American Football:Kämpfer statt Clowns

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Problem in vorderster Linie: Quarterback Trenton Miller bekommt zu wenig Zeit für seine Würfe. (Foto: Claus Schunk)

Nach dem Fiasko in Ingolstadt rehabilitieren sich die Munich Cowboys beim 14:44 gegen Schwäbisch Hall mit einer engagierten Leistung .

Von Christoph Leischwitz, München

Muss man sich so anschreien lassen? Quarterback Trenton Miller hatte seine Offensivabteilung schon während des Spiels an der Seitenlinie zusammengestaucht, danach knieten die rund 40 Spieler vor ihm, und der Spielmacher der Munich Cowboys brüllte so sehr, dass die Kraftausdrücke selbst in größerer Entfernung noch gut zu verstehen waren. Doch Miller beschimpfte seine Spieler nicht. Es ging vielmehr darum, sie bei der Ehre zu packen, Motivation und Emotionen zu wecken. Irgendwie muss man ja darauf reagieren, wenn man am Ende der Tabelle steht.

In der Woche zuvor hatten die Cowboys eine traumatische Niederlage einstecken müssen beim 21:44 gegen die Ingolstadt Dukes, mit denen man sich eigentlich auf Augenhöhe wähnt. Zumindest in Teilen des Teams war die Stimmung gekippt, es kam noch während der Partie zu offenen Anfeindungen. Am vergangenen Samstag empfingen die Cowboys im heimischen Dantestadion dann den denkbar schlechtesten Gegner, um ein Trauma aufzuarbeiten: Die Schwäbisch Hall Unicorns haben vor drei Jahren zum letzten Mal ein Spiel in der Südstaffel verloren. Und obwohl die Niederlage mit 14:44 sogar noch ein wenig höher ausfiel, konnten sie hernach behaupten, dass so etwas wie in Ingolstadt "nie wieder passieren wird". So formulierte es Cheftrainer Garren Holley. Die "Clown Show" sei die Ausnahme gewesen, insgesamt sei eine Entwicklung zu erkennen.

Runningback Alexander Funk gelingt eine Seltenheit: Er bringt die Cowboys in Führung

Alexander Funk ging in seiner positiven Analyse sogar noch weiter. Man habe doch zu Beginn des Spiels selbst gegen Schwäbisch Hall gesehen, wozu man fähig sei, fand der Runningback der Munich Cowboys. "Es ist eigentlich egal, gegen wen wir spielen, solange wir unsere Leistung bringen." Funk selbst war eine beachtenswerte Seltenheit gelungen: Er hatte die Cowboys gegen die Unicorns kurzzeitig in Führung gebracht.

Für Funk, der bis zur vergangenen Saison für den Oberligisten Biberach Beavers spielte, stellt diese Spielzeit eine große Chance dar. Gerade auf der Position des Ballträgers zeigt sich stellvertretend eine große Fluktuation. Wegen Verletzungen und Absagen bekommt der 23-Jährige deutlich mehr Einsatzzeit als gedacht.

Weitere Achtungserfolge gelangen vor allem der Abwehr der Cowboys, die National-Quarterback Marco Ehrenfried zu zwei abgefangenen Pässen zwang, einmal eroberte man zudem einen fallengelassenen Ball. Zur Pause stand es lediglich 7:17, und auf den Touchdown zum 7:24 antwortete Cowboys-Quarterback Miller mit spektakulären und zielgenauen Pässen, die in einem viel umjubelten Touchdown durch Kai Silbermann mündeten - fast 2000 Zuschauer waren zu dem Spiel gekommen und hatten damit bewiesen, dass die Stimmung unter den Anhängern noch nicht gekippt ist. Sie spendeten auch nach der Partie anerkennenden Applaus für die Leistung der Münchner. Doch gegen Ende zeigte sich einmal mehr, wo das Problem der Cowboys liegt: Miller bekommt zu wenig Zeit für Würfe, will die Offensiv-Linie vor ihm meist viel zu schnell einbricht. Der letzte Spielzug der Partie endete in einem Sack des Münchner Quarterbacks, er wurde mit dem Ball in der Hand zu Boden gerissen.

Chefcoach Holley würdigte später Millers Wutrede, das habe auch seine eigenen Emotionen ausgedrückt. Als Trainer habe man nur begrenzt Einfluss auf die Motivation, die in den Spielern steckt. Auch andere im Team seien bereits aufgestanden und hätten den Mitspielern Dampf gemacht. "Kämpfen, kämpfen, kämpfen", das habe er gegen Schwäbisch Hall von seiner Mannschaft sehen wollen. Und das sei ja auch weitgehend so gewesen.

Nun steht mit dem Auswärtsspiel bei den Allgäu Comets am kommenden Sonntag als nächstes auch nicht gerade die leichteste Partie an. Doch seine Mannschaft, sagt Holley, sei ja nun "kampferprobt". Sehr viel, was das Team aus der Bahn werfen könnte, könne eigentlich nicht mehr passieren. Wohin die Entwicklung nun gehe? "Na, ich hoffe doch nach oben", sagt Abwehrspieler Joschka Bartz.

Das ist angesichts von null Siegen und fünf Niederlagen eine berechtigte Hoffnung.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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