Schwabing:Autos statt Grün

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Weil der Investor eine Tiefgarage plant, sollen im Innenhof eines Schwabinger Karrees die Bäume verschwinden

Von Ellen Draxel, Schwabing

Westschwabings Lokalpolitiker hatten Recht mit ihrer im vorigen Jahr geäußerten Vermutung. Die Bäume im mit viel Sorgfalt von den Mietern gestalteten und gepflegten Innenhof des Karrees Schleißheimer/Bamberger/Gernotstraße sollen weichen. Sie müssen einer Tiefgarage Platz machen, die für die 30 neu geplanten Wohnungen in der Anlage Stellplätze schafft und bereits bestehenden Parkraum ersetzt. Der Bezirksausschuss protestiert gegen die Baumfällungen und lehnt den Bau der Tiefgarage in der vorgelegten Form daher ab - und folgt damit den Bewohnern.

Seit etwas mehr als einem Jahr gehört der Wohnblock an der Schleißheimer Straße 238-244 und der Gernotstraße 1-9 der Fondsgesellschaft Jargonnant Partners (JP). "Der luxemburgische Investor", hatte Mieterbeirat Albrecht Schmidt (SPD) den etwa 90 Mietparteien bereits im Juli 2018 erklärt, stehe dafür, "Rendite machen zu wollen". Zu diesem Zeitpunkt lag dem Stadtteilgremium ein Antrag auf Vorbescheid vor, dem nun der Bauantrag folgte. Die Pläne sehen in der nur wenige Meter vom idyllischen Luitpoldpark im nördlichen Schwabing gelegenen Wohnanlage den Bau von 30 neuen Wohnungen vor, alle gut hundert Quadratmeter groß. JP will dafür das Dachgeschoss an der Gernotstraße ausbauen und die Gebäude an der Schleißheimer Straße 238-244 und der Bamberger Straße um jeweils zwei Vollgeschosse erhöhen. Außerdem sollen drei Häuser an der Schleißheimer Straße einen Aufzug an der Hofseite erhalten.

Dem Wohnungsbau hat der Bezirksausschuss mit der Bemerkung, ihm seien rechtlich die Hände gebunden und München brauche dringend Wohnraum, in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt - trotz des Einwands der Mieter, dort entstünden "Luxuswohnungen". Mietersprecher Jens van Rooij hat die "schillernde Präsentation" des Investors zu Beginn der Planungen zu sehen bekommen. Bezahlbarer Wohnraum für Normalverdiener, kritisiert er, sehe anders aus. "Wer glaubt, dass bei uns Wohnungen für Familien entstehen, der irrt. Das ist ein Feigenblatt. Das werden Wohnungen für die Oberklasse," warnt der Mietersprecher

Die Mieter haben Angst, sich ihre vier Wände in absehbarer Zeit nicht mehr leisten zu können, etwa, wenn zusätzlich Modernisierungsumlagen auf sie zukämen. Mieterhöhungen schickte ihnen JP bereits im Februar zu, etliche Parteien müssen seitdem laut van Rooij "monatliche Mehrbelastungen im dreistelligen Bereich stemmen". In dem Wohnblock leben viele Senioren, manche seit 40 Jahren, die meisten sind auf eine günstige Miete angewiesen. Julia Zimmermann, die stellvertretende Vorsitzende der Mietergemeinschaft, berichtete den Lokalpolitikern zudem, dass "etwa zehn Prozent der Wohnungen leer stehen, einige davon seit Monaten". Dies und der Bau der Tiefgaragenplätze sind für sie und ihre Nachbarn ein "Indiz dafür, dass die Wohnungen langfristig in Eigentum umgewandelt werden sollen". Die Bürgervertreter wollen den Leerstand jetzt als Zweckentfremdung anmahnen, weisen aber darauf hin, dass von städtischer Seite aus bei Bauvorhaben dagegen in der Regel nichts unternommen werde.

Bei Jargonnant Partners hingegen betont man, es werde "keine Modernisierungsumlagen geben". Das habe man den Mietern bereits vor einem Jahr versichert, und "das Versprechen gilt damals wie heute". Die leer stehenden Wohnungen müssten "aktuell im Zuge der geplanten Arbeiten vorgehalten" werden, sollen nach dem Umbau aber "wieder dem Markt zugeführt" werden. Die Gestaltung der Außenanlagen im Innenhof wie auch straßenseitig, betont das Unternehmen, erfolge "in engster Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde". Der Bezirksausschuss Schwabing-West hatte, um die Bäume zu erhalten, vorgeschlagen, die Tiefgarage zweistöckig zu bauen. Aus Eigentümersicht ist eine solche Lösung aber "nicht darstellbar".

Derzeit liegt der Bauantrag bei der Stadt. Mit einem Baubeginn rechnet JP "nicht vor dem ersten Quartal 2020". Die Bauzeit selbst soll je nach Witterung zwischen zwölf und 18 Monaten dauern.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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