An Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) lassen die Schüler an diesem Freitagvormittag kein gutes Wort. "Bildung krepiert, weil König Ludwig regiert", hat einer auf sein Transparent geschrieben. Andere halten Schilder mit der Aufschrift "Wir sind keine Versuchskaninchen" oder "Wo bleibt die Menschlichkeit" in die Höhe. Die Jugendlichen sind sauer - wegen des Drucks im achtjährigen Gymnasium (G 8), wegen der ständigen Veränderungen im Schulsystem, wegen des umstrittenen Mathe-Probeabiturs, das das Kultusministerium noch immer lieber Übungsklausur nennt. Lautstark fordern sie mehr Mitbestimmung. Schließlich gehe es um ihre gymnasiale Laufbahn, um ihr Leben.
535 Schüler haben ihre Teilnahme an der Protestkundgebung zuvor im sozialen Netzwerk Facebook angekündigt, tatsächlich erscheinen etwa 300 vor dem Kultusministerium am Salvatorplatz, unter anderem aus Aichach-Friedberg, Weilheim und München. Unter den Demonstranten steht Michael Piazolo von den Freien Wählern. Der Landtagsabgeordnete fordert die Wahlfreiheit zwischen dem acht- und dem neunjährigen Gymnasium. Und er bekommt viel Applaus dafür. "Die Schüler wollen mehr Transparenz im Schulsystem. Das finde ich nachvollziehbar", sagt er. Jugendliche hätten das Recht, genau zu wissen, was sie im Abitur erwarte.
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Seit seiner Einführung ist das achtjährige Gymnasium umstritten. Wenn es nach den Freien Wählern geht, sollen die Bayern darüber abstimmen. Nach SZ-Informationen haben sie jetzt die erforderlichen 25.000 Unterschriften dafür beisammen. Damit gerät Ministerpräsident Seehofer bei einem brisanten Thema unter Druck.
Doch den Organisatoren - eine Gruppe von angehenden Abiturienten aus Aichach-Friedberg - geht es nicht nur um die Abiturprüfung an sich. Seit es das G 8 gebe, so klagen sie in einer Erklärung, die bei der Demonstration verlesen wird, habe sich Frust bei vielen Lehrern und Schülern angestaut. Das Probeabitur sei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Auch der Umgang mit den Referendaren, von denen viele nicht gleich nach Ende ihrer Ausbildung übernommen werden, stört die Abiturienten: "Auf uns Schüler wirkt es abschreckend, wenn harte Arbeit nicht belohnt wird." Der Unterricht leide enorm, wenn es einen ständigen Wechsel der Referendare gebe. Ständig müssten sich Schüler auf neue Lehrer einstellen.
Die Demonstranten wollen mit dem Kultusminister persönlich verhandeln. Doch die "Wir woll'n den Spaenle sehen"-Rufe verhallen, er kommt nicht. Der Minister weile bei einem Termin im Landesdenkmalamt, sagt sein Pressesprecher Ludwig Unger. Grundsätzlich sei er aber zu Diskussionen mit Schülern bereit. Allerdings werde Spaenle keine Veranstaltungen besuchen, die während der Unterrichtszeit stattfinden. Immerhin: Ob die Jugendlichen, die der Schule am Freitag fernblieben, einen Verweis oder Nacharbeit bekommen, hat das Kultusministerium nicht vorgeschrieben. Das liegt in der Hand der Direktoren.