Wenn im Herbst die ersten Buben und Mädchen in die Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz 1 kommen, sollten sie gleich einmal nach oben blicken und sich genau einprägen, was sie dort sehen: Über ihren Köpfen hängt nämlich "Veronikas Welt", eine Installation des Münchner Künstlers Wolfgang Weilander. Es handelt sich um ein mechanisches Planetensystem, wobei ein Sportschuh, ein Flugzeug und allerhand weitere Objekte, die einem achtjährigen Mädchen wichtig sind, die einzelnen Himmelskörper repräsentieren. Mit unterschiedlicher Geschwindigkeit kreisen sie um ihr Zentrum. Und es dauert exakt vier Jahre, ehe alle Planeten wieder in ihrer ursprünglichen Ausgangsstellung angekommen sind. So lange eben, wie die Kinder hier im Schnitt verweilen werden.
Die Kunstinstallation alleine aber war nicht der Grund dafür, dass der Neubau am Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde: Die Schule am Riemer S-Bahnhof ist die erste Grundschule, die von Beginn an nach dem Münchner Lernhauskonzept geplant und gebaut wurde. Dieses Lernhauskonzept ist nach einem Stadtratsbeschluss die Planungsgrundlage für alle künftigen Neu- und Umbauten von allgemeinbildenden Schulen in der Stadt. Dabei gliedert das Lernhaus die Schule in kleine, überschaubare Einheiten, in denen mehrere Jahrgangsstufen zusammengefasst werden - und gewissermaßen eine kleine innerhalb der großen Schule bilden. Ein Lernhaus-Cluster hat alle Räume, die eine Schule braucht: Klassenzimmer, Räume für ganztägige Betreuung, Inklusion und Differenzierung, Teamzimmer für Lehrkräfte sowie eine eigenen Sanitärbereich. Die Räume gruppieren sich um eine Mitte, die multifunktional genutzt werden kann beispielsweise für Team- und Freiarbeit oder als Leseecke.
Mit der Grundschule am Twardowski-Platz entsteht eine zweizügige Einrichtung für bis zu 230 Schüler. Zu Beginn des Schuljahres 2015/16 sind 121 Kinder auf sieben Klassen aufgeteilt. Laut Referat für Bildung und Sport werden sie von insgesamt zwölf Lehrkräften unterrichtet. Außerdem bietet die Schule Platz für acht Tagesheim-Mitarbeiter, eine Verwaltungsangestellte und eine Küchenhilfe.
Der Entwurf für das Gebäude stammt von Balda Architekten GmbH aus Fürstenfeldbruck in Gemeinschaft mit Ver.de Landschaftsarchitektur GbR aus Freising. Baubeginn war im Juni 2013. Die genehmigten Projektkosten lagen bei 18,8 Millionen Euro. Wie Detlev Langer vom Baureferat nun berichtete, dürfte diese Summe aber um eine Million Euro unterschritten werden. Das zweigeschossige Ensemble besteht aus vier Gebäudeteilen, die entlang einer Magistrale zueinander versetzt angeordnet sind. Diesen einzelnen Bereichen werden jeweils die spezifischen Nutzungen aus dem Raumprogramm zugewiesen: Lernhaus, Turnhalle, Verwaltung mit Mensa und die Aula mit den allgemeinen Bereichen. Dabei wurde das Gebäude bereits so geplant, dass es bei Bedarf problemlos um ein Lernhaus erweitert werden könnte.
Und dieser Bedarf dürfte kaum abnehmen. "München wächst extrem", konstatierte Stadtschulrat Rainer Schweppe. Eine Baustelle, ein Richtfest, eine Schuleröffnung jage die andere. Die Umsetzung des Lernhauskonzeptes aber wird sich aus seiner Sicht bezahlt machen: "Die Kinder werden besser lernen", sagte Schweppe.
Vor welchen enormen Herausforderungen im Bildungswesen die Stadt steht, skizzierte Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Ihr zufolge müssten in den nächsten Jahren mehr als 20 Grundschulen neu gebaut und etwa 40 bestehende Häuser erweitert werden. Für den Zeitraum bis 2030 rechne man mit Ausgaben von rund vier Milliarden Euro.