Sendling-Westpark:Finger weg

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Die Stadt untersagt den Lokalpolitikern in Sendling-Westpark, mit einem eigenen Tempomessgerät selbst im Viertel die Geschwindigkeit zu kontrollieren. Das sehe die Gemeindeordnung nicht vor

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Mit eigenem Geld punktgenau, schnell und effektiv etwas für die Bürger erreichen: Seit dem vergangenen Jahr, als das Rathaus den 25 Münchner Bezirksausschüssen ein viermal höheres Budget bewilligte, können die Stadtviertel-Gremien selbst Anschaffungen in Auftrag geben und städtische Leistungen einkaufen. Gesagt, getan, dachte man sich im Bezirksausschuss Sendling-Westpark und beantragte im Mai 2018 ein eigenes Tempomessgerät, um schnell und unkompliziert herauszufinden, mit welcher Geschwindigkeit die Autos im Viertel unterwegs sind - zum Beispiel vor einer Schule, einem Kindergarten oder an unfallträchtigen Kreuzungen. Inzwischen haben auch andere Bezirksausschüsse den Wunsch geäußert, solche Geräte für einen Preis von etwa 5000 Euro anzuschaffen. Nun aber schallt ihnen aus dem Rathaus ein ernüchterndes "Geht nicht" entgegen.

Nach Auffassung des Direktoriums, das die Arbeit der Bezirksausschüsse koordiniert und beaufsichtigt, sei es "nicht zulässig", dass die BA-Mitglieder diese Geräte selbst einsetzen. Begründet wird diese Position mit den Artikeln 36 und 59 Gemeindeordnung. Gemeinderäte und Bezirksausschüsse seien vielköpfige Gremien, aber nur willensbildend tätig. Sie könnten ihre "Beschlüsse nicht selbst vollziehen". Ein solcher Vollzug stehe nur dem Bürgermeister zu. Dem Gemeinderat als Gesamtorgan sei es nicht möglich, "jemanden aus seiner Mitte oder etwa einen Gemeindebediensteten unmittelbar mit dem Vollzug eines Beschlusses anstelle des ersten Bürgermeisters zu beauftragen, auch falls dieser damit einverstanden sein sollte".

Im BA Sendling-Westpark hatte sich Arnold Egerer (SPD) bereit erklärt, das Messen mit dem neuen Gerät zu übernehmen und die ermittelten Daten für die Kollegen auszuwerten. Das Direktorium findet, dass dies nicht möglich sei, denn Maßnahmen der Verkehrsüberwachung gehörten nicht zu den "satzungsgemäßen Aufgaben der Bezirksausschüsse". Ein Einsatz der gewünschten Geräte sei daher "nur durch das Kreisverwaltungsreferat selbst möglich". Das Referat wiederum hatte bereits vor ein paar Monaten mitgeteilt, dass man sich mit dem BA-Wunsch nach dem Einsatz dieser Geräte erst beschäftigen könne, wenn klar sei, ob man dafür genügend Personal habe. Schließlich seien, wegen der Suche nach geeigneten Stellen, Aufstellen und Abbau, Akku-Wechsel und Auswertung mindestens zehn Arbeitsstunden pro Standort erforderlich. Man müsse deshalb erst intern und auch mit dem für die Hardware zuständigen Baureferat klären, ob man dafür die nötigen Ressourcen aufwenden könne.

Mit diesen abschlägigen Antworten will man sich in Sendling-Westpark nicht abfinden. BA-Chef Günter Keller (SPD) legte in der Sitzung am Dienstagabend einen Antrag vor, in dem er das Direktorium auffordert, "kurzfristig ein Abstimmungsgespräch" zwischen den betroffenen Referaten und dem Bezirksausschuss anzusetzen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Stadt noch keine Antwort darauf habe, "wie mit dem erhöhten Personalaufwand für die Beantragung städtischer Leistungen umgegangen werden soll".

Hinzu komme, dass die bisher vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) gelieferten Messergebnisse, zum Beispiel aus der Siegenburger Straße, für die Entscheidungsfindung auf lokaler Ebene nicht geeignet seien. Man bekomme zwar mitgeteilt, dass 36 Prozent der Autos zu schnell gefahren seien, erfahre aber nicht, mit welchem Spitzentempo und zu welcher Uhrzeit. Das KVR hatte Keller mitgeteilt, das Liefern detaillierter Statistiken sei "aus Ressourcengründen und auch auf Grund der Vielzahl eingehender Anfragen und Wünsche" nicht möglich. Keller wiederum sagt, man brauche aber kleinteilig aufbereitete Daten, um auf die "zum Teil massiven Bürgerbeschwerden eingehen zu können" und zu entscheiden, ob etwa eine Straße zur Verkehrsberuhigung umzugestalten sei.

Im Mai 2018, als der BA Sendling-Westpark erstmals sein eigenes Messgerät forderte, stimmte nur Otto Seidl (CSU) dagegen. Nun, beim Protestantrag, stimmte die gesamte CSU-Fraktion dagegen. Die Forderung nach einem klärenden Spitzengespräch wurde, mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP, mit 15 zu neun Stimmen und somit klarer Mehrheit beschlossen.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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