Schwabing:Freundschaft kennt keine Grenzen

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Die Ausstellung "Ein schöner Mensch, ein toller!" in der Seidlvilla zeigt nicht nur anrührende Porträts von Geflüchteten. Sie erzählt auch vom großen Verständnis untereinander. Geplant waren zunächst nur Bewerbungsfotos

Von Ilona Gerdom, Schwabing

Ein bisschen verloren sieht Abed Bases aus, wie er da inmitten von Menschen steht. Vielleicht liegt es daran, dass er nur etwas über einen Meter sechzig groß ist. Oder an der roten Blume, die er in der Hand hin und her dreht. Es könnte aber auch an den vielen Frauen, Männern und Kindern liegen, die um ihn herum die Fotos der Fotografin Barbara Donaubauer an den Wänden der Seidlvilla betrachten.

An der Wand hinter Abed hängt auch eins. Darauf ist er mit drei Kindern zu sehen. Sie umarmen sich, lachen, haben Spaß. Unterhalb davon klebt ein Stück Papier, darauf hat er in arabischer Schrift geschrieben: "Die Kinder sind unsere schöne Zukunft." Abed sagt, ihm gefalle das Foto aus zwei Gründen: "Erstens, weil ich Kinder mag. Und zweitens, weil es so unterschiedliche Menschen zeigt. Ich bin Syrer, Vitus ist deutsch, Roylie ist in Italien geboren und John kommt aus Libyen." Es sei schön, dass das Bild die Vielfalt der Kulturen einfange. Das leisten alle 41 Fotografien der Ausstellung. Insgesamt hat Donaubauer 31 Menschen aus 13 Herkunftsländern abgelichtet.

Sie alle leben oder lebten in einer Flüchtlingsunterkunft in der Innenstadt. Auch Abed hat dort für eineinhalb Jahre gewohnt. Seit zehn Monaten lebt er in einer eigenen Wohnung. Für ihn sei das gar nicht so leicht, sagt er. Davor hat er sein Zimmer mit jemandem geteilt. Man sei immer im Kontakt mit den anderen gewesen, habe viel miteinander gesprochen und unternommen. "Wir haben die Erfahrungen gemacht: Was kochen andere? Was denken andere? Wir lernten die Kulturen kennen. Man kann so viele Sachen lernen", sagt der syrische Flüchtling über das Zusammenleben mit den anderen Bewohnern.

Abed bewegt sich langsam durch die Ausstellung. Wenn er geht, zieht er sein rechtes Bein hinter sich her. In Syrien hat er sich eine so schwere Verletzung zugezogen, dass es deformiert ist. Aber auch sein linkes kann er kaum bewegen. "Wenn du behindert bist, bist du verschieden. Du bist anders als die anderen", sagt er.

Doch das war in der Unterkunft nie ein Problem. Irgendwie seien da alle verschieden. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb mag man einander. Das zeigt sich auch an dem Bild, vor dem Abed jetzt steht. Es sind zwei Männer, die einander im Arm halten, abgebildet. Der eine stammt aus dem Irak, der andere aus Iran. Darunter hat der Iraner Reza geschrieben: "Freundschaft kennt keine Grenzen."

Abed gefallen die Kommentare unter den Fotos. Sie sind Teil des Projekts, das Donaubauer gar nicht geplant hatte. Eigentlich wollte sie nur ein paar Bewerbungsfotos mit den Geflüchteten machen, in deren Unterkunft sie sich mit dem Verein Nachbarschaft Schwabing ehrenamtlich engagiert. Daraus aber entwickelte sich viel mehr. Vor der Linse zeigten sich alle selbstbewusst und hatten riesigen Spaß daran, sich fotografieren zu lassen. So entstand zusammen mit Dorothee Fichter, Leiterin des Vereins, die Idee für die Ausstellung. Bei ihrer Eröffnungsrede richtet die Fotografin ihre Worte direkt an die Porträtierten: "Das hier ist mit euch entstanden. Diese Ausstellung ist für euch." Und überreicht allen zum Dank eine Blume.

Die hält Abed fest in der Hand, während er ein Foto nach dem anderen betrachtet. Er ist sichtlich gerührt. Davon, dass so viele Menschen zur Eröffnung gekommen sind. Ebenso von den Bildern und den Unterschriften. Einer davon verdankt die Ausstellung ihren Namen: "Ein schöner Mensch, ein toller!" Das hat der Iraner Hamed über Soleiman notiert.

Die Aufnahmen erzählen ihre eigene Geschichte. Sie zeigen, wie viel Vertrauen die Geflüchteten zu den Ehrenamtlichen der Nachbarschaft Schwabing gefasst haben. Wie sich Freundschaften zwischen verschiedenen Kulturen entwickelt haben. Aber auch, dass es immer irgendwie weitergeht. Das findet auch Abed: "Ich hab' alles geschafft. Generell ist alles gut."

Jetzt können Besucher aufschreiben, was sie über die Fotos denken. Die Ausstellung am Nikolaiplatz 1b ist noch bis Freitag, 21. Dezember, täglich (nicht am 24. November) von 12 bis 19 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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