Schwabing:Drei Jahrzehnte Dienst am Nächsten

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Herzlich zugewandt: Margarethe Götz beim Canasta-Spielen. (Foto: Florian Peljak)

Margarethe Götz geht nach langen Jahren als Leiterin des Alten- und Servicezentrums Schwabing in den Ruhestand

Von Thomas Kronewiter, Schwabing

30 Jahre lang hat sie sich um Senioren gekümmert, hat zunächst Tagespflege gemanagt, dann 21 Jahre die Arbeit im Schwabinger Alten- und Service-Zentrum (ASZ) organisiert, zunächst an der Rümann-, zuletzt an der Siegesstraße. Nun, zum Jahresende 2016, hat sich Margarethe Götz, Leiterin des ASZ, in den Ruhestand verabschiedet. Die Leitung gibt sie an Sabine Nowack ab. In den drei Jahrzehnten, die Götz überblicken kann, hat sich die Arbeit, haben sich die Senioren und ihre Ansprüche, aber auch die Angebote mehr als einmal gewandelt. Götz spricht von "erheblichen Einschnitten" - und dabei geht es oft, aber nicht immer ums Geld.

Als sie mit der Arbeit angefangen hat im Alten- und Service-Zentrum, gab es dort sechs Zivildienstleistende, dazu mindestens so viele Reinigungskräfte. Die habe man nicht zuletzt für Einkaufs- und Putzdienste zu Hause bei den alten Menschen eingesetzt. Die Krankenkassen bezahlten dafür - bis eine Gesetzesänderung dem ein Ende machte. Fortan blieben diese Arbeiten den Senioren und ihren Angehörigen überlassen. "Nur wenn jemand gar kein Geld hatte, hat's der Sozialhilfeträger übernommen." Im Umkehrschluss: Wer auch nur ein bisschen mehr Geld hatte, blieb auf den Kosten sitzen.

Der nächste Nackenschlag für die Bezieher kleiner Renten war die Einführung des Euros. "Ein Kilo Äpfel kostete vorher eine Mark und 99 Pfennig, danach 1,99 Euro." Natürlich nicht sofort, schließlich war die cent-genaue Umstellung vorgeschrieben, doch mittelfristig, so Götz' Beobachtung, sei genau das eingetreten - ohne dass die Renten Schritt gehalten hätten.

Zuletzt nahm auch die Mietpreisentwicklung in Schwabing eine Entwicklung, die viele Senioren überforderte. Und in eine kleinere Wohnung zu wechseln, wäre zwar sinnvoll, lohnt sich meist aber nicht - der Mietpreis bei Neubezug sei oft genauso hoch wie vorher in der alten, größeren Wohnung und dem alten Mietvertrag.

Margarethe Götz und ihr Team haben sich auf diese Entwicklungen eingestellt. Obwohl im laut Image wohlhabenden Schwabing ansässig, achtet man seit Jahren im ASZ an der Siegesstraße darauf, Kurse und Vorträge kostengünstig anzubieten. Mieteinnahmen durch Vermietung der Räume an den Wochenenden werden zur Subventionierung eingesetzt. Dass viele der Klienten, die ins ASZ kommen, finanziell nur begrenzte Spielräume haben, merkt man ihnen nicht an: "Die kommen alle gepflegt daher."

Verändert aber haben sich die alten Menschen in drei Jahrzehnten. Waren in Götz' früher Dienstzeit noch Frauen darunter, die wegen der fehlenden Zustimmung ihres Mannes nie oder nur kurz erwerbstätig gewesen waren, hat sich das Rollenverhalten vollkommen gedreht, sind die Ansprüche gewachsen, unabhängig vom Geschlecht. "Heute kümmert man sich um sich selbst." Der klassische Kaffeeklatsch sei out, Kaffee und Kuchen biete man allenfalls als Auftakt eines anspruchsvollen Vortrags an. Die Senioren freuten sich auch auf Exkursionen - und viele scheuten auch nicht davor zurück, wenn es in einen Abwasserkanal hinabgehe. "Freizeit wird konsumiert." Und wer sich solche Extratouren nicht leisten könne, dürfe auf einen Beitrag aus dem Spendentopf des ASZ hoffen.

Innerhalb der Räumlichkeiten hat man das Fitnessangebot ausgebaut, gehört zu den 13 Einrichtungen, die nun auch präventive Hausbesuche im Programm haben. Die Abgrenzung zu Jüngeren etwa beim Technikverständnis sei nicht so deutlich, wie mancher sich das vorstelle, findet die scheidende Chefin. Kenne sich die Oma mit dem Smartphone nicht aus, lerne sie es mit dem Enkel. Und Margarethe Götz denkt auch gerne an die 90-Jährige zurück, die einen Computerkurs gemacht hat. "Zufriedener" seien die Senioren heute - und das, obwohl die finanzielle Situation im Durchschnitt "definitiv schlechter" geworden sei.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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