Siko 2018:So will die Polizei die Sicherheitskonferenz sicherer machen

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"Gomez", ein Sprengstoffspürhund der Münchner Polizei, hat viel zu tun während der 54. Münchner Sicherheitskonferenz. (Foto: REUTERS)
  • 4000 Polizisten sind während der 54. Münchner Sicherheitskonferenz im Einsatz.
  • Den ersten Zwischenfall gab es schon vor Beginn: gegen sechs Aktivisten, die verbotene Fahnen schwenkten, wird ermittelt.

Von Martin Bernstein

"Gomez" ist schon da und will spielen. Der sechsjährige belgische Schäferhund soll der vorm Bayerischen Hof versammelten Presse demonstrieren, wie ernst die Münchner Polizei den Schutz der am Freitagnachmittag beginnenden 54. Sicherheitskonferenz nimmt. Aber weil die eigentliche Arbeit im Vorfeld schon getan ist, die Zimmer und Flure im Tagungshotel abgesucht sind, die Papierkörbe, Stromverteilerkästen und Zigarettenautomaten in der Sperrzone kontrolliert und Autos abgeschnüffelt sind und dabei wie jedes Jahr keine gefährlichen Gegenstände entdeckt wurden, darf Gomez sich mit einem hellblauen Gummikauknochen vergnügen.

Polizeioberkommissar Thomas Jung ist sichtlich stolz auf seinen Vierbeiner. Im Alter von ein paar Wochen kam Gomez ins Haus des Diensthundeführers, Jung hat ihn ausgebildet, die beiden sind unzertrennlich. Die Show vorm Bayerischen Hof ist nur eine kurze Verschnaufpause - wie 4000 ihrer Kollegen, unter ihnen 19 Hundeführer, werden auch Jung und Gomez bis zum Sonntag im Sicherheitskonferenz-Einsatz sein.

München
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Schwerpunkte sind die Zukunft und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, die Beziehungen zwischen Russland und den USA sowie die zahlreichen Konflikte in Nahost.

Maximilian Graf von Montgelas ist auch da, unbewegt, mehr als sechs Meter groß und 9,5 Tonnen schwer. Das von der Berliner Professorin und Künstlerin Katrin Sander geschaffene Aluminiumdenkmal steht seit 2005 auf dem Promenadeplatz. Ein Tourist, unüberhörbar aus dem Schwäbischen stammend, würde gerne herumspazieren. Doch am Absperrgitter ist für ihn Endstation. Polizisten versuchen ihm zu erklären, dass er nicht in den Sicherheitsbereich darf.

Es nieselt. Und der Mann fragt ungehalten, wie er denn jetzt die Zeit bis zur Öffnung der Residenz herumbringen soll. "Residenz?" fragt ein Beamter erstaunt. Viele der eingesetzten Polizisten kommen nicht aus München oder aus Bayern. Die bayerischen Beamten indes, die - ebenfalls medienwirksam - zu Füßen des Aluminium-Denkmals Absperrgitter hin- und hertragen, bewegen sich im historischen Kontext. Denn Super-Minister Montgelas war es, der vor 210 Jahren die bayerische Polizei, die damals noch Königlich Bayerisches Gendarmeriekorps hieß, ins Leben rief.

Marcus Da Gloria Martins ist da. Der Pressesprecher des Münchner Polizeipräsidiums erzählt immer wieder in Kameras und Mikrofone, was er jedes Jahr an einem Freitag Mitte Februar bei meist miserablem Wetter um 9.30 Uhr erzählt - welche Aufgaben die Polizei beim Schutz der rund 500 offiziellen Konferenzteilnehmer und der für den Folgetag erwarteten 4000 Gegendemonstranten hat.

Doch diesmal ist etwas anders: Immer wieder wird danach gefragt, wie die Polizei reagieren wird, wenn auf der Kundgebung am Samstag verbotene Fahnen der kurdischen PKK oder ihr nahestehender Organisationen geschwenkt werden. Ein entsprechendes Verbot der Stadt bestätigte das Verwaltungsgericht am Freitagabend; die Veranstalter der Kundgebung kündigten aber an, gleich in die nächste Instanz vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu ziehen. Es gebe keinen Ermessensspielraum, sagt auch Martins: "Wer verbotene Symbole zeigt, muss mit Strafverfolgung rechnen." Es gebe da keinen Ermessensspielraum, sagt Martins: "Wer verbotene Symbole zeigt, muss mit Strafverfolgung rechnen."

Einen ersten Vorgeschmack auf das, was am Samstag in der Münchner Innenstadt los sein könnte, gab es bereits am Donnerstag, als sechs kurdische Aktivisten ins Foyer des Tagungshotels eindrangen. Sie hielten eine Fahne der syrisch-kurdischen Frauenverteidiungseinheiten YPJ und ein Transparent mit der Aufschrift "Der Widerstand lebt" hoch. Weil die prowestliche YPJ als PKK-nah gilt, darf ihre Fahne in Deutschland nicht gezeigt werden. Vier Männer und eine Frau wurden vorübergehend festgenommen, gegen sie wird nun wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz ermittelt.

Die Bundespolizei ist auch da, im Stadtbild weniger auffällig als ihre Kollegen vom Freistaat. Doch auch für die Beamten an Bahnhöfen und Zugstrecken in und um München ist das Wochenende der Sicherheitskonferenz kein normales Wochenende. 300 Bundespolizisten werden am Samstag im Einsatz sein.

Neben den normalen Regeldienstkräften werden auch zahlreiche Beamte, vorwiegend aus Bayreuth und Deggendorf, zur Verstärkung im Bereich des Hauptbahnhofes, der S-Bahn-Stammstrecke sowie an den Haltepunkten Stachus und Marienplatz unterwegs sein, sagt Sprecher Wolfgang Hauner, außerdem am Ostbahnhof und in Pasing, immerhin den der Größe nach die Bahnhöfe eins, drei und vier in Bayern. Dabei gehe es vor allem um die sichere An- und Abreise von Veranstaltungsteilnehmern. Gemeint sind damit wohl die Demonstranten und die Teilnehmer der im DGB-Haus stattfindenden Friedenskonferenz - die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz reisen eher nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an.

Die Gegner der Sicherheitskonferenz sind auch schon da

Deswegen sind auch viele von ihnen schon da. Wagenkolonne um Wagenkolonne fährt vor dem Bayerischen Hof vor, Hund Gomez muss aufpassen, dass er nicht unter die Räder kommt. 23 Schutzpersonen wurden bereits am Donnerstag von der Münchner Polizei in die Stadt geleitet, sieben weitere sind bis zum Freitagvormittag dazugekommen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trifft gegen Mittag ein. Er gehört zu dem knappen Dutzend Staats- und Regierungschefs, für die "Freie Fahrt" gilt. Die hat noch nicht einmal der US-Verteidigungsminister James Mattis, "Lotsung mit Durchschleusung" heißt das bei ihm. Mattis' Militärmaschine landet in den Mittagsstunden am Flughafen im Erdinger Moos.

Dann läuft eine Sicherheitsroutine auf allerhöchstem Niveau an. Mattis und seine Entourage werden sich - ungesehen von der Öffentlichkeit - in einem abgeschirmten Bereich des Flughafens auf ein Dutzend gepanzerter Limousinen und Vans verteilen, rund 20 Fahrzeuge waren das im vergangenen Jahr.

Polizeimotorräder - offiziell heißen sie "Vorauskräder", im Polizeijargon sind es die "Ausputzer" -, werden auf der Strecke in die Innenstadt Kreuzungen freihalten. Kurzzeitig gesperrt werden bei Bedarf immer nur kleinere Streckenabschnitte von rund 60 Einsatzkräften, die an neuralgischen Punkten entlang der Strecke postiert sind.

Die Gegner der Sicherheitskonferenz sind auch schon da, wenn auch am Freitag noch kaum sichtbar im Stadtbild. Sie hatten aber im Vorfeld schon auf dem Marienplatz "goldene Nasen" aufgebaut, die sich ihrer Ansicht nach Konzerne an Rüstungsgeschäften verdienen, und wollen am Samstag 99 Luftballons als Mahnung an alle Kriegsminister steigen lassen. Andere fragen skeptisch, was der ganze Aufwand kostet.

Diejenigen, die die alljährliche Veranstaltung von Politikern, Militärs und Wirtschaftsbossen für höchst überflüssig halten, rechnen schon mal vor, dass die Polizei in Fällen von grobem Unfug dem Verursacher eines Einsatzes 54 Euro pro Einsatzstunde eines Beamten in Rechnung stellt. Was sich dann auf ein paar Millionen summieren würde. Diese Rechnung freilich halten andere für genau das - für groben Unfug nämlich.

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