Sendling-Westpark:Messwerte unter Verschluss

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Die Verwaltung weiß bereits über die Lärmbelastung auf dem Luise-Kiesselbach-Platz Bescheid, will sich aber erst intern abstimmen und nach der Sommerpause dem Stadtrat berichten. Der Bezirksausschuss reagiert empört

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Fast vier Jahre ist es her, dass sich ein großer Teil der täglichen Autolawine nicht mehr über den Luise-Kiesselbach-Platz wälzt, sondern den Weg durch den Südwest-Tunnel nimmt. Eine grüne Oase sollte der Platz danach werden, und nachdem nun die ersten Gräser sprießen und die Bäume langsam Wurzeln fassen, scheint diese Hoffnung aufzugehen. Eine Sorge aber ist geblieben: Würde es auf dem Platz nicht trotzdem viel zu laut sein, um dort einen großen Spielbereich einzurichten und einen Wochenmarkt abzuhalten? Nun stellt sich heraus: In der Stadtverwaltung weiß man längst, wie laut es an der Oberfläche immer noch ist, hält die Messwerte aber vorerst unter Verschluss.

In der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Sendling-Westpark am Dienstagabend sorgte dieses Gebaren quer durch die Fraktionen für Verwunderung. Der BA-Vorsitzende Günter Keller (SPD) griff deshalb durch und forderte in einem Antrag, den das Stadtviertel-Gremium einstimmig und ohne Korrekturen übernahm, dass diese Ergebnisse kurzfristig herausgegeben werden müssen. Er hatte vor Kurzem durch Nachfragen beim Baureferat erfahren, dass die Lärmwerte dort bereits seit Jahresanfang vorliegen. Man teilte ihm außerdem mit, dass man nun anhand dieser Werte "weitere interne Klärungen mit anderen Referaten" einleiten wolle, und das Ergebnis dieser Abstimmung dann nach der Sommerpause 2019 Inhalt einer Stadtratsvorlage sein werde. Das wiederum finden Keller und seine BA-Kollegen "nicht nachvollziehbar".

Auf dem Luise-Kiesselbach-Platz ist es sicher ruhiger als noch vor vier Jahren. Bänke laden zum Verweilen ein, und die Natur erobert den wiedergewonnenen Raum über der Tunneldecke. Wenn klar ist, wie hoch die Lärmwerte heute noch sind, kann das Areal endgültig gestaltet werden. (Foto: Robert Haas)

Es sei nicht einzusehen, "dass das Baureferat Gartenbau die vorliegenden berechneten und gemessenen Werte für die Grünfläche gegenüber dem Stadtrat, dem Bezirksausschuss und der Bevölkerung noch mindestens weitere neun Monate unter Verschluss halten will", wettert Keller. Es sei höchste Zeit, die Wahrheit zu kennen, damit die Überlegungen für die künftige Nutzung der Oberfläche auf einer realen Basis erfolgen könnten. Erst wenn die Lärmbelastung feststehe, könne man entscheiden, ob - und gegebenenfalls wo - man Spielgeräte aufstellen könne. Für solche Bereiche, an denen sich Kinder aufhalten, gelten Grenzwerte zwischen 55 und 60 Dezibel. Solche Werte sind Keller zufolge bereits an der östlichen Randbebauung des Luise-Kiesselbach-Platzes festgestellt worden. Da die Freiflächen des Platzes meist etwas näher an den Fahrstraßen liegen als diese Häuser, könnte es durchaus sein, dass der auftretende Lärm den Grenzwert von 60 Dezibel überschreite und somit eine Nutzung als Spielfläche unmöglich mache.

Wie sehr die Bürger Anteil an der Gestaltung dieses wichtigen Areals im Viertel nehmen, war schon im Frühjahr 2015 deutlich geworden. In zwei sehr gut besuchten Workshops erkundeten sie die Chancen für die künftige Nutzung. Klar war bereits damals, dass auch künftig am Luise-Kiesselbach-Platz eine stattliche Zahl von Autos vorbeirauschen wird, die aus dem Heckenstallertunnel auftauchen, um zur Garmischer Autobahn zu kommen. Prognosen bezifferten diesen Rest-Verkehr an der Oberfläche auf etwa 40 000 Autos, also zwei Drittel weniger als vor dem Tunnelbau. Genaue Zahlen dazu liegen dem Bezirksausschuss noch nicht vor, doch Keller zufolge hat das Planungsreferat diese Zählungen schon 2017 vorgenommen, um zu berechnen, wie viel Lärm auf die umliegenden Straßen ausstrahlt. Außerdem wurde auf Wunsch vieler Bürger der Lärm auch tatsächlich gemessen. All diese Zahlen, so nun die Forderung der Lokalpolitiker, sollen umgehend vorgelegt werden.

Der Maibaum steht seit dem vergangenen Jahr, und an diesem Samstag werden unter ihm die Schäffler tanzen. (Foto: Robert Haas)

Wer sich selbst davon überzeugen will, wie laut es auf dem Luise-Kiesselbach-Platz derzeit ist, hat dazu am kommenden Samstag, 2. März, eine gute Gelegenheit. Um 17 Uhr kommen die Münchner Schäffler auf Einladung des SPD-Stadtrats Jens Röver auf den Platz. Zunächst hatte Röver, der bis vor Kurzem auch im Bezirksausschuss Mitglied war, dafür einen Antrag zur Finanzierung aus dem BA-Budget gestellt. Da sich der BA aber schon im Herbst gegen die Finanzierung eines solchen Auftritts ausgesprochen hat, zog Röver seinen Antrag noch schnell zurück. Das Geld für die Schäffler kommt nun von ihm selbst und vom SPD-Ortsverein.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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