Sommerferien:Wohin die Münchner reisen

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  • Die Münchner achten bei der Wahl ihres Urlaubsortes in diesem Sommer vor allem auf Sicherheit.
  • In die Türkei reisen immer weniger, Griechenland dagegen profitiert.

Von Victoria Michalczak und Pia Ratzesberger, München

Sie waren Orte der Sehnsucht, an die viele sich wünschten, heute sind sie Orte des Schreckens, an die kaum jemand mehr reisen möchte. Da ist zum Beispiel Istanbul, die flirrende Stadt zwischen den zwei Kontinenten, in der die Münchner nur allzu gerne flanierten, nun aber heißt es bei vielen Reisebüros in der Stadt: Türkei geht gar nicht mehr. Die Anschläge haben die Urlauber verunsichert, die Bomben auf den Straßen, auch in Ankara, in Suruç und Midyat. In diesem Sommer entscheidet nicht mehr, wie der Strand beschaffen ist, wie weit entfernt die historische Altstadt. Sondern vor allem, wie sicher ein Ort ist - oder zumindest, wie sicher er zu sein scheint.

Am Münchner Flughafen werden in den kommenden Ferienwochen 50 000 Flugzeuge abheben und landen, sechs Millionen Passagiere werden ihre Koffer durch die Hallen schleppen oder fahren. Der Terror in Nizza, der Putsch in der Türkei, der Anschlag in Ansbach, all das hat die Münchner nicht davon abgebracht zu reisen. Aber sie haben ihre Ziele geändert. "Die Leute hier sind sensibel, wenn irgendwo Gefahr droht, buchen die ruckzuck um", sagt Andreas Hanebuth, er leitet das Büro von Explorer Fernreisen an der Sonnenstraße.

Es sind Sommerferien und sechs Millionen Passagiere werden in den kommenden Wochen am Münchner Flughafen zu einer Reise aufbrechen (Foto: Marco Einfeldt)

Kanada, Australien und Neuseeland etwa seien derzeit beliebte Ziele für eine Fernreise. Die Länder eben, die so gut wie nie in der "Tagesschau" zu sehen sind; von denen man in Reisemagazinen liest, aber selten in den Schlagzeilen. Nach Spanien und Italien zieht es die Münchner ans warme Mittelmeer, das hat sich nicht geändert. Spanien besuchen derzeit so viele Touristen wie nie zuvor, in der ersten Hälfte des Jahres allein waren es 32,8 Millionen Menschen - besonders viele Briten, doch schon auf Platz zwei folgen die Deutschen.

Auch Griechenland gehört den Münchner Reisebüros zufolge zu den am meisten gebuchten Ländern, trotz seinen Flüchtlingslagern, trotz des dortigen Elends. Zum einen, weil Urlauber Inseln wie Lesbos gezielt ignorieren. "Damit möchten sie in ihrer Auszeit nicht konfrontiert werden", sagt Uschi Moser, die das Reisebüro M+K leitet. Zum anderen aber auch, weil in Spanien und Italien manche Gästehäuser keine freien Zimmer mehr haben, manche Campingplätze keine freien Flächen. "Die beiden Länder sind jetzt im Sommer komplett voll, davon profitiert Griechenland", sagt Jürgen Schmude, der den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeografie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München innehat. Das sei typisch für die Reiseziele des Sommers, sie seien leicht austauschbar.

Spaniens Strände sind dicht bevölkert in diesem Sommer. (Foto: dpa)

Der Urlauber ist ein recht opportunistisches Wesen, wird es in der Türkei unsicher, bucht er sich eben in Apulien ein oder an der Costa Brava. Hauptsache warm. Hauptsache Wasser. Hauptsache sicher. Nach Tunesien etwa flogen vor wenigen Jahren noch viele Touristen aus der Landeshauptstadt, mittlerweile aber trauen sie dem Land nicht mehr, zu viele Anschläge, zu viele Tote. Dann auch noch der Angriff auf ein Hotel am Mittelmeer, im vergangenen Jahr nahe Sousse. Beim Reisebüro Karstadt am Bahnhofsplatz, beim Büro Denning oder auch beim Reisebüro Hauptbahnhof Nord an der Dachauer Straße, überall sind die Buchungen in das nordafrikanische Land zurückgegangen. Manchmal sogar ganz ausgeblieben. "Als ob das Land verschwunden wäre", heißt es bei M+K.

Ähnlich ist es mit Ägypten, die deutschen Touristen bevölkerten über Jahre hinweg die Strände am Roten Meer. Mit der Revolution vor sechs Jahren aber änderte sich das. Sowohl in Ägypten als auch in Tunesien warnt das Auswärtige Amt vor einem "erhöhten Risiko terroristischer Anschläge". Bei der Türkei heißt es in den offiziellen Reise- und Sicherheitshinweisen, es sei "mit terroristischen Anschlägen zu rechnen".

Die Münchner meiden die Strände Antalyas aber nicht nur aus Vorsicht, sondern manchmal auch aus politischer Überzeugung. Bei Hanebuth im Reisebüro für Fernreisen etwa saßen schon Kunden, die auf keinen Fall mit der teils staatlichen Fluglinie Turkish Airlines reisen wollten, weil sie fürchteten, damit indirekt die Regierung in Ankara zu unterstützen. Im Reisebüro geht es nicht nur um den feinsten Strand und den eindrucksvollsten Meerblick. Manchmal geht es auch um Politik.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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