Isardoro:Der Luxus des Einfachen

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Aus Isargold wurde Isardoro: An der Einrichtung des Restaurants hat sich nur wenig verändert. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Bogenhausener Ristorante Isardoro pflegt Gerardo Addesso die besten Traditionen der italienische Küche und verzichtet auf Kochexperimente. Der Chef ist hier mit seinem feinen Gefühl für kulinarische Genüsse in seinem Element.

Von Johanna N. Hummel

Einen Dreher an einer Werkbank, der die Arbeit satt hat, als Spüler in einem Lokal anheuert und in kurzer Zeit zum Chefkoch aufsteigt, den nennt man bewundernd einen Autodidakten. Gerardo Addesso aus Süditalien hat genau diese Karriere hingelegt, und er ist sein eigener Chef geworden, zunächst mit dem Restaurant Gattopardo in Schwabing.

Dort trafen sich bald Prominenz und Schickimicki-Gesellschaft, weil Addesso als Meister der deutlichen Worte, des feinen Gaumens und des begnadeten Feelings für die italienische Küche galt. Das ist ein Teil der Geschichte, der andere erzählt von Fallstricken, davon, dass Addesso irgendwann den stressigen Alltag mit Kokain aufpeppte, er erwischt und zu einer Therapieauszeit verurteilt wurde. Alles vergangen. Seit gut zwei Jahren steht Addesso wieder am Herd, im Restaurant Isardoro in der Ismaninger Straße und mit Sohn Daniele in der Geschäftsleitung.

Nun ist das Isardoro, gegenüber der Villa Stuck gelegen, schwer in eine Kategorie zu fassen. Ein Nobelitaliener, heißt es. Allerdings einer mit großer Pizzakarte für kleine Gäste und schmale Geldbeutel. Als die Familie Addesso von TV-Koch Martin Baudrexel das Lokal Isargold übernahm, hat sie Namen und puristisches Interieur mit italienischen Nuancen versehen, ohne alles zu verändern, nicht die geschwungene, mit weißen Säulen dekorierte Bar als Raumteiler, nicht die Lichtinstallationen von Stefan Roersch an einer Wand, die wie eine Ansammlung von Monden ausschauen.

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Das Isardoro passt nicht so recht in eine Kategorie

Den hohen Raum mit den dunklen Tischen haben die Addessos mit Flaschenregalen, Schiefertafeln und prächtigen Blumensträußen dekoriert, stilvoll, nicht mehr stylisch. Die aufmerksamen, schnellen Bedienungen sind ausgeprägte Persönlichkeiten: zurückhaltend die eine, mit einem Scherz auf den Lippen der andere, betont locker der dritte, geübt, einfach quer über den Tisch zu langen.

Gerardo Addesso läuft ein Ruf voraus, von dem es ihm ganz schwindelig werden müsste, als genialer Koch wird er beschrieben. Das weckt Erwartungen nach einer elitären Küche, die der Chef überhaupt nicht im Sinn hat. Standard- und Tageskarten unterscheiden sich nicht so sehr vom Angebot anderer Italiener, auch wenn schon mal kostbarer Trüffel offeriert wird. Doch wer will Trüffel, wenn es eine so intensive Minestrone mit bissfesten Sommergemüsen gibt; oder Spaghetti aglio e olio, bei denen Knoblauch, Öl und Schärfe perfekt harmonierten, die Nudeln auf den Punkt al dente; oder hauchzarte Ravioli, gefüllt mit Apfel, Kürbis und Ingwer, bedeckt mit Thymian-Butter, ein Gedicht waren sie (5,50 bis 13,50 Euro).

Auch bei den Vorspeisen wurden einzelne Bestandteile gekonnt transparent vereint: wunderbar gegrillter Oktopus auf Artischockenblättern; rosa gebratene Entenbrust mit eingelegten Austernpilzen und Pfifferlingen, geröstete Pinienkerne spendeten ein nussiges Aroma. Der fein-säuerliche Avocadosalat mit Flusskrebsen, Lachs und zierlichen Scheiben von Roten Rüben, den Addesso seit Jahren in Variationen zubereitet, schmeckte wie gerade neu erfunden (alle 13,50).

Kochexperimente gibt es nicht

Wer auf Kochexperimente hofft, ist im Isardoro fehl am Platz. Das Einfache, das ja überhaupt nicht einfach ist, schon gar nicht für den Koch, ist der Luxus in diesem Restaurant. So gab es als Amuse-Gueule schlichte Champignons, eingelegt in feinstes Olivenöl, Knoblauch und Kräuter, der perfekte Gaumenkitzel. Fleisch und Fisch werden genauso sorgsam behandelt, die Kalbsnieren in milder Senfsauce oder das schön gebratene Stubenküken alla Diavola mit viel Knoblauch und einer Schärfe, die sich erst beim zweiten Bissen bemerkbar machte. Die Lotte, mit Tomatenconcassé und Frühlingszwiebeln dekoriert und in einer leichten Buttersauce, das Fleisch glänzend, war eine Delikatesse (22 bis 26).

Keine Pannen? Doch, beim üppigen Fischteller hatten sich Zander und Thunfisch etwas zu lang auf dem Grill aufgehalten (23). Die Ricotta-Spinat-Gnocchi begleitete ein Speck, der an sehr salziges Geräuchertes erinnerte, was den Gnocchi nicht bekam (12,50). Petitessen, bei den Nachspeisen vergessen, beim warmen Schokotörtchen mit perfekt zerfließendem Kern oder der duftigen Mascarponecrème mit Vanille, umgeben von marinierten Beeren - ein Sommertraum im Herbst (8).

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Die Pizzen blieben ein bisschen bleich

Der Weinkeller wird mit Luxusambitionen gepflegt, die Weinkarte enthält die wichtigen Regionen und Winzer Italiens, und für Spitzenweine muss man ein paar hundert Euro hinblättern. Unter den Offenen waren einige von bemerkenswerter Qualität, ob der weiße Merlot, der Sagrestano oder der Montepulciano (0,2 Liter 7 bis 8,80).

Und die Pizzen? Schön belegt und saftig wurden die Pizza neapolitana, die mit Meeresfrüchten oder mit Parmaschinken und Rucola (9,50 bis 11,50) aufgetragen, doch richtig knusprig waren sie alle nicht, etwas bleich die Böden. Dem Zwölfjährigen am Tisch machte das nichts aus. "Besser als verbrannt", meinte er. Das allerdings kann man sich im Isardoro nicht vorstellen.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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