Schwabing:Die Allianz kündigt ihrem Betriebssportverein

Lesezeit: 3 min

Das Versicherungsunternehmen will dem traditionsreichen SV Weißblau das Freizeitgelände am Rande des Englischen Gartens nehmen und von einem Investor grundlegend umbauen lassen - nun formiert sich der Widerstand

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Der Münchner Firmensportverein der Allianz Deutschland AG, mit 4000 Mitgliedern einer der großen Sportvereine der Stadt, muss 2018 sein Stammgelände an der Osterwaldstraße in Schwabing räumen. Wie ein Unternehmenssprecher bestätigt, wurde dem SV Weißblau-Allianz München bereits gekündigt, schon zum 1. August 2018 soll das 30 000 Quadratmeter große Sportgelände von einem Privatinvestor saniert, modernisiert und in Erbpacht weitergeführt werden.

Der Verein fürchtet nun um seine Existenz. Als "extrem schwierig" bezeichnet es der Vorstand in einem Brief an die Mitglieder, bis dahin einen neuen Standort zu finden - und kündigt den Versuch an, "das Vorhaben zu verhindern". Das hat auch die CSU im Bezirksausschuss Schwabing-Freimann vor. Fraktionssprecher Patric Wolf will in der Sitzung am Dienstag, 12. Dezember, im Freizeittreff Freimann, Burmesterstraße 27 (Beginn: 19.30 Uhr), einen Dringlichkeitsantrag stellen. Es ist ein Appell an die Stadt, das Gelände in seiner jetzigen Form für den SV Weißblau-Allianz zu sichern und alle Bauanträge abzulehnen. "Die wollen hier eine soziale Einrichtung dicht machen", sagt Wolf.

Der Firmensportverein wurde 1926 gegründet; seit 1948 stellt das Unternehmen dem Verein das Gelände an der Osterwaldstraße am Rande des Englischen Gartens zur Verfügung. Ein Drittel der Mitglieder rekrutieren sich aus der Belegschaft der Allianz, der Rest sind Mitarbeiter der Munich Re sowie Schwabinger Anwohner. Den Bruch mit der langen Tradition begründet Allianz-Sprecher Christian Teichmann mit einer notwendigen Sanierung der Anlage. "Es sind erhebliche Investitionen notwendig", sagt er. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Allianz selbst diese nicht stemmen wolle. "Wir müssten richtig Geld in die Hand nehmen. Doch wir sind ein Versicherungsunternehmer und kein Betreiber von Sportanlagen. Das soll ein Profi erledigen."

Mit zwei Investoren wird derzeit verhandelt, einer davon ist das finanzkräftige englische Fitness-Unternehmen David Lloyd Leisure, wie Teichmann bestätigt. Zu den konkreten Plänen will er nichts sagen - doch der Weißblau-Vorstand kennt sie offenbar schon, wie aus dem Brief an die Mitglieder hervorgeht. Demnach will David Lloyd das Gelände zu einer Art Premium-Sportpark formen. Vorgesehen seien eine Indoor-Tennishalle, ein Außenpool sowie ein "Glaspavillon für Erlebnisgastronomie" und eine Brücke über den Schwabinger Bach. Der Weißblau-Vorstand hat ferner Kenntnis davon, dass das Parkplatzangebot von derzeit 48 auf 200 erweitert werden soll.

Der Vereinsvorsitzende Detlef Siewert wollte zunächst nichts zu dem Fall sagen sondern sich erst in der Sitzung des Bezirksausschusses äußern. Den Brief an die Mitglieder hat er auch als Aufruf formuliert, möglichst zahlreich bei der Sitzung aufzutreten, um "maximale Aufmerksamkeit zu erzeugen". Deutlich wird in dem Papier die Missbilligung der Zukunftspläne für das Sportgelände. "David Lloyd ist ein Fitness- und Spa-Betreiber aus Großbritannien, der für eine sehr exklusive Klientel im Hochpreis-Segment seine Services anbietet", schreibt der Vorstand.

David Lloyd zählt europaweit zu den Marktführern im Fitness-Business. 220 Millionen britische Pfund hat das Unternehmen 2016 laut einem Branchenbericht mit seinen großflächigen Premium-Clubs in Großbritannien, Irland, Belgien, den Niederlanden und Spanien erwirtschaftet. Im Frühjahr dieses Jahres bestätigte das Unternehmen einem Wirtschaftsmagazin, aktiv nach attraktiven Flächen in Deutschland zu suchen, darunter explizit auch in der Region München. Man wolle "mit den Premium-Clubs eine gehobene Kundschaft erreichen", ließ sich der Acquisition Manager bei David Lloyd, Stéphane Rutté, zitieren. Dafür suche man geeignete Partner mit attraktiven Angeboten.

Wer auch immer das Gelände übernimmt - für den SV Weißblau wird da wohl kein Platz sein, vermutet auch Allianz-Sprecher Teichmann. "Aber uns ist sehr am Fortbestand des Vereins gelegen. Wir bemühen uns um eine gute Lösung", beteuert er. Wie die aussehen könnte, dazu will er derzeit keine Aussage machen. Eine klare Ansage ist hingegen von den Schwabinger Politikern zu erwarten, die Vereine im Viertel schon oft unterstützt haben. Nach den Informationen von Antragsteller Patric Wolf steht David Lloyd als Pächter bereits fest - und nach seiner Vorstellung soll die Stadt dem Investor keine Chance zur Entfaltung geben, "sämtliche Anträge auf Nutzungsänderungen und Nutzungserweiterung" zurückweisen - nicht nur, um den Verein zu schützen, sondern weil des Gelände im Landschaftsschutzgebiet liegt. Wolf, selbst Mitglied in dem Verein, nennt die Kündigung des Traditions-Sportvereins "die faktische Aufgabe des Betriebssports", welche "für ein bedeutendes Unternehmen wie die Allianz eine kleine Offenbarung" sei.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: