Riem:Aufzug zum Zug

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Der S-Bahnhof wird seit März behindertengerecht umgebaut. Mitte 2019 soll alles fertig sein

Von Jerzy Sobotta, Riem

Fahrgäste sind es nicht, die in leuchtend orangefarbenen Westen auf dem mittleren Bahnsteig stehen. Oder besser gesagt, im Bahnsteig. Denn dort, wo die Treppe aus der Unterführung kommt, klafft noch ein metertiefes Loch. Weiter hinten türmen sich Kiesberge auf, ein Bagger fährt auf Schienen und karrt palettenweise schwarze Pflastersteine an. Auf der gegenüberliegenden Seite der Gleise ist ein provisorischer Bahnsteig aus Stahl und Metall entstanden.

Schon seit März wird an der S-Bahn-Station Riem gebaut. Sie soll modern und vor allem barrierefrei werden. Das wird den gut 7600 Menschen, die hier täglich ein- und aussteigen, das Leben erheblich erleichtern. Mitte 2019 soll es so weit sein. Riem gehört zu den stark frequentierten Stationen in Bayern, die noch nicht behindertengerecht ausgebaut sind. Dass dem Projekt große Bedeutung zugemessen wird, zeigte sich am Freitagvormittag. Da besichtigte die bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr, Ilse Aigner (CSU), mit dem Landtagsabgeordneten Markus Blume (CSU) und dem Generalbevollmächtigten der Deutschen Bahn, Klaus-Dieter Josel, die Arbeiten.

Die Bahnsteige werden von 76 auf 96 Zentimeter erhöht, damit zwischen den Fahrzeugen und der Bahnsteigkante keine Stufe mehr das Ein- und Aussteigen erschwert. Gleis 1 erhält ein 40 Meter und der Mittelbahnsteig ein 80 Meter langes Dach, die Unterführung wird saniert und mit Aufzügen an den Gleisen und dem Bahnhofsvorplatz versehen. Außerdem bekommt der ganze Bahnhof ein Blindenleitsystem. Auf der Nordseite entsteht zudem eine behindertengerechte Rampe, und die Treppe auf der Südseite wird erneuert.

"Wir bauen unter rollendem Rad", sagte Josel mit Blick auf den mittleren Bahnsteig. Wenn dieser Mitte Juli fertig ist, beginnt der Abriss von Gleis 1. Die Bahn liege im Zeitplan, allerdings spüre man die vollen Auftragsbücher der Baufirmen, erklärte er. Riem betreffe das noch nicht, aber die Arbeiten an anderen Bahnhöfen könnten sich verzögern. Derzeit werden in München mehr als ein Dutzend S-Bahn-Stationen behindertengerecht modernisiert.

Blume unterstrich, dass politisch lange um die Pläne gerungen worden sei. 10,6 Millionen Euro kostet der Umbau allein am Bahnhof Riem. Erst als der Freistaat 2013 mit dem "Bayern-Paket" 100 Millionen Euro für den barrierefreien Umbau der S-Bahn-Stationen im ganzen Land zusagte, fand die zehn Jahre anhaltende Diskussion ein Ende. "Bis 2021 sollen 90 Prozent der Bahnhöfe in Bayern barrierefrei sein", sagte Aigner. Bisher seien es 72 Prozent.

Vorerst betreffen die Bauarbeiten nur den S-Bahnhof selbst. Für den Bahnhofsvorplatz und die umliegenden Flächen ist die Stadt zuständig. Der Bezirksausschuss Trudering-Riem hat jedenfalls schon Forderungen aufgestellt: nach neuen Radständern, einer Verbesserung der Fuß- und Radwege, Schallschutz sowie einer Verlängerung des Blindenleitsystems bis zum Busbahnhof.

Die Fahrgäste freuen sich, dass endlich etwas passiert. Nurko Hadzic schiebt einen Kinderwagen vor sich her und schaut auf die abgenutzten Treppen: "Noch muss ich schleppen. Aber das ist zum Glück bald vorbei."

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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