Sondersitzung:Dran bleiben

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Gräfelfinger Gemeinderat votiert nach langer Debatte für Entlastungsstraße und Gesamtverkehrskonzept

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Gemeinde Gräfelfing hält an ihrem Beschluss fest, eine Entlastungsstraße ab der Autobahn A 95 entlang des Gewerbegebiets in Richtung Martinsried zu bauen und ein Gesamtverkehrskonzept zu erstellen. Zusätzlich will die Gemeinde mit den Behörden sprechen und sich juristischen Beistand holen, um zu prüfen, wie die im Kreistag abgelehnte Straße doch noch umgesetzt werden kann. Das war die Quintessenz einer Sondersitzung des Gemeinderats am Mittwoch. Im Vorfeld hatten die Fraktionen vier Anträge gestellt, deren Diskussion streckenweise wie eine Wiederholung früherer Sitzungen zum Thema klang und die aufzeigte, wie gespalten das Gremium in der Verkehrsfrage ist.

Der Beschluss des Kreistags Ende März, die geplante Entlastungsstraße nicht als Kreisstraße zu klassifizieren, hat den Gräfelfingern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wird die Straße nicht als Kreisstraße gebaut, kann sie vorerst gar nicht realisiert werden. Die Regierung von Oberbayern erlaubt es nicht, sie als kommunale Straße zu bauen. Dabei hatten sich die Gräfelfinger gerade erst nach erbitterten, monatelangen Debatten mehrheitlich dazu durchgerungen, sowohl die Straße über ein Planfeststellungsverfahren auf den Weg zu bringen als auch ein Gesamtverkehrskonzept in Auftrag zu geben. Nun schien alles wieder offen zu sein.

Die Einladung von Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) zu einer Sondersitzung, in der das weitere Vorgehen beraten werden sollte, schien wie eine Einladung an die Fraktionen zu wirken, alte Forderungen aufleben zu lassen: CSU und Bürgerverein Gräfelfing-Lochham (BVGL) warben in einem Gemeinschaftsantrag dafür, das Verkehrskonzept zurückzustellen, weil es ohne Straßenbau sinnlos sei. Der Antrag der Grünen/Unabhängige Liste hingegen sah vor, am Konzept unbedingt festzuhalten, aber den von ihnen ohnehin verhassten Straßenbau nicht mehr weiterzuverfolgen. Wüst bezeichnete diese beiden Anträge als "Rückschritt". Die Straße komplett zu negieren wie die Grünen es täten, breche "alte Gräben auf, die wir längst überwunden hatten". Im Antrag ihrer eigenen Fraktion wurde gefordert, weiter an der Umsetzung der Straße zu arbeiten sowie am Verkehrskonzept festzuhalten. SPD und FDP brachten im Gemeinschaftsantrag eine Alternative ins Spiel: statt Entlastungsstraße die Autobahnanschlussstelle nach Osten zu verlegen und den Lochhamer Schlag im Gewerbegebiet zur Kreisstraße zu machen.

Die Verwaltung, unter Führung von Wüst stets auf maximalen Konsens bedacht, legte einen sechsteiligen Beschlussvorschlag vor, eine Essenz aller eingegangen Anträge. Der Mammutbeschluss wurde im Gremium gar nicht im Detail debattiert. Vielmehr ging es zwei Stunden lang wieder und wieder um die alte Kernfrage, die den Gemeinderat in Lager spaltet: Braucht es ein Verkehrskonzept, auch wenn die Straße nicht gebaut wird? Ja, sagen SPD, Grüne/Unabhängige Liste, FDP und IGG. Nein, sagen CSU und BVGL. Denn ohne Entlastungsstraße gebe es keine Spielräume, den Verkehr neu zu gestalten.

Eine Frage von Florian Ernstberger (BVGL) an den anwesenden Verkehrsplaner Helmuth Ammerl kanalisierte den Abend schließlich in Richtung Entscheidungsfindung: "Was würden Sie uns raten?" Ammerls Antwort war eindeutig: "Fangen Sie an mit dem Konzept." Dies behandle auch den Gräfelfinger Binnenverkehr, etwa Lösungen für die Bahnhofstraße, in der es zugehe, "wie am Gardasee". Nur mit einem Konzept könne die Gemeinde der Wucht weiterer Verkehrszunahmen entgegenwirken, die durch Freiham und möglicherweise künftig auch über die Brunhamstraße in Neuaubing drohten. "Wir müssen den Umweltverbund anpacken", womit der nichtmotorisierte Verkehr gemeint ist. Schließlich könne über ein Konzept "zusätzlich Druck aufgebaut werden", wenn daraus nämlich ersichtlich werde, dass der Bau der Entlastungsstraße unumgänglich sei. Diese Ansage bewirkte ein Umschwenken im Gremium. Grüne, BVGL und CSU sowie IGG zogen ihre Anträge zurück. Der ursprüngliche, schon vergangenen September gefasste Beschluss zu Straßenbau und Verkehrskonzept wurde mehrheitlich bestärkt, der SPD-Antrag jedoch abgelehnt.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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