Schwabing:Zum Unsinn anstiften

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Autor, Übersetzer und Jugendliteratur-Preisträger Uwe-Michael Gutzschhahn stellt seine Anthologie mit Nonsens-Reimen vor

Von Barbara Hordych, Schwabing

"Die Lyrik verschwindet immer mehr aus unserem Bewusstsein, weil sie als etwas Schwieriges gilt, mit dem man in der Schule gequält wurde - und was man seinen Kindern ersparen möchte", sagt Uwe-Michael Gutzschhahn. Dabei näherten sich gerade Kinder den Gedichten noch mit einer "natürlichen Selbstverständlichkeit", man denke nur an die Beliebtheit ganz normaler Abzählreime. Gutzschhahn ist Lyriker und Übersetzer, war früher Programmleiter im Jugendbuchbereich bei Ravensburger und Hanser und gilt als "die deutsche Stimme von Kevin Brooks" - bislang hat er fünfzehn Jugendromane des englischen Autors ins Deutsche übertragen. So sensibel und versiert, dass ihm dafür gleich zweimal der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen wurde.

Kinder nähern sich Gedichten mit einer Selbstverständlichkeit, findet Uwe-Michael Gutzschhahn. Illustration: Sabine Wilharm (Foto: N/A)

Nun aber fungiert Gutzschhahn mit seinem jüngsten Werk als Herausgeber der Nonsens-Anthologie "Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her" - einer Gedichtsammlung, die durch die Initiative von Verleger Jürgen Weidenbach zustande kam. "Davon träumt man als Autor: Er meinte, er würde furchtbar gerne etwas völlig Schräges machen", sagt Gutzschhahn auf der Frankfurter Buchmesse, wo er am cbj-Stand den "Hinundhering" vorstellt. Dazu muss man wissen, dass er die vergangenen zwanzig Jahre fleißig gesammelt hat: Unsinns- Reime und Gedichte, "immer wenn ich etwas fand, habe ich es mir beiseite gelegt", erzählt der gebürtige Rheinländer, der seit zwanzig Jahren in München lebt. Als dann Weidenbachs Anfrage kam, war das für ihn, "als wenn kleine Zauberlehrlinge Türchen aufreißen würden". So versammelt das soeben erschienene Buch auf 180 Seiten 150 klassische und moderne Wort- Klang- und Fantasiespiele von Autoren wie Adalbert von Chamisso, Joseph von Eichendorff, Christian Morgenstern, Mascha Kaléko, Ernst Jandl, Jutta Richter, Ror Wolf bis hin zu Otto Waalkes - aber auch von Gutzschhahn selbst. Zeugnisse dafür, wie viele Generationen von Dichtern ihre Freude daran hatten, "Leichtfüßiges" zu reimen. Und weil dem Sinn in diesen Nonsens-Gedichten so bewusst aus dem Weg gegangen wird, stellt sich beim Lesen auch das wieder ein, was so manchem Jugendlichen in der Schule bei der Suche nach dem versteckten Sinn ausgetrieben wurde - der Spaß an Gedichten. Von daher eignet sich der grau eingebundene Band mit Kladdencharakter hervorragend als spielerischer Einstieg in die Poesie. Und stiftet insbesondere die Jüngsten dazu an, das zu tun, was ihnen ohnehin eingegeben ist: mit Wörtern zu spielen und Lauten um sich zu werfen.

Von Eisbären, Flohjagden und Eskimären erzählen die Nonsens-Reime. Illustration: Sabine Wilharm (Foto: N/A)

Ein Hausbuch gereimter Sprachverrücktheiten für Erwachsene und Kinder ist dadurch entstanden, "für unterwegs und für daheim,/ für Groß und Klein,/ für Hund und Schwein/ und wer sonst mit dir schaut hinein", illustriert von der Hamburgerin Sabine Wilharm. Die wiederum dürfte vielen Lesern bekannt sein durch die Gestaltung der deutschen Harry-Potter-Bände. Den Nicht-Sinn der Gedichte hat sie zeichnerisch kongenial ins Absurde und Widersinnige fortgeführt. Gemeinsam sind Autor/Herausgeber und Illustratorin an diesem Sonntag in der Buchhandlung Lehmkuhl zu erleben - sie werden nicht nur Gedichte vortragen, sondern auch live dabei zeichnen.

Der Hinundhering , Buchvorstellung, So., 25. Okt., 11 Uhr, Lehmkuhl, Leopoldstr. 45, 38 01 50 17

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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