KVR:Was der neue Sicherheitsdienst in München bewirken soll

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Menschen stehen vor einem Club in der Sonnenstraße an (Archivbild). Zwischen Stachus und Sendlinger Tor soll der Sicherheitsdienst künftig auch unterwegs sein. (Foto: Lukas Barth)
  • Bis zu 106 Mitarbeiter möchte das Kreisverwaltungsreferat von Juni 2018 an als Sicherheitsdienst durch die Stadt schicken.
  • Ein Großteil soll zwischen Hauptbahnhof, Altem Botanischen Garten, Sendlinger-Tor-Platz und Stachus auf Streife gehen.
  • Ihre Aufgaben? Laut KVR etwa die Kontrolle des Alkoholverbots oder das Verhindern nicht erlaubter Bettelei, Vandalismus und wilder Prostitution.
  • Ob das alles nötig ist, da gehen die Meinungen von Stadt und manchen Stadträten auseinander.

Von Heiner Effern

Eine Polizei light? Ein Auskunfts-Service für Nachtschwärmer, die nach einer Kneipentour an der Sonnenstraße die Orientierung verloren haben? Oder Kontrolleure im Kampf gegen Bettler und Wildbiesler? Noch rätseln viele Münchner, was der neue Sicherheitsdienst der Stadt bewirken soll und kann. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle, oberster Ordnungshüter und damit verantwortlich für den geplanten "Kommunalen Außendienst - KAD", umreißt dessen Profil so: Er soll keine Polizei sein, an den tatsächlich vorhandenen Brennpunkten in der Innenstadt für mehr Ordnung gerade bei kleineren Verstößen sorgen, aber auch nicht weggucken, wenn Einschreiten angebracht ist.

Als Beispiele für die tägliche Arbeit der gewünschten 106 Mitarbeiter, von denen 92 zwischen Hauptbahnhof, Altem Botanischen Garten, Sendlinger-Tor-Platz und Stachus auf Streife gehen sollen, nennt Böhle die Kontrolle des Alkoholverbots oder das Verhindern nicht erlaubter Bettelei, Vandalismus und wilder Prostitution.

Aber auch wenn Gäste von Kneipen auf den Straßen lärmten oder die Wirte die Sperrzeiten arg zu ihren Gunsten auslegten, könnten die Mitarbeiter des KAD einschreiten. Sie werden in drei Schichten jeden Tag von 10 bis 6.30 Uhr am nächsten Morgen zu Fuß unterwegs sein, zwischen 17 und 1.30 Uhr mit bis zu 32 Personen gleichzeitig. Dann auch meist in Vierer- statt Zweiertrupps, um auch vor größeren Gruppen keine Angst haben zu müssen.

Mit Pistolen bewaffnet, wie von der CSU gefordert, werden die Mitarbeiter nicht. Sie erhalten auf Wunsch eine stichsichere Weste und ein Reizspray zur Verteidigung. Auf Streife werden sie in engem Kontakt zur Polizei stehen. Diese Kooperation wurde schon bei der Planung praktiziert, insbesondere beim Einsatzgebiet. "Wir haben das auf Grund von Fakten festgelegt, nicht auf der Basis diffuser Ängste", sagt Böhle.

Die Mitarbeiter des KAD werden als Verwaltungskräfte der Stadt eingestellt, ausgeschrieben wird intern und extern. Geschult werden sie in Selbstverteidigung und Deeskalation, auftreten werden sie in marineblauen Uniformen. Sie dürfen Platzverweise aussprechen, Geldstrafen verteilen und auch Personalien feststellen. Dafür können sie Personen auch kurz festhalten, durchsuchen und auf die geplante Wache im Einsatzgebiet mitnehmen. Initiiert hat den KAD die CSU, der Grundsatzbeschluss fiel noch unter Böhles Vorgänger Wilfried Blume-Beyerle.

Mit dem jetzt erstellten Feinkonzept zeigt sich die CSU zufrieden, auch wenn sie gerne noch mehr in die Vollen gegangen wäre. "Man sieht, dass die Idee von der CSU kommt, und die Umsetzung von der SPD", sagt Fraktionsvize Michael Kuffer. Personell sei der Dienst aber "solide" ausgestattet. Dass der SPD-Referent Böhle Schusswaffen für den Dienst ablehne, sei zu erwarten gewesen. Er habe sich bei der Ausstattung und den Kompetenzen noch mehr erhofft, sagt Kuffer. Grundsätzlich stelle das Konzept aber einen guten Einstieg für mehr Sicherheit dar.

Die SPD reagiert zwar gewöhnlich allergisch auf Kuffers Sicherheits-Initiativen, aber die Vorlage ihres eigenen Referenten findet sie schon gut. "Das ist ein wichtiger Schritt. Wir erwarten ein Mehr an Sicherheit und eine Befriedung gerade an den Brennpunkten", sagte Fraktionsvize Christian Vorländer. Wichtig sei zudem, dass der KAD "bürgerfreundlich und nicht martialisch" auftrete.

Die Meinung der Opposition? Gespalten.

Kritik kommt dagegen aus der Opposition. Der Bayernpartei gehen die Pläne Böhles nicht weit genug. "Das ist ein Spagat vom KVR, das den Bedarf bestätigt, die SPD und die Grünen aber nicht beleidigen will", sagt Stadtrat Mario Schmidbauer. Ihm sind die Grenze des Einsatzgebiets zu eng, die Aufgaben zu kleinteilig und das geplante Auftreten ohne Waffen zu dezent. "Die sollen keine Polizeiaufgaben übernehmen, aber man soll schon erkennen: Hoppala, die haben was zu sagen."

Die FDP und die Grünen halten den Sicherheitsdienst dagegen für wenig sinnvoll bis überflüssig. "Sicherheit ist Aufgabe der Polizei. Deshalb kann dies nur eine Notlösung darstellen", sagt FDP-Fraktionssprecher Michael Mattar. Die Stadt müsse weiter darauf dringen, dass der Freistaat für eine ausreichende Ausstattung der Polizei sorge. Auch die Grünen sehen bei gravierenden Verstößen die Polizei in der Pflicht, der Rest sei auch ohne KAD bestens zu regeln. Ein neuer Dienst führe nur "zur Verwirrung" bei den Kompetenzen, sagt Fraktionsvize Dominik Krause. Einen Anlass für dessen Einführung gebe es in der sichersten Großstadt Deutschlands ohnehin nicht. Die CSU wolle mit der Sicherheit Wahlkampf machen, und die SPD trage das mit. "Darüber sind wir schon überrascht. Besonders da das mehr als sieben Millionen Euro im Jahr kosten soll."

Darüber scheint es aber auch noch im Rathaus Gesprächsbedarf zu geben. Die auf kommenden Dienstag datierte Vorlage steht noch nicht auf der Tagesordnung für die Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses. Ob der neue Sicherheitsdienst tatsächlich 106 Stellen erhalte, darüber müsse man intern und auch noch mit dem Regierungspartner CSU sprechen, sagt SPD-Fraktionsvize Christian Vorländer.

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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