3. Liga:Gebrüder Blattschuss

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Kongeniales Gespann: Die Türkgücü-Angreifer Petar Sliskovic (li.) und Sercan Sararer sind momentan nicht zu stoppen. (Foto: Oliver Zimmermann/imago)

Türkgücü München gibt beim 4:4 in Mannheim dreimal eine Führung aus der Hand. Das Offensivduo Sararer/Sliskovic setzt sich an die Spitze der Scorerliste. Der Koreaner Yi-Young Park beklagt Rassismus auf den Rängen.

Von Stefan Galler, München

Nicht immer sind Sturmpartner innerhalb einer Fußballmannschaft von Anfang an ein Herz und eine Seele. So hat es bekanntlich eine herzhafte Watschn und ein paar Jahre gedauert, bis aus Franck Ribéry und Arjen Robben das verschworene Duo Robbery wurde, das sich 2013 mit dem FC Bayern zum Triplesieg aufschwang. Beim Drittliganeuling Türkgücü München muss man wohl kaum damit rechnen, dass sich Petar Sliskovic und Sercan Sararer mal fürchterlich in die Wolle kriegen. Vielmehr haben sie sich nach dem spektakulären 4:4-Unentschieden am Samstagnachmittag im Spiel bei Waldhof Mannheim gegenseitig mit Komplimenten eingedeckt, Sliskovic sagte über den Kapitän bei Magentasport, er habe "eine übertriebene Qualität" und Sararer entgegnete, sein "Bro" in der Offensive sei "ein außergewöhnlicher Stürmer, wir verstehen uns auch neben dem Platz gut".

Von den nun neun Toren, die Türkgücü in den ersten drei Drittligapartien gelungen sind, gehen zwei aufs Konto von Sararer, sechs hat er vorbereitet. Sliskovic kommt auf vier Treffer und eine Vorlage. Dass es in Mannheim trotz des kongenialen Offensivgespanns und einer 4:2-Führung 20 Minuten vor Schluss nicht zum Sieg reichte, sorgte für Ernüchterung bei den Münchnern: "Wenn man dreimal in Führung liegt und an den Sieg hinschmeckt, ist man am Ende nach einem Unentschieden vielleicht enttäuscht", sagte Trainer Alexander Schmidt. "Aber am Schluss ist das Ergebnis leistungsgerecht, oft verlierst du so ein Spiel noch mit 4:5."

Türkgücü startete fulminant, schon in der 13. Minute setzte Sararer den Kollegen Sliskovic perfekt ein, der ließ Waldhof-Keeper Jan-Christoph Bartels mit einem fulminanten Schuss ins kurze Eck keine Abwehrchance. Es war der Startschuss für einen offenen Schlagabtausch. Nach einem Freistoß des Mannheimers Arianit Ferati traf der aufgerückte Verteidiger Jan Just aus kurzer Distanz zum 1:1 (27.). Waldhof war nun am Drücker, doch weder Marcel Hofrath (39.), noch Marcel Costly (40.) konnten ihre Chancen nutzen. Das machte Sararer zwei Minuten später besser: Nach Sliskovic-Zuspiel drehte sich der frühere Bundesligaspieler (Stuttgart, Greuther Fürth) blitzschnell um seinen Gegenspieler und hämmerte die Kugel aus zwölf Metern unter den Balken - 1:2. Die Führung brachte Türkgücü jedoch nicht bis in die Pause, Aaron Berzel setzte sich im Laufduell mit Dominik Martinovic etwas zu rabiat zur Wehr, der Gefoulte verwandelte den folgenden Elfmeter cool zum 2:2 (45.+3).

Es blieb auch nach dem Seitenwechsel ein mindestens unruhiges, bisweilen wildes Spiel. Beide Teams setzten auf bedingungslose Offensive. Einen Schuss des kurz zuvor eingewechselten Alexander Sorge konnte Waldhofs Keeper Bartels nur abklatschen, Sliskovic jagte den Ball von links zum 2:3 ins lange Kreuzeck (59.). Und als sich der Schlussmann einen Eckball von Sararer ins eigene Tor boxte (allerdings hart bedrängt von Sorge), standen die Zeichen bei der Schmidt-Elf auf Sieg und Tabellenführung.

Doch dann überließen die Gäste den Badenern völlig die Initiative. "Wir standen zu tief, waren zu passiv. Und bei dem Publikum in Mannheim wird es dann schwer", sagte Sliskovic. Die 3405 Zuschauer trieben ihr Team nach vorne, beinahe im Minutentakt wurde es gefährlich. Einen Distanzschuss von Ferati lenkte Joseph Boyomba unhaltbar für Türkgücü-Torwart René Vollath zum 3:4 ins Netz (72.), elf Minuten später veredelte abermals Boyomba eine feine Kombination über Mohamed Gouaida und Costly zum Ausgleich. Zwei Minuten vor dem Ende setzte Costly dann noch einen Heber am Münchner Tor vorbei.

Auch wenn sich Türkgücü-Coach Schmidt hernach fragte, "wieso vier Auswärtstore nicht für einen Sieg reichen", war er am Ende doch zufrieden. Dennoch waren nicht alle im Tross der Gäste guter Stimmung. Yi-Young Park, Koreaner in Diensten des Aufsteigers, hat während der ersten Halbzeit laut eigener Aussage "von einigen Zuschauern Rassismus erfahren". Die Partie war wegen derartiger Rufe der Anhänger von Schiedsrichter Robin Braun für einige Minuten unterbrochen worden. Am Abend meldete sich Park dann auf seiner Instagram-Seite zu Wort: "Ich finde es sehr bedauernswert, dass einige Menschen es immer noch als nötig ansehen, jemanden so zu verletzen und die Fußballkultur zu beschädigen."

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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