Schwabing:Kommt nicht in die Tüte

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Angst um ihren Nahversorger "Netto" in der Ladenzeile haben die Anwohner rund um den Hohenzollernplatz. (Foto: Stephan Rumpf)

Lokalpolitiker lehnen Nutzungsänderung eines Lebensmittelladens zugunsten einer Gaststätte ab

Von Ellen Draxel, Schwabing

Westschwabings Lokalpolitiker sorgen sich um die künftige Nahversorgung am Hohenzollernplatz. Noch ermöglicht der Discounter Netto den Einkauf der Dinge für den täglichen Bedarf. Doch die Gebäude an der Ostseite des Hohenzollernplatzes sollen in den kommenden Jahren teilweise umgebaut werden: Der Bauantrag, der den Bürgervertretern zur Anhörung vorgelegt wurde, beinhaltet unter anderem die Nutzungsänderung eines Ladens im Erdgeschoss zu einer Gaststätte. Der Bezirksausschuss hat die Pläne daher jetzt abgelehnt.

Eigentümer und Bauherr des Komplexes ist Michael Fischbaum. Der Investor betreibt die "Frederics Serviced Apartments", ein Boardinghouse-Konzept mit den Dienstleistungen eines Hotels. Er hat vor, das Haus mit der Hausnummer 7 aufzustocken und einen benachbarten Gebäudetrakt an der Emanuelstraße teilweise abzureißen und neu zu errichten. Dagegen haben die Stadtteilvertreter auch nichts einzuwenden, sofern sich dadurch der Wohnanteil nicht reduziert. Was der Bezirksausschuss (BA) jedoch unisono ablehnt, ist die beabsichtigte Nutzungsänderung. Denn der Supermarkt ist der Haupt-Nahversorger in der Gegend. "Der Netto ist notwendig für den Einkauf des täglichen Bedarfs vieler Leute an der Ecke", weiß Ingrid Braunstorfinger, die Chefin der CSU-Fraktion, die gleich nebenan wohnt. "Und er läuft sehr gut."

Als der Bezirksausschuss den Bauantrag vor zwei Monaten zur Anhörung vorgelegt bekam, vertagte er sein Votum zunächst - um dem Investor in einem persönlichen Gespräch klarzumachen, wie wichtig der Erhalt des Ladens für das Viertel ist. Außerdem forderten die Politiker von Fischbaum "eine klare Aussage, wie die Nahversorgung in Zukunft aufrechterhalten werden kann". Die aber konnte Fischbaum ihnen nicht geben. "Meine Absicht ist es zwar durchaus, einen Nahversorger in den Räumlichkeiten im Erdgeschoss unterzubringen", betont der Eigentümer auf SZ-Nachfrage. Mit möglichen Mietern wie Edeka, Käfer, Lidl, dem Bio-Supermarkt Basic und auch mit Netto sei er deshalb bereits im Gespräch. "Ich kann den Betreibern aber keine Fläche anbieten, bevor ich nicht die Zustimmung von der Lokalbaukommission habe, dass wir den Erdgeschoss-Bereich entsprechend vergrößern dürfen." Das sei unseriös. Heutzutage sei es völlig normal, im vorderen Bereich ein Café und weiter hinten die Kassen und den Laden zu haben. Deshalb müsse der Gaststättenbetrieb ebenfalls genehmigt werden. Im Übrigen, sagt Fischbaum, liege es in seinem ureigenen Interesse, einen Nahversorger im Haus zu haben. Auch seine Gäste bräuchten schließlich einen Laden, um aus einem breiten Sortiment an Lebensmitteln auswählen zu können. Denn die Gäste von Frederics sollen die Möglichkeit haben, sich selbst zu versorgen.

Dem Bezirksausschuss aber sind diese Statements von Fischbaum zu "ungewiss". Üblicherweise, erklärt Gremiums-Chef Walter Klein (SPD), würden Varianten in Vorbescheiden abgefragt, um im anschließenden Bauantrag Nägel mit Köpfen machen zu können. Hier hingegen solle gleich nach Erhalt der Baugenehmigung eine Tektur eingereicht werden, um dasjenige Konzept, für das sich der Eigentümer entscheide, verwirklichen zu können. So etwas habe er in seiner 37-jährigen BA-Tätigkeit, davon 34 Jahre als Vorsitzender, noch nicht erlebt. "Wir sollen also vorab zu etwas ja sagen, ohne dass klar ist, was am Ende kommt. Einer solchen Strategie von Herrn Fischbaum können wir nicht zustimmen." Dass ein Investor so einen Weg wähle, "um sich um Schwierigkeiten herumzulavieren" und dann letztlich doch mache, was er wolle, "kommt nicht in Frage". Denn sei in dem Erdgeschoss erst einmal ein Café oder ein Restaurant untergebracht, seien dem Bezirksausschuss die Hände gebunden. "Dann haben wir keine Einspruchsmöglichkeiten mehr."

Die endgültige Entscheidung zu dem Bauvorhaben obliegt nun der Lokalbaukommission im Planungsreferat. Ende des Jahres, hofft Michael Fischbaum, könnte die Baugenehmigung vorliegen. Die Zeit des Umbaus selbst schätzt er auf mindestens zwei Jahre.

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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