Skicross:Passt schon

Lesezeit: 3 min

Nach dem Abschluss ihres Studiums und einer verletzungsfreien Vorbereitung startet die Lenggrieserin Heidi Zacher mit viel Selbstvertrauen und neuem Material in die Saison. Höhepunkt soll die WM im März werden

Von Ralf Tögel, Lenggries/Val Thorens

Heidi Zacher kommt gerade vom Kurs zurück: "Das eine oder andere muss noch gemacht werden", erzählt sie. Sonst passt aber alles, "Schnee, Wetter, Stimmung", alles gut. Zacher ist Skicrosserin, die beste deutsche derzeit, das darf man zurecht behaupten. Und sie ist in guter Form - das behauptet Heli Herdt. Der sollte es wissen, denn Herdt ist Sportlicher Leiter der Skicrosser im Deutschen Skiverband (DSV). Als solcher ist er natürlich in engem Austausch mit Cheftrainer Peter Stemmer. "Ich gehe davon aus, dass sie an ihre beste Saison anknüpfen kann", sagt Herdt. 2011 war das, als Zacher Zweite in der Skicross-Weltcupwertung war. Klingt nicht schlecht vor dem Saisonstart, der mit dem Doppel-Weltcup (Freitag und Samstag) im französischen Val Thorens über die Piste geht. Doch nicht nur der momentane Eindruck nach der langen Vorbereitung und den vielen Schneetagen gibt Hoffnung, dass es für die Lenggrieserin eine gute Saison werden könnte.

Im Sommer hat die 28-Jährige ihr Studium abgeschlossen, Zacher ist jetzt Master of Business Administration in General Management. "Das war schon stressig", beschreibt sie die Doppelbelastung. Nun aber sei sie "einfach nur froh, dass es losgeht". Sie hat den Kopf frei, wie sie sagt, ist konditionell gut drauf, hat gut trainiert und vor allem: "Ich bin gesund." Das war in der Vergangenheit selten der Fall. Seit ihrer starken Saison vor fünf Jahren quälte sich die Lenggrieserin mit schöner Regelmäßigkeit mit Verletzungen herum.

Jede gegen jede: Im Skicross sind vier Fahrerinnen gleichzeitig auf der Piste, Fehler sollte man sich lieber nicht erlauben. Das weiß Heidi Zacher (Mitte) nur zu genau. (Foto: imago/GEPA pictures)

Doch schon die Vorsaison war vergleichsweise gut gelaufen. Die Vorbereitung war zwar durch die Nachwehen einer Verletzung noch behindert, Zacher wurde dennoch Gesamtsechste. In diesem Jahr gab es keine Störungen, seit Juli trainieren die deutschen Skicrosser im Schnee. "Wir haben die Europacup-Rennen Ende November ausgelassen", erzählt Herdt, der Fokus liege auf dem Weltcup. Und der hat eine Neuerung zu bieten, die so interessant wie anstrengend sein dürfte: die "Cross Alps Tour". Eine Serie von sechs Rennen innerhalb von zwei Wochen, vergleichbar mit der "Tour de Ski" im Langlauf oder der Vierschanzentournee im Skispringen. Der internationale Verband Fis verspricht sich dadurch mehr Aufmerksamkeit für diese Disziplin, die Rennen gehen in die Gesamtwertung ein. Was es zu gewinnen gibt, wissen die Aktiven noch gar nicht, "sie werden schon einen Pokal haben", sagt Herdt.

Der Sportliche Leiter hat indes Bedenken, denn "es werden in knapp zwei Wochen sechs Rennen abgefeuert" - eine nicht zu unterschätzende Belastung. Im Skicross hat man drei Gegner auf der Strecke im direkten Kampf gegen sich, der Konzentration kommt dadurch eine besonders wichtige Bedeutung zu. Nach dem Samstagsrennen in Frankreich wird der deutsche Tross sofort ins schweizerische Arosa aufbrechen, dort steht am kommenden Dienstag das nächste Rennen auf dem Programm. Dem folgt der Weltcup im Montafon/Österreich am Samstag, ehe die "Cross Alps Tour" mit einem Doppelweltcup nur drei Tage später im italienischen Innichen (Mittwoch/Donnerstag, 20./21. Dezember) ihr Ende findet. Unter zusätzlichen Druck lässt sich eine routinierte Rennläuferin wie die 28-jährige Heidi Zacher aber nicht setzen, denn die Gesamtwertung sei für sie mindestens genauso wichtig wie das neue Format, sagt sie. Und dann wäre da ja noch die Weltmeisterschaft am 18. März des kommenden Jahres in der spanischen Sierra Nevada. Eine Medaille, findet Zacher, könnte da schon drin sein.

"Ich bin froh, dass es endlich losgeht": Der DSV erwartet viel von Heidi Zacher. Besonderen Druck verspüre sie aber nicht, sagt die 28-Jährige. (Foto: Imago)

Es gibt eine weitere große Änderung bei der Lenggrieserin: Sie hat die Skimarke gewechselt. Das war auch ein Zugeständnis an ihren Ausrüster, der angeordnet hatte, fortan auch einen Schuh seiner Marke zu verwenden. Ein Wechsel des Schuhs "wäre schon gravierender gewesen", erklärt Zacher - die Schuhe sind bei Skifahrern der wohl sensibelste Ausrüstungsgegenstand. Sie habe es daher lieber mit einem neuen Ski probiert, und der habe sofort gut funktioniert: "Der Ski ist vorne ein bisschen weicher. Mit meinem Schuh ist das ein sehr gutes Paket."

Auch der Verband hat einiges dafür getan, dass die Lenggrieserin selbstbewusst in die Saison gehen kann. Die Mannschaften sind in dieser Saison kleiner, was "eine intensivere Betreuung" zur Folge habe, erklärt Zacher. Das sei aber nur die halbe Wahrheit, sagt Heli Herdt. Dass die Frauen nur mit zwei Starterinnen ins Saisondebüt gehen und die Männer mit vier, habe auch weniger schöne Gründe. Die Wahl-Münchnerin Anna Wörner kehrt erst demnächst auf die Piste zurück, Margarethe Aschauer musste wegen eines Kreuzbandrisses die Saison beenden. So ist neben Zacher nur Daniela Maier aus Urach am Start. Bei den Männern sind es immerhin doppelt so viele. Doch auch hier muss der DSV durch das überraschende Karriereende von Andreas Schauer eine empfindliche Schwächung hinnehmen. Schauer hat sich für seinen Beruf als Pilot entschieden. In ihm verliert Zacher ihren Vereinskollegen vom SC Lenggries und der DSV seinen besten Fahrer.

Die Startplätze einfach aufzufüllen, kommt für Herdt aber nicht in Frage: "Wir wollen keine Weltcup-Touristen", sagt der Sportliche Leiter, der vor allem von den Frauen gute Ergebnisse erwartet. Der Kurs in Val Thorens , sagt Heidi Zacher noch, "der liegt mir".

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: