Sendling:Anwohner wehren sich gegen Hochhaus-Ensemble

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Am "Campus Süd" scheiden sich die Geister. Was der Fachjury gefällt, ist für CSU-Fraktionsvize Michael Kuffer einfach nur "architektonische Ellenbogenmentalität".

Von Alfred Dürr

Zu uniform, zu langweilig, zu wenig innovativ: An den Neubauvierteln in der Stadt wird oft zu Recht heftige Kritik geübt. Wenn aber Investoren versuchen, andere Wege bei der Entwicklung von Quartieren zu gehen, hagelt es auch wieder Protest. Besonders gut zu beobachten ist dies bei der geplanten Umstrukturierung des ehemaligen Siemens-Geländes in Obersendling. Dort ist mit dem Projekt "Südseite" bereits ein Wohngebiet mit fünf markanten Hochhäusern entstanden. Nun soll in unmittelbarer Nachbarschaft und im Umfeld des früheren Siemens-Hochhauses das Gebiet "Campus Süd" entstehen - mit mehreren 13-stöckigen Wohntürmen. So sieht das Konzept des Büros Rapp + Rapp aus, das die Jury mit klarer Mehrheit im Rahmen eines Architektenwettbewerbs ermittelt hatte. Das einstige Büro-Hochhaus aus der Nachkriegszeit soll sich nach den Plänen des Büros Meili, Peter Architekten zu einem modernen Wohnblock verwandeln.

"Städtebauliche Rücksichtslosigkeit erster Güte"

Die Stadt will diese Entwürfe zur Grundlage für die weiteren Entwicklungsschritte machen. Doch der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Kuffer verlangt nun eine "Kurskorrektur". Der Entwurf stelle eine "städtebauliche Rücksichtslosigkeit erster Güte" dar. Das vorgesehene Hochhaus-Ensemble bringe eine "bedenkliche architektonische Ellenbogenmentalität" zum Ausdruck. Kuffer verwies auf die entsprechende Kritik der Anwohner. Deren Anliegen, die in Workshops artikuliert wurden, müssten ernst genommen werde. Die Zahl der vorgesehenen "Hochpunkte" solle deswegen reduziert werden. Akzeptiert werden allenfalls neue Gebäude mit vier bis maximal acht Stockwerken.

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Der Planungssprecher der SPD, Christian Amlong, wies dies scharf zurück. Kuffer schüre mit seiner Kritik nur Ängste. Wenn das Quartier einmal fertig sei, werde niemand mehr an der hohen städtebaulichen Qualität zweifeln. Trotz der dichten Bebauung wirke das Quartier nicht erdrückend. Keines der Hochhäuser sei so angeordnet, dass es die Nachbarschaft beeinträchtige: "Das Zerreden eines hervorragenden Entwurfes wird nicht gelingen."

Die Problematik der Bürgerbeteiligung

Auch Walter Zöller, der langjährige Planungssprecher der CSU-Fraktion, wandte sich gegen die Kritik seines Parteifreundes Kuffer. Allerdings wurde dieser Konflikt nicht am Rednerpult ausgetragen. Am Rand der Sitzung des Planungsausschusses äußerte sich Zöller grundsätzlich zur Problematik der Bürgerbeteiligung, auf die sich Kuffer immer wieder bezog. Es gehe schließlich um das Selbstverständnis des Stadtrats-Gremiums, sagte Zöller.

Bürgerbeteiligung sei ein vernünftiges Ziel. Aber sie könne nicht bedeuten, dass eine "willkürliche Zahl von interessierten Bürgern" schon zu Beginn eines komplizierten Planungsverfahrens das Ergebnis festlege. Ein Stadtratsmitglied verrate das Prinzip der repräsentativen Demokratie, wenn er nur auf der Grundlage von Einzelinteressen entscheide.

Die Mehrheit des Planungsausschusses will auch keine grundlegende Änderung der vorliegenden Konzepte für den "Campus Süd". Allerdings soll über Verbesserungen im Detail, zum Beispiel die genaue Lage der Hochhäuser, verhandelt werden. Oder darüber, dass zumindest ein Teil der Dachfläche des früheren Siemens-Hochhauses auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Grünen drängen unter anderem auf möglichst viele Bäume vor dem Hochhaus und auf einen höheren Anteil des autofreien Wohnens im Gebiet.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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