemmer über die Abwehrspielerin, sie habe ein sehr tiefes taktisches Verständnis und zugleich die Intuition für die richtigen Entscheidungen.

Eigentlich spielt Nurasyid erst seit gut fünf Jahren Football. Doch seitdem befasst sie sich damit, wann immer es geht. "Das Schöne an dem Sport ist ja: Man lernt ständig etwas dazu", sagt sie. Sie ist zugleich Athletik-Trainerin, wenngleich auch dieser Job zuletzt sehr unter den viel zu kurzen 24-Stunden-Tagen gelitten hat. Ganz nebenbei gehört sie beim bayerischen Footballverband einem Ausbilderteam für Schiedsrichter an. Im Oktober reist sie für einen Lehrgang nach South Dakota. Die Grenzen zwischen Job und Leidenschaft sind fließend, sagt sie. Doch die Sportwissenschaftlerin an der TU München träumt davon, irgendwann tatsächlich einmal ein Profi im eigentlichen Wortsinn zu sein, sprich: mit Football Geld verdienen zu können. Sicherlich nicht als Trainerin eines Frauenteams, aber vielleicht bei den Männern. Immerhin, sagt Nurasyid, boome Football gerade wieder ein wenig. Die Mitgliederzahlen gehen bundesweit steil nach oben, das Bundesligateam hatte heuer einen deutlich höheren Zuschauerschnitt von rund 1800.

Es ist schon jetzt eine sehr erfolgreiche Saison für den gesamten Verein. Die Jugend hat ihre Division, die Bayernliga Süd gewonnen, die zweite Männermannschaft spielt in einer Woche um den Aufstieg in die Regionalliga. Die erste Mannschaft bestreitet an diesem Samstag um 18 Uhr bei den Braunschweig Lions ihr erstes Playoff-Spiel seit vier Jahren. Und die Frauen stehen zum ersten Mal seit 2006 im Finale um die deutsche Meisterschaft. Für Nurasyid kein Zufall. Vieles hänge damit zusammen, dass beständig gearbeitet werde und Trainer fest etabliert seien. Vieles von dem, was die Teams in diesem Jahr gelernt haben, baut unweigerlich auf dem Wissen des Vorjahrs auf. Besonders hervor tue sich dabei Garren Holley. Der Chefcoach der Männer leitet auch die Abwehr des Frauenteams an.

Am Freitag hatte Nurasyid ausnahmsweise mal frei, sie fuhr Rad und ging spazieren. "Ich muss mich ablenken", sagte sie. Egal, wie professionell man seinen Sport angeht: Nervös sind vor einem Finale alle.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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