Schwabing:Noch ein fabelhaftes Wesen

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Weg frei für zweite Sphinx-Statue am Nordfriedhof-Haupteingang

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Noch steht das mehr als zwei Tonnen schwere Fabelwesen allein am Haupteingang des Nordfriedhofs - doch schon bald soll der Replik dieser historischen Sphinx-Skulptur eine ebenso monumentale Zwillingsplastik beigestellt werden. Der Gesundheitsausschuss des Stadtrates hat jetzt den Weg frei gemacht für die Rekonstruktion einer zweiten Sphinx. "Ich freue mich, dass wir ein Stück Münchner Kulturgeschichte wieder zum Leben erwecken", sagte Stephanie Jacobs, als Leiterin des Referats für Gesundheit und Umwelt auch oberste Chefin der städtischen Friedhofsverwaltung.

Damit erfüllt die Behördenleiterin ihr Versprechen vom Juli dieses Jahres, als die erste Sphinx-Figur feierlich enthüllt wurde. "Wir wollen sie nicht allein stehen lassen", sagte sie im Angesicht des fabelhaften Wesens, das Steinmetz-Meisterschüler aus einem Block Kelheimer Kalkstein gehauen und gefräst hatten. Es ist eine originalgetreue Replik einer jener Sphingen, die Stadtbaurat und Friedhofsplaner Hans Grässel vor 120 Jahren rechts und links der Freitreppe hatte aufstellen lassen: gravitätische Mischwesen mit Hahnenkopf und Löwenkörper, die auch zu literarischen Ehren kamen, als sie der Schriftsteller Thomas Mann in seiner Novelle "Der Tod in Venedig" als "apokalyptische Tiere" beschrieb. Es war folgerichtig auch ein Münchner Literaturwissenschaftler, Dirk Heißerer, der sich für das "kulturhistorisch einzigartigen Rekonstruktionsprojekt" ins Zeug legte, die auf mysteriöse Weise verschwundenen Plastiken wieder zu dem byzantinisch inspirierten Bauwerk zurückkehren zu lassen. Nach Heißerers Recherchen hat sie ein Münchner Baurat an einen Steinmetz in Niederbayern verkauft. Laut einer Quelle habe dieser "die Scheißviecher" weghaben wollen.

Die erste Sphinx-Replik bekam die Stadt von der Steinmetz-Innung München und Oberbayern geschenkt, ein Projekt im Zuge des diesjährigen Jubiläums "200 Jahre kommunales Friedhofs- und Bestattungswesen in München". Besonders dabei war, dass die Steinmetz-Schüler in einer öffentlich zugänglichen Bauhütte am Rande des Friedhofsgeländes diese gut zwei Meter lange und 1,70 Meter hohe Figur schufen, was durchaus ein Ereignis war, vor allem für die umliegenden Kita- und Schulkinder. "Die Rekonstruktion der zweiten Sphinx soll nun ebenfalls unter den Augen der Öffentlichkeit durchgeführt werden", heißt es deshalb in dem Stadtratsbeschluss. Die Kosten werden auf 43 000 Euro geschätzt. Schon 2020 kann somit, nach einem Ausschreibungsverfahren, erneut das "Anklopfen" zelebriert werden, wie Steinmetze den ersten Schlag auf ihr Werkstück nennen.

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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