American Football:Falsche Nudel

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Da schnallst ab: Trotz eines 75-Yard-Touchdowns von Manuel Schimpfhauser verloren die Cowboys 12:13. (Foto: Claus Schunk)

Die Munich Cowboys leisten sich gegen Kirchdorf zu viele Fehler in der Offensive und zu viele Undiszipliniertheiten. Sieben Sekunden vor Schluss erhalten sie dafür die Quittung.

Von Christoph Leischwitz, München

Auf den letzten Metern seines 75-Yard-Laufs hörte Manuel Schimpfhauser dann auch die Zuschauer, die auf der Haupttribüne des Dantestadions aufgesprungen waren und vor Begeisterung schrien. Für den 28-jährigen Routinier der Munich Cowboys hörte es sich aber gar nicht an wie Jubel. "Eher wie: Oh, das könnte noch mal knapp werden", erzählte er später, "ich war ja schon so..." - er wackelte mit dem Oberkörper, um zu zeigen, wie erschöpft er in diesem Moment war. Er machte noch einen letzten Haken, fiel erschöpft in die Endzone und erzielte kurz vor der Halbzeit den ersten Touchdown des Spiels.

Die vielen Strafen? "Das ist außer Kontrolle, fast schon lächerlich!"

Der lange Lauf gegen die Kirchdorf Wildcats war eine der spektakulärsten Szenen der bisherigen Saison des Football-Bundesligisten, und zugleich erleichternd, denn er zeigte: Wir können gegen den Aufsteiger aus Niederbayern ja doch noch punkten. Das Problem war nur: Schimpfhauser ist Abwehrspieler, er hatte den Ball des Wildcats-Quarterbacks abgefangen. Der Jubel war auch deshalb so groß, weil dem Münchner Angriff davor gar nichts gelungen war. Und danach auch nicht. Der zweite Cowboys-Touchdown am Samstag gelang ebenfalls einem Abwehrspieler, Tom Ellwitz. In den sieben Spielen davor hatten die Kicker jeden einzelnen Extrapunkt verwandelt. Diesmal verpasste Robert Werner beide. So verlor der Gastgeber knapp 12:13.

"Es geht immer knapp zu, jeder kann jeden schlagen", sagte Schimpfhauser nach dem Spiel. Ausnahmen seien die Spitzenteams aus Schwäbisch Hall und Frankfurt. Bei den anderen sechs Teams der Südstaffel ist es meist spannend bis zum Ende. Diesmal gelang den Wildcats das entscheidende Field Goal sieben Sekunden vor Schluss. "Ich bin sehr stolz auf meine Verteidigung", sagte Münchens Cheftrainer Garren Holley, aber man habe "einen guten Gegner im Spiel gehalten" und deshalb knapp verloren. Die Cowboys stehen weiter auf dem vorletzten Tabellenplatz. Und haben einen verletzten Spieler zu beklagen: Louis Cassel zog sich bei einem Kontakt mit einem gegnerischen Helm höchstwahrscheinlich einen Kieferbruch zu.

Bei den zwei bisherigen Saisonsiegen hatte sich die Münchner Offensive hervorgetan, diesmal erwischte die Defensive einen besseren Tag. Die Leistungen schwanken also, konstant ist dagegen der Hang zu Undiszipliniertheiten. "Das ist außer Kontrolle, fast schon lächerlich", sagt Trainer Holley über die vielen Strafen, die sich derzeit wieder häufen. Bei jedem Halten, einer unsportlichen Aussage oder einer Abseitsstellung (im American Football ein Loslaufen, bevor der Ball im Spiel ist) wird von einem der Schiedsrichter eine gelbe Flagge geworfen. Meist erst nach dem Spielzug wird die Strafe dann in eine Raumstrafe von fünf, zehn oder 15 Yards umgewandelt. Die Cowboys stehen aktuell bei 85 Yards Strafe pro Spiel, das ist der zweitschlechteste Wert aller 16 deutschen Erstliga-Teams. Nach dem einzigen Kirchdorfer Touchdown des Spiels erhielt Jacob Adelman etwa eine Strafe für unsportliches Verhalten. Der darauffolgende Kick-off musste somit 15 Yards weiter hinten ausgeführt werden.

Einen möglichen Grund für viele Strafen kann Schimpfhauser erklären. Als langjähriger Rückraumspieler weiß er, dass viele Flaggen für "Passbehinderung" von gegnerischen Receivern provoziert sind. Die Strafen könne man nur bedingt den Schiedsrichtern anlasten - vielmehr müsse man zusehen, sich gar nicht erst in derartige Situationen zu bringen. Doch dafür fehle es an Erfahrung. "Als ich angefangen habe, waren bei den Cowboys zwei Rookies", erzählt er, also: Anfänger im ersten Jahr. Jetzt habe man umgekehrt vielleicht noch drei Spieler, die vier Jahre oder länger dabei sind. Die Findungsphase der Neuen verlaufe eigentlich gut, brauche aber Zeit. "Es ist oft so knapp, manchmal entscheidet vielleicht bloß, wer die bessere Nudel gegessen hat", sagt Schimpfhauser. Es gibt sie also, die Möglichkeiten, knappe Spiele zu gewinnen.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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