Schwabing:Anwohner kritisieren Pläne für Elisabethmarkt - und das "Monsterwerk der Stadtsparkasse"

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Und das überlastete Gisela-Gymnasium ist beim Informationsabend in Schwabing ebenfalls ein Thema. So haben es die Vertreter der Stadt gleich mit drei Problemfeldern zu tun.

Von Ellen Draxel, Schwabing

Der Versuch, alle ins Boot zu holen, ist vorerst gescheitert. Seit Monaten fürchten viele Schwabinger um den Charme ihres geliebten Elisabethmarktes, sollte dieses Herzstück ihres Viertels, wie von der Stadt geplant, umgebaut werden. Diese kritischen Stimmen ließen sich auch bei der Infoveranstaltung am Donnerstagabend nicht bekehren. Die Aula des Gisela-Gymnasiums war mit 250 Menschen proppenvoll, das Kommunalreferat hatte eingeladen, um mit Fakten die emotionalen Wogen zu glätten.

Doch statt mit einem sahen sich die Stadt-Vertreter am Ende mit drei Problemfeldern konfrontiert: der Kritik am geplanten Abriss und Neubau des Marktes, dem Protest am "monströsen" Bau der Stadtsparkasse, die angrenzend 80 Apartments für Studenten und Azubis sowie 90 sozial geförderte Wohnungen, Büros, eine Kindertagesstätte und "marktaffine" Läden bauen will, sowie der Forderung, Räume für das überlastete Gisela-Gymnasium zu finden. So aufgeheizt war die Stimmung, dass sich Moderatorin Ursula Ammermann in der gut vierstündigen Debatte wiederholt genötigt sah, mäßigend einzugreifen.

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Münchens vier Lebensmittelmärkte müssten, das stellte Kommunalreferent Axel Markwardt erneut klar, wegen eklatanter Mängel bei Hygiene und Brandschutz saniert werden. Diese Optimierungen brauchen Platz: Auf dem Elisabethmarkt hat das Kreisverwaltungsreferat allein für die Sanitäranlagen einen Mehrbedarf von rund 13 Prozent oder 115 Quadratmetern Fläche errechnet. Die Händler selbst wünschen sich laut Markwardt gar ein Flächen-Plus von 50 Prozent.

Der Elisabethmarkt ist indes an drei Seiten durch Straßen und eine Grünzone begrenzt - ein Ausdehnen ist nicht möglich. Für den Werkleiter der Markthallen war es daher ein "Geschenk des Himmels", als klar wurde, dass das ehemalige Stadtwerke-Gelände im Süden bebaut werden soll. Denn dadurch können die 18 für den Markt laut Stellplatz-Satzung vorgeschriebenen Parkplätze, die derzeit noch den Südteil des Elisabethmarktes prägen, in einer Tiefgarage verschwinden, die an die des Stadtwerke-Areals andockt.

Ein weiterer Bonus aus Sicht der Planer: die von der Bürgerinitiative Pro Elisabethmarkt so vehement kritisierte Feuerwehrzufahrt im Süden des Marktes. Diese achteinhalb Meter breite Spur, erläuterte Björn Maiworm von der Branddirektion, gelte als zweiter Rettungsweg für die Stadtsparkassen-Bebauung. "Ist der Weg nicht da, kann auch nicht gebaut werden." Der Stadtrat aber hat das Projekt bereits beschlossen. Ein "politischer Fakt", wie Markwardt konstatierte.

Und eine Jury aus 14 Juroren, wovon nur zwei der Stadtsparkasse angehörten, hatte für das von den kritischen Schwabingern als "überoptimiert" abgekanzelte, fünf- bis sechsgeschossige Gebäude der Stadtsparkasse votiert. Dennoch empfinden viele Anwohner den geplanten Komplex als zu massiv, sie befürchten zudem, er könne dem Markt das Licht nehmen. "Ich wohne seit 54 Jahren an der Nordendstraße, ich schaue immer auf den Markt", schimpfte ein Nachbar. "Und jetzt soll ich dieses Monsterwerk der Stadtsparkasse vor die Nase gesetzt bekommen? Das ist doch kein gescheites Haus."

Dessen Ausmaß, betonte Stadtplaner Ulrich Schaaf, habe der Stadtrat beschlossen. "Und wir können im Moment gar nicht genug Wohnungen bekommen, deshalb ist das Gebäude auch so groß." Von "Gewinnmaximierung", widersprach Michael Rubenbauer von der Stadtsparkasse, könne keine Rede sein: "Wir errichten keine Luxus- und keine Eigentumswohnungen." Der Bank, warfen Zwischenrufer immer wieder ein, gehe es bei dem Bau nur um "Profit". "Wenn sie die Feuerwehrzufahrt auf ihrem Gelände realisieren würden", rechnete Hubertus von Medinger, Initiator einer Petition zum Erhalt des Elisabethmarktes, die 23 000 Menschen unterschrieben haben, vor, "dann würden ihnen rund 24 Millionen Euro durch die Lappen gehen."

Markwardt und Architekt Rainer Hofmann, dessen Bogevischs Büro die Machbarkeitsstudie erarbeitet hat, freuen sich regelrecht über die Feuerwehrgasse. Damit verwandle sich "der Hinterhof-Charakter" des Marktes in eine Flaniermeile. Die Machbarkeitsstudie, die am 23. März dem Stadtrat vorgelegt werden soll, sieht vor, die 22 Einzelstände künftig in neun Häuschen unterzubringen - mit mehr Platz für Verkauf und Lagerung. Alle ansässigen Händler, versprach Markwardt, sollen wieder unbefristet zugelassen werden. Auch das Warensortiment werde bleiben. Erstmals gibt es Toiletten. Und auch den Baumbestand werde niemand angreifen, betonte Hofmann. "Das dürfen wir gar nicht." Der neue Markt soll autofrei werden. "Warum aber", kam die Frage, "wurde nie eine Sanierung im Bestand geprüft?" Weil, argumentierten die Planer, fünf oder sechs Stände der Feuerwehranfahrtszone im Weg stünden. Aber dann könne man doch wenigstens die Einzelstände erhalten, forderte eine Schwabingerin. Das, sagte Hofmann, koste Fläche zu Lasten der Händler.

"Unser Ziel ist es, den traditionellen Charme und das Flair des Elisabethmarktes beizubehalten", wiederholte der Kommunalreferent immer wieder. "Wir werden keine mehrstöckigen Häuser und schon gar keine Stahlkonstruktionen bauen, sondern mit Nachdruck alles daran setzen, dass am Elisabethmarkt die flachen, leicht geneigten Dächer erhalten bleiben." Geschlossen wird der Markt während des Umbaus nicht, an der Arcisstraße will die Stadt mit Holz verschalte Container als Provisorien für die Händler aufstellen.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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