Sendling-Westpark/Obersendling:Bis in die kleinste Verästelung

Lesezeit: 3 min

Bürger bringen zahlreiche Vorschläge für die Aufwertung des Südparks ein. Nicht alle zielen in die gleiche Richtung, und einzelne finden sogar: Finger weg, sonst wird die Anlage bloß überlaufen

Von Jürgen Wolfram, Sendling-Westpark/Obersendling

Wenn Unternehmer ihre Firmen an die Börse bringen wollen, klappern sie mögliche Investoren ab und nennen das Roadshow. Die Tour, die Vertreter der Abteilung Gartenbau des städtischen Baureferats gemeinsam mit dem Freisinger Landschaftsarchitekten Rolf Lynen gegenwärtig absolvieren, erinnert stark an das Verfahren aus der Welt der Wirtschaft. Gemeinsam machen sie Stimmung für die Aufwertung des Südparks beziehungsweise Sendlinger Walds, wie die 60 Hektar große, waldreiche Grünanlage auch genannt wird. Zugleich präsentieren sie ihre Konzepte und sammeln Ideen, die weitgehend in die Planung einfließen. In diesem "Nutzerbeteiligungsverfahren" haben die Parkgestalter gerade ihre zweite Runde gedreht, mit Anhörungen in einem Fürstenrieder Jugendzentrum sowie im kommunalen Gartenbau-Stützpunkt an der Inninger Straße. Vor Anregungen und Kritik, kleinteiligen und umfassenden Vorschlägen konnten sie sich kaum retten. Vereinzelt sind auch schon Stimmen laut geworden, die Finger gänzlich vom Südpark zu lassen und jegliches Freizeit-Remmidemmi in dem bisher wenig bekannten Areal zu vermeiden.

Auf den Südpark richten sich vielfältige Interessen, und nicht alle sind ohne weiteres kompatibel. Seit jeher tummeln sich im Wald Hundehalter und andere Erholungsuchende aus den Stadtbezirken Sendling-Westpark und Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln. Den einen ist wichtig, einen Leinenzwang auch in Zukunft zu vermeiden, die anderen wenden sich aus Sicherheitsgründen und zur Schonung der Spiel- und Sportanlagen gegen den freien Auslauf für Hunde. Radlern wiederum ist wichtig, weiterhin durch den Südpark fahren zu dürfen. Das war bisher untersagt, wird aber geduldet. Andere Bürger stellten bei der Diskussion um den Sendlinger Wald besorgte Fragen nach einer Parkaufsicht (kommt nicht), nach der Installation von Sanitäranlagen (kommt vielleicht) oder besseren Zugangsmöglichkeiten zum Park (kommen zumindest punktuell).

Der Südpark soll schöner werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die städtischen Emissäre und der Landschaftsarchitekt haben schon jede Menge konstruktiver Vorschläge notiert. Immerhin soll, wie Rolf Lynen versichert, "etwas Einmaliges" entstehen. Damit sie das am Ende genau so empfinden, wünschen sich die Jugendlichen aus Fürstenried, Obersendling und benachbarten Vierteln unter anderem Boulderanlage, Slackline, Zonen zum Chillen, ein Basketballfeld und insgesamt bessere Orientierungsmöglichkeiten im Park. Sollen sie alles bekommen, so wie die Erwachsenen ihre Boccia- und Sommerstockbahnen, ein neues Schachfeld, Liegenetze und kommunikative Sitzgelegenheiten. Kinder dürfen sich auf eine attraktive Kletter- und Spiellandschaft freuen. Ziel der Aufwertung des "städtischen Kleinods" sei es, allen Generationen adäquate Erholungsmöglichkeiten zu bieten, versichert Sachgebietsleiter Andreas Hermann vom Baureferat.

Wiederholt sahen sich die Parkplaner auf ihrer Info-Tour mit gravierenden Einwänden konfrontiert. Warum die drei zur Aufwertung ausersehenen Parkzonen alle im Westteil der Anlage liegen, wo die nahe Garmischer Autobahn Lärm und Abgase absondert, hat man sie wiederholt gefragt. Antwort: Weil dort entsprechende Strukturen schon vorhanden sind und östlich der Höglwörther Straße die Parkgestaltung schon abgeschlossen sei, unter anderem mit einem großen Spielplatz. Lärmschutzmaßnahmen wiederum seien aus Kosten- und Naturschutzgründen nicht vorgesehen. "Sie würden den Rahmen des Projekts sprengen", sagte Hermann dazu. Eine Auskunft, die schon bei der Vorstellung des Parkkonzeptes vor Mitgliedern der betreffenden Bezirksausschüsse nicht jeden befriedigte.

Im Gartenbau-Stützpunkt an der Inninger Straße lassen sich viele interessierte Anwohner die Pläne erläutern und steuern eigene Vorschläge bei. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Groß ist die Zustimmung indes, was die Absicht des Landschaftsarchitekten betrifft, zusätzliche Versiegelungen ebenso zu vermeiden wie weitestgehend die Fällung von Bäumen. Bei Lokalpolitikern kommt zudem die Planung des Parkzugangs an der Boschetsrieder Straße gut an. Rolf Lynen schwebt dort ein "blühendes Tor" mit Obstbäumen, Stauden und Blumen vor. Würfelförmige Sitzgelegenheiten sollen zum Verweilen einladen. Dass der tosende Verkehr der nahen Straßen dabei stören könnte, halten einige Anwohner für sehr wahrscheinlich, wie im Zuge der "intensiven Anhörung" deutlich wurde. Andreas Hermann hielt den Kritikern entgegen, dass "Aufenthaltsqualität" durchaus auch an Flecken gegeben sei, an denen es großstädtisch zugeht. Vereinzelt sind auch Zweifel am Einsatz von Betonbauteilen laut geworden, für die sich die Planer wegen besserer Haltbarkeit ausgesprochen haben.

Die Aufwertung des Sendlinger Waldes steht, wie die Vertreter der Stadt einräumen, in direktem Zusammenhang mit dem Bevölkerungszuwachs durch das Neubaugebiet auf dem ehemaligen Eon-Gelände, das sich bezeichnenderweise "Am Südpark" nennt. Dort wird der Zuzug von 2500 Menschen erwartet. Ob die Investoren zur Finanzierung der bevorstehenden Aufwertungsmaßnahmen herangezogen werden, oder letztlich nur die Steuerzahler die Rechnung begleichen, ist eine weitere Frage, die den Roadshow-Akteuren nicht mehr fremd ist. Sie haben sie im Sinne der Kostenbeteiligung privater Bauherren bejaht.

Ein anderes Problem an der Nahtstelle zwischen den Stadtbezirken 7 und 19 werden sie, soviel ist sicher, im Zuge der Parkneugestaltung nicht lösen können: den viel kritisierten Verhau aus dauerhaft abgestellten Wohnwagen und Lkw an der Inninger Straße, den ein aufgebrachter Bürger als "Schandfleck mit Vermüllung" schmähte. Die Krux: Für Verkehrsflächen sind die Leute vom Gartenbau schlicht nicht zuständig.

Wie es nach der Roadshow weitergeht? 2019 will das Baureferat die landschaftsschutzrechtliche Genehmigung für das Vorhaben einholen und seine Ausführungsplanung dem Stadtrat vorlegen. Der Baubeginn ist für 2020 terminiert.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: