Skateboarden:Vier Meter abwärts

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Beim Rollercoaster der Skateboarder zeigen die Sieger Jake Illardi und Alana Smith im Rahmen des Mash im Olympiapark ihr Talent.

Von Sebastian Winter, München

Es war ein wunderbares Skateboard-Duell, das sich Jaime Mateu, dieser extrovertierte Spanier, und Jake Ilardi, der so starke, aber ein wenig unterkühlt wirkende Titelverteidiger, da auf der hölzernen Downhillstrecke beim Mash am Samstag lieferten. Ilardi, laut des allumfassenden Rankings von theboardr.com Nummer zwölf der Welt, zeigte in den ersten beiden seiner drei Finalläufe (nur der beste wird gewertet), welches großartige Körpergefühl er auf dem Rollenbrett hat, und welche Tricks er beherrscht. Nach einem fast fehlerfreien Lauf setzte er die Wegmarke von 90,66 von einhundert möglichen Punkten - samt seines Paradesprungs, den er ganz unten im in den Olympiasee hineingebauten Zielbereich zeigte: Am Highstriker Quarter bot er hoch in der Luft einen 540, also eineinhalb Drehungen. Kaum fassbar war es für Skateboard-Novizen, dass der 22-Jährige aus Osprey, Florida, sein Board danach noch sicher landen konnte.

Die Punktzahl erreichte keiner der anderen sieben Finalisten, Ilardi hatte die Konkurrenz wie im Vorjahr düpiert. Doch den Skatern ist der Sieg oft gar nicht so wichtig, sie wollen das Publikum mit ihren Tricks einfangen, der Style ist ihnen wichtig. Und die Herzen von vielen Tausend Zuschauern, die sich auf der amphitheaterartigen Wiese unterhalb des Coubertinplatzes sonnten (einige Glückliche hatten auch einen Schattenplatz gefunden), galten einem weniger bekannten Fahrer, der in der Weltrangliste der vielseitigsten Boarder erst auf Rang 140 zu finden ist: Jaime Mateu, Spanier, rotblonder Lockenkopf und so ziemlich der verrückteste Typ, der je beim Mash gestartet ist. Der Mutigste war er allemal: Dreimal versuchte der 23-jährige Mallorquiner, sich von der rund vier Meter hohen Plattform unten im See mit einem Nollie Blindside 180 herunterzustürzen, dreimal misslang ihm das Kunststück, doch er animierte das Publikum, machte Faxen - und versuchte es ein viertes Mal. Diesmal gelang ihm der Supertrick, Mateu erntete den größten Applaus.

Oder der Brite Alex Hallford, der sich zwar auf Platz eins qualifiziert hatte, aber im Finale nur Siebter wurde. Egal, als einzigem Skater gelang es ihm, einen ganzen Looping durch den übergroßen Reifen am Bahnende zu fahren, auch ihm flogen die Herzen zu. Der Lenggrieser Tyler Edtmayer, einziger Deutscher im Finale und Olympiahoffnung für Tokio 2020, wurde guter Sechster, und sagte glücklich vor der obligatorischen Party: "Ich wollte nur ins Finale und bin absolut zufrieden mit dem Run."

Der Kurs war vom früheren Schweizer Europameister Oli Bürgin im Vergleich zu 2018 an einigen Stellen noch verbessert worden. Er hielt für die Fahrer eine weltweit einzigartige Mischung aus Street- und Parkelementen bereit, auf denen der vielseitigste Athlet gefunden werden sollte - und auch zum ersten Mal die vielseitigste Athletin. Wie beim Wakeboard-Park-Contest feierten die Frauen auch beim Rollercoaster ihre Premiere - und man darf sie als durchaus gelungen bezeichnen. Die glückliche einzige Deutsche im Wettbewerb, Catherine Marquis, die auf Anhieb gleich das Finale der besten drei Skaterinnen erreichte, merkte an, dass es angesichts von insgesamt nur fünf Teilnehmerinnen "ruhig noch ein paar mehr Fahrerinnen sein dürfen im nächsten Jahr".

Alana Smith gewann nach ihrer zweieinhalbjährigen Pause den Wettbewerb. Allein mit ihren kurzen Haaren und der Brille stach sie hervor, aber auch mit tollen Tricks wie ihrer eigenen Erfindung, dem Kickflip Disaster an der Speedy Spine. "Ich fand es unglaublich hier. Der Mix aus Street und Park gefällt mir extrem gut, genauso wie die Tatsache, dass wir gemeinsam mit den Jungs gefahren sind", sagte Smith. Jordyn Barratt, ihre Landsfrau aus den USA, wurde Zweite, Marquis, der letztlich etwas Mut fehlte, Dritte. Apropos Mut: Jaime Mateu, der Gesamtdritte, leerte den Sekt bei der Siegerehrung in einem Zug. Danach saß er auf einer Bank, und sah noch lange lachend den Kollegen zu, wie sie sich zum Spaß, allerdings erfolglos, am Looping versuchten.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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