Schwabing:Schmerzendes Brummen

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Eine Schwabinger Rentnerin kann nachts nicht mehr schlafen

Henriette Lassinger ist am Verzweifeln. Seit 32 Jahren wohnt die Schwabingerin in einem Haus an der Schleißheimer Straße nahe dem Nordbad - und eigentlich hatte sie auch vor, dort ihren Lebensabend zu verbringen. Wäre da nur nicht dieses "Brummen, Schlagen und Vibrieren". Vor fünf Jahren hörte und spürte sie es zum ersten Mal, seitdem kann die Rentnerin in ihrer Wohnung nicht mehr schlafen. "Nachts stehe ich oft fünfmal auf, weil dieses widerliche Klopfen im Körper und in den Ohren extrem schmerzhaft ist", erzählt Lassinger, die eigentlich anders heißt, ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen will.

Sie hat es mit Ohrenstöpseln versucht, aber das Brummen erfasst mehr als nur den Hörsinn. Sie war beim Arzt, weil sie einen Tinnitus vermutete - Fehlanzeige. Sogar im Krankenhaus hat sie schon acht Tage verbracht. "Ich dachte, ich hätte vielleicht Parkinson." Denn um wenigstens ein paar Stunden in der Nacht Pause zu haben, hat ihr ein Neurologe ein Medikament gegen die Parkinson-Krankheit verschrieben. Doch auch diese Vermutung erwies sich als falsch, Lassinger ist vollkommen gesund.

Seit etwa zwei Monaten ist das Schlagen und Brummen so schlimm, dass die Rentnerin nicht einmal mehr einschlafen kann. Außer ihr aber scheint niemand der 20 Parteien im Haus die Störung wahrzunehmen. Die Ursache des Brummtons zu finden, ist Lassinger bisher nicht gelungen. Zunächst hatte sie eine Nachbarin im Verdacht, diese Dame jedoch befand sich zu den fraglichen Zeiten häufig außer Haus. Das Referat für Umwelt und Gesundheit verwies die Schwabingerin an die Betreiber der Mobilfunkantennen - auch eine Sackgasse.

Der Bezirksausschuss Schwabing-West, an den sich Lassinger jetzt wandte, kann sich die Kühlung des naheliegenden Getränkemarktes als Verursacher der störenden Vibrationen und Geräusche vorstellen. Das Umweltreferat soll diese Möglichkeit auf Bitte der Lokalpolitiker nun prüfen. Leidensgenossen findet die Schwabingerin im Münchner Westen: Dort gibt es Menschen, die besonders sensibel auf bestimmte Frequenzen reagieren. Der Ton, sagen sie dort, verursache Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerz. Ihren Ruhestand, meint Henriette Lassinger, habe sie sich "anders vorgestellt". Sie möchte gern bleiben, wo sie ist. Zumal eine bezahlbare Wohnung in München zu finden "einem Sechser im Lotto" gleichkomme.

© SZ vom 07.07.2017 / eda - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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