S-Bahn-Ausbau in München:Die Grünen mit Tunnelblick

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Da eine Mehrheit für den Südring im Stadtrat nicht in Sicht ist, wollen die Grünen den Bau des zweiten Stammstreckentunnels jetzt doch mittragen, um einen "verkehrspolitischen Super-Gau" zu verhindern.

D. Hutter

Angesichts der verfahrenen Situation in der S-Bahn-Debatte mehren sich bei den Münchner Grünen die Stimmen, doch noch den Bau des zweiten Stammstreckentunnels mitzutragen. "Bevor wir gar nichts bekommen, ist sicher der in vielen Punkten zu Recht umstrittene Tunnel noch die bessere Alternative", erklärt die grüne Stadtvorsitzende Hanna Sammüller.

Sie appelliert an die eingefleischten Südringanhänger ihrer Partei, "in dieser speziellen Situation" in den sauren Apfel zu beißen und letztlich für den Tunnel zu votieren. Die Grünen wollen am kommenden Montag bei einer Stadtversammlung in der Pasinger Fabrik über das Thema abstimmen. Der Stadtrat entscheidet voraussichtlich am 24.März.

Bisher befanden sich Vorstand wie Stadtversammlung klar auf Südring-Kurs, und an der grundsätzlichen Sympathie für diese Variante, das ist Sammüller wichtig, hat sich auch nichts geändert. Nur: Eine Mehrheit für den Südring ist nicht in Sicht.

Die SPD hat sich längst auf den zweiten Innenstadttunnel festgelegt, während die CSU inzwischen mit dem Nordtunnel liebäugelt. Letzteren halten die Grünen jedoch für die völlig falsche Antwort auf die Münchner S-Bahn-Problematik - zumal, wie Sammüller anmerkt, "die Planungstiefe doch sehr zu wünschen übrig lässt."

Eine gesichtswahrende Lösung könnte nun so aussehen: Die Grünen beantragen im Stadtrat den Ausbau des Südrings. Erhält der Vorstoß - was zu erwarten ist - keine Mehrheit, kann die Fraktion immer noch zusammen mit der SPD den zweiten Tunnel beschließen.

"Ansonsten haben wir mit unserer Uneinigkeit gar nichts erreicht", gesteht Sammüller ein. Scheitere der Ausbau der S-Bahn komplett, bedeute dies einen "verkehrspolitischen Super-Gau für München."

Ob dies alles so kommt, ist freilich noch unklar. Die Partei ist im Vorfeld der entscheidenden Stadtversammlung gespalten, hinter den Kulissen laufen heftige Debatten ab. Sammüller weiß nach eigener Aussage aber die Mehrheit des Vorstands auf ihrer Seite. Zudem gibt es in der Stadtratsfraktion seit jeher einen starken Pro-Tunnel-Flügel.

Auch eine rot-grüne Tunnel-Mehrheit im Stadtrat würde jedoch noch nicht den Durchbruch für das Projekt bedeuten. Denn für die S-Bahn ist der Landtag zuständig, in dem die Mehrheitsverhältnisse weiterhin unklar sind. Allzu viele offene Befürworter des Innenstadttunnels wandeln derzeit nicht durch die Hallen des Maximilianeums.

Und ob die grüne Landtagsfraktion mit ihrem verkehrspolitischen Sprecher Martin Runge den Vorstoß aus dem Münchner Vorstand goutiert, ist ungewiss. Runge vertritt seit langem die Meinung, dass der Bau des Innenstadttunnels nicht nur nutzlos ist, sondern sogar schädlich - und deshalb unbedingt verhindert werden muss.

Das bayerische Kabinett berät voraussichtlich am 23.März über die Zukunft der Münchner S-Bahn. Im Parlament gilt ein Termin Mitte April als wahrscheinlich.

Spannend bleibt die Haltung der Münchner CSU, deren Vorstand eigentlich zusammen mit den Grünen die zweite Stammstrecke kippen und stattdessen den Nordtunnel auf den Weg bringen wollte.

Denn auch bei den Konservativen mahnen Politiker, den S-Bahn-Ausbau nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen - der Planungsexperte Walter Zöller etwa oder auch der Präsident der Handwerkskammer und frühere CSU-Landtagsabgeordnete Heinrich Traublinger. Laut Traublinger ist "die Gefahr augenfällig, dass München am Ende ganz leer ausgeht."

© SZ vom 12.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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