Sicherheitskonferenz:Matthiae-Mahl in Hamburg oder Galadiner in München: Wer feiert stilvoller?

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Die schönste Festhalle nördlich der Alpen sei der Kaisersaal in der Residenz, sagt Horst Seehofer. Ein Vergleich von Freitag- und Samstagabend ergibt anderes: In Hamburg existiert ernsthafte Konkurrenz.

Von Stefan Kornelius

Die schönste Festhalle nördlich der Alpen soll der Kaisersaal in der Münchner Residenz sein. So behauptet es der Ministerpräsident Bayerns. Aber offenbar war Horst Seehofer (CSU) noch nie in Hamburg und hat dort den Rathaussaal gesehen. Die Hamburger jedenfalls sagen in hanseatischem Understatement, dass ihr Saal eventuell der schönste in Deutschland sei. Damit wäre er auch der schönste nördlich der Alpen.

Vielleicht kann man sich diplomatisch darauf verständigen, dass es sich um zwei wunderschöne Säle handelt und beide in Deutschland liegen. Damit ist der Wettbewerb aber nicht beendet, weil es an diesem Wochenende zu einem einmaligen Direktduell gekommen ist. Freitagabend, Hamburger Rathaussaal, Matthiae-Mahl, das älteste Festessen der Welt (seit 1356), diesmal mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dem britischen Premier David Cameron und Uwe Seeler. Unter anderem.

Samstagabend: Kaisersaal der Residenz, Galadiner der Staatsregierung für die Münchner Sicherheitskonferenz mit dem polnischen Präsidenten und einem langen Tisch voller politischer Prominenz. Und Horst Seehofer. Ein Vergleich:

Ambiente und Publikum

Hamburg bittet in Abendkleid und Smoking zum Essen, der Saal ist festlich geschmückt mit dem Tafelsilber der Stadt. Jahrhundertealte Pokale zieren die Banketttische, die mit Kieselsteinen, Muscheln, Seegras, Hyazinthen, Margeriten und Steingartengewächsen in ein "Landschaftsbild Cornwall" verwandelt wurden. Die 370 Gäste sitzen mit angenehmer Armfreiheit. Partner sind eingeladen, sie sorgen für eine vernünftige Geschlechter-Relation und stellen sicher, dass nicht alle Gespräche über Syrien oder Russland geführt werden.

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In München: Blumenschmuck und Teelichter. Die Kerzen am Haupttisch sind schnell heruntergebrannt, weil ein beständiger Luftzug vom Toilettenausgang durch den Saal zieht. Die Gäste: vornehmlich Männer im mittleren bis fortgeschrittenen Alter. Themen: Syrien und Russland.

Unterhaltungsfaktor

Der Seehofer Hamburgs, Olaf Scholz (SPD), ist bemerkenswert witzig. War man von ihm nicht gewohnt. Erinnert Cameron daran, dass die Beatles aus Hamburg ausgewiesen wurden, weil sie als europäische Sozialschmarotzer aufgeflogen waren. Sie kehrten mit neuem Haarschnitt und als Weltstars nach London zurück. Bei Deutschland-England darf Fußball nicht fehlen. 1966 also, Wembley, der Ball senkt sich. Und heute, 2016? Scholz: "Diesmal werden ganz allein die Briten entscheiden, wie es ausgeht: Ob der Ball drin ist oder nicht. Und dieses Mal hoffen wir alle, dass die Entscheidung lautet: In!" Auch Cameron ist witzig, muss er sein als Brite. Selbst Merkel verpackt einen Scherz in ihrer Rede.

Überraschung aber auch in München. Der Seehofer Bayerns erzählt, dass er am Nachmittag von der Polizei angehalten worden sei. Sein Fahrer hatte keinen Ausweis dabei. Also Fahrzeugkontrolle inklusive Durchsuchung des Kofferraums. Seehofer: "Ich finde es gut, dass die Sicherheit so angewandt wird, dass sie auch den trifft, der sie angeordnet hat." Dann galoppiert der Gaul: Bayern sei Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland. Der Saal lacht. "Wir sind ein treues Bundesland". Gelächter. "Wir werden jeden Tag bundestreuer." Gewieher. Seehofer grinst sein Seehofer-Grinsen. Dann verlässt er das Glatteis. Kein böses Wort über Merkel diesmal.

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Aber, Skandal: Angeblich wurde das Essen boykottiert von der US-Delegation wegen zu großer Russlandnähe des Gastgebers. Von diesem Boykott wissen die anwesenden amerikanischen Regierungsvertreter, Beamte, Staatssekretäre und der eine Senator nichts. Andere Senatoren sitzen wie jedes Jahr im Franziskaner oder anderen Restaurants. Einer aus der Delegation sagt: "Boycott is bullshit."

Menü und Service

Eindeutiger Sieger ist Hamburg. Hier wird aufwendig gekocht: Holsteiner Granat, Parfait vom geräucherten Aal, gebeizte Forelle aus der Lüneburger Heide, klare Suppe mit Pilzmaultaschen, gefüllte Stubenküken, anschließend Pomelo-Schnittchen, Zitronentarte, Pampelmusensorbet. Die Hanseaten schaffen es mit einer Armada von Servicepersonal, alle Gäste zur selben Zeit zu bedienen. Auch der Getränkedienst ist aufmerksam und schnell. Am Ende wird Schnaps in den Wandelgängen gereicht. Wer noch nicht genug hat, kann mit dem Bürgermeister im Dienstzimmer weiterfeiern.

In München wird Fleisch serviert: Kalb. Das ist aber trocken und wie die Beilagen zu lange im Wärmeofen gelegen. Dafür kann das Kalb nichts. Schuld daran haben der Festredner Laurent Fabius und der Service, dem ein paar mehr Hilfskräfte gut getan hätten. Das Dessert wäre bestimmt großartig gewesen, wäre es nicht serviert worden, als zwei Drittel der Gäste bereits gegangen waren.

Die Mischung, was Geschlecht und Themen betrifft, ist bei Hamburgs Matthiae-Mahl bunter. (Foto: REUTERS)
© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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