Schlachthofviertel:Humor-Museum zieht in die einstige Viehmarktbank

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Die Weichen sind gestellt: Der Stadtrat befürwortet die Einrichtung des "Forums Humor und komische Kunst" im Gebäude der ehemaligen Viehmarkt-Bank im Schlachthofviertel. (Foto: Robert Haas)
  • In nichtöffentlicher Sitzung hat sich der Stadtrat dafür ausgesprochen, das Gebäude der einstigen Viehmarktbank als Standort des Humorforums vorzusehen.
  • Jetzt muss noch die Finanzierung gesichert werden. Eine Machbarkeitsstudie veranschlagt die Kosten für die Gebäudesanierung und Ausstattung auf rund 18 Millionen Euro.
  • 13 bis 15 Millionen Euro müssten Freistaat und Stadt voraussichtlich übernehmen.

Von Wolfgang Görl

Am Donnerstagnachmittag schrieb Marianne Wille in einer fast überschwänglich intonierten E-Mail: "Liebe Freunde, Unterstützer, Spender, Künstler, es ist vollbracht!" Was war geschehen? Nun, der Stadtrat hat den aller Wahrscheinlichkeit entscheidenden Schritt getan, damit das Projekt "Forum Humor und komische Kunst" verwirklicht werden kann. In nichtöffentlicher Sitzung hat sich das Gremium dafür ausgesprochen, das denkmalgeschützte Gebäude der einstigen Viehmarktbank im Schlachthofviertel als Standort des Humorforums vorzusehen. Für Marianne Wille, die zweite Vorsitzende des Fördervereins, war dies "eine erlösende Nachricht", aber auch ein Auftrag, im eifrigen Bemühen nicht nachzulassen: "Nun geht die Arbeit zwar erst richtig los, aber auf einer anderen Basis."

Tatsächlich müssen jetzt die wesentlichen Akteure, also der Förderverein, die Stadt München und der Freistaat, ihre "Hausaufgaben machen", wie es Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) formuliert. Eine der wichtigsten Aufgaben ist, die Finanzierung des Projekts zu sichern. In einer vom Förderverein in Auftrag gebebenen Machbarkeitsstudie veranschlagt der Berliner Ausstellungsexperte Stefan Iglhaut die Kosten für die Gebäudesanierung und Ausstattung auf rund 18 Millionen Euro. Marianne Wille zufolge könnte die Summe wegen der mittlerweile gestiegenen Baukosten etwas höher liegen. Ein nicht unwesentlicher Teil käme aus Spendengeldern, die der Verein gesammelt hat. Bislang sind rund 1,5 Millionen Euro aus den Mitteln privater Gönner zusammengekommen. Etwa eine Million könnte aus den Töpfen des Denkmalschutzes fließen, aus der Rückerstattung der Mehrwertsteuer erhofft sich der Verein rund 2,8 Millionen. Bleibt eine Lücke von 13 bis 15 Millionen, die Freistaat und Stadt schließen müssten.

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Von Wolfgang Görl

Der Stadtrat hat das Kulturreferat nun beauftragt, mit dem Kunstministerium entsprechende Verhandlungen zu führen. Marianne Wille ist zuversichtlich, dass diese zu einem guten Ergebnis führen. Ihr Optimismus speist sich nicht zuletzt aus einem Gespräch mit Ministerpräsident Markus Söder, das der Vereinsvorstand, unterstützt durch "Co-Inspirator" Gerhard Polt sowie Uli Hoeneß (auch er ist einer der Spender), im April geführt hat. Dabei habe Söder eine Beteiligung des Freistaats in Aussicht gestellt. Die jährlichen Betriebskosten, die auf 1,7 Millionen geschätzt werden, würden je zur Hälfte aus Eintrittsgeldern und öffentlichen Kassen kommen.

In welcher Weise sich der Freistaat beteiligen könnte, hat der bayerische Kunstminister Bernd Sibler (CSU) auf SZ-Anfrage konkretisiert: "Humor inspiriert, erfreut und macht vieles leichter! Humor ist für mich eine wichtige Zutat im täglichen Miteinander. Bei dem Forum Humor handelt es sich um ein spannendes, spartenübergreifendes Konzept. Gerne unterstützen wir das Projekt im Rahmen unserer Möglichkeiten, zum Beispiel über die Denkmalpflege für die Sanierung der Viehmarktbank. Auch über die Bayerische Landesstiftung und die Landesstelle für nicht staatliche Museen können wir Museumsprojekte im Forum Humor fördern."

Um die zweite Hausaufgabe zu erledigen, müssen die Humorfreunde mit dem Kommunalreferat zusammenarbeiten. Hier geht es unter anderem um rechtliche Fragen wie Erbpacht oder die Rechtsform des Trägers, für die sich Fördervereinschef Reinhard G. Wittmann eine Stiftung wie beim Literaturhaus vorstellen könnte. Vor allem aber muss der Verein ein detailliertes Konzept entwickeln. Es soll ja nicht ein x-beliebiges Museum werden, sondern etwas Einzigartiges, ein Haus, das Seinesgleichen sucht. Der Humor, sagt der einzigartige Humorist Gerhard Polt, "ist wie ein Ozean", und diesen Ozean will das Forum in all seinen Tiefen, Höhlen und Flachwassern ausleuchten. Es soll, wie es in der Machbarkeitsstudie heißt, eine "interdisziplinäre Einrichtung" entstehen, "in der es Ausstellungs- und Aufführungsorte für die Künste ebenso gibt wie ein Angebot zur Aus- und Weiterbildung in den unterschiedlichen Sparten der Komik, eine Humorakademie mit Kursen und Seminaren, in der auch praktische Anwendungen von Komik im sozialpädagogischen und medizinischen Bereich eine Rolle spielen". Vor allem aber soll noch der griesgrämigste Besucher gut gelaunt das Haus verlassen, und zudem belehrt über die Geschichte des Humors in seinen vielen Erscheinungsformen in den bildenden Künste, in Literatur, Theater, Film oder Musik.

Das Thema, sagt Wittmann, ist aktueller denn je: "Ich habe den Eindruck, der Humor spielt eine immer größere gesellschaftspolitische und soziale Rolle."

Damit das Vorhaben gelingt, hat der Verein die renommierten Ausstellungskuratorinnen Nikola Lepp, Annemarie Hürlimann und Susanne Wernsing beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten. "Das muss wirklich toll werden", sagt Marianne Wille. Dabei soll es, ergänzt Wittmann, nicht allein um den Humor in München oder Bayern gehen, sondern auch und nicht zuletzt um seine Spielarten weltweit. Nebenher würde auf dem Viehhofgelände ein Kultur-Ensemble entstehen, mit dem München ein neues Alleinstellungsmerkmal hätte: Das neue Volkstheater, das Forum Humor und das Wirtshaus im Schlachthof mit seiner Kabarettbühne stünden in unmittelbarer Nachbarschaft. Neudeutsch könnte man sagen: Hier entsteht ein Humor-Cluster.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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