Internationales Restaurant Isarvorstadt "Ricasso":Feingeschliffene Küche

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Das Ricasso liegt ziemlich versteckt. Wer es findet, den erwarten wahre Gaumenfreuden. Denn das junge Team serviert Gerichte, bei denen alles passt.

Felix Mostrich

Liebe Leser, dieser Artikel ist veraltet. Das "Ricasso" existiert nicht mehr. Aktuelle Besprechungen finden Sie hier.

Das versteckt liegende Restaurant Ricasso bietet seinen Gästen gehobene Küche. (Foto: Foto: Hess)

Wenn Gaststätten sich vor ihrem Publikum verstecken wollten, hätte das Restaurant RICASSO wohl einen der besten, nämlich geheimsten Plätze in ganz München. Weil aber Wirtshäuser - zumal solche mit gehobenem Anspruch - auf Laufkundschaft angewiesen sind, hat das gut versteckte Lokal, von dem wir reden, zwangsläufig ein wenig Mühe, auf Dauer ein passendes Publikum an sich zu binden.

Die Adresse Kapuzinerstraße 25b klingt zwar recht alltäglich, doch von der Straße aus ist das Lokal nicht zu entdecken. Nur wer um den großen eingezäunten Biergarten des ehemaligen Thomasbräus (heute Paulaner-Bierwirtschaft) herumgegangen ist oder sich durch das Haustor des großen Brauerei-Eckhauses am Kapuzinerplatz nach hinten in den Hof begeben hat, wird den stillen Winkel entdecken, in dem man, von Autos unbehelligt, angenehm im Freien speisen kann. Auch im sachlich ausgestatteten Inneren kann man sich wohlfühlen, da die barhockerhoch aufgeständerten Tische und Stühle alle Schrecken verlieren, sobald man auf ihnen Platz genommen hat.

Gängemenü am Abend Das junge Team des Lokals - der Koch hat bei einigen Großmeistern des Gewerbes gelernt - hält sich strikt an das Konzept, das sich in einigen Restaurants der gehobenen Klasse in München bewährt hat. Die Küche bietet mittags preiswerte Tagesgerichte und abends ein Drei- oder Viergänge-Menü zum Preis von 36 beziehungsweise 44 Euro an.

Wer in diesem Menüvorschlag nicht fündig wird, kann unter zwei oder drei Alternativgerichten wählen oder sich vom Koch mit einem Sondermenü überraschen lassen, dessen Details erst beim Servieren verraten werden. Die passenden Weine zu den einzelnen Gängen werden auf Wunsch individuell zusammengestellt; beim Viergangmenü kostet die Weinbegleitung 22 Euro.

Das kann so aussehen, dass zu einer Hummerbisque, einer wunderbar charakteristisch schmeckenden Cremesuppe mit Hummerbrocken, ein auffällig fruchtiger, aromatischer Lugana serviert wird, der mit dem Krustentiersud bestens harmoniert.

Beim Hauptgang Glück in Reinform Als Zwischengericht gab es an unserem Tag drei Ravioli mit Kürbisfüllung, unter die jeweils eine andere Leckerei gelegt war: Das feine Traubenkompott, die süß-scharfe Marmelade aus roten Zwiebelfäden und das recht naturhaft schmeckende Püree aus grünen Erbsen setzten sich effektvoll voneinander ab. Auf diese Unterschiede reagierte der dazu ausgeschenkte sardische Rosé-Wein von Argiolas überraschend variabel. Allerdings dürfte die Flasche schon einige Zeit offen gewesen sein.

Reines Glück beim Hauptgang: beim irischen Lammrücken mit einem Rioja Gran Reserva. Drei Lammrippen, mit einem feinen, gar nicht hammelig schmeckenden Fettrand, im Ganzen gebraten und dann rosig aufgeschnitten - besser kann Lamm eigentlich nicht zubereitet werden.

Die eigentliche Pointe des Gangs lag aber daneben: ein ausgelöstes saftiges Filet einer frischen Sardine unter einer Weißbrot-Basilikumkruste: Sowohl mit dem Paprikagemüse als auch dem Lamm ging die Andeutung von Fisch eine überraschende Symbiose ein. Für den abschließenden Sauternes schließlich, also den hochklassigen Süßwein, brachten der heiße, innen flüssige Schokoladekuchen, das intensiv vanillig schmeckende Eis und die Erdbeer-Cassis-Reduktion im Töpfchen die nötige Charakterstärke mit.

Wer ein Lokal beurteilen will, kann in der Regel schon an der Qualität des angebotenen Brotes ablesen, welche Absichten die Betreiber haben. Im Ricasso werden hausgemachte, mit Kräutern der Provence, schwarzen Oliven oder getrockneten Tomaten fein aromatisierte kleine Ciabattas beim Eintreffen der Gäste knusprig aufgebacken und mit gewürztem Olivenöl und Meersalz serviert.

Fast fehlerlose Küche Nach einem derart gelungenen Start kann eine Vorspeise dann schon etwas enttäuschend ausfallen, wenn das Stück Steinbutt von einem ziemlich lächerlichen Salatkränzchen umgeben, das zudem deutlich zu süß geraten ist. Zum Glück war dieser Gang der einzige Rückschlag bei unseren Besuchen. Der wunderbar zarte Kaninchenrücken mit einem Ragout aus festen kleinen Pfifferlingen und cremigem Selleriepüree machte den Fehler rasch wieder wett.

Auch die kleinen Abstecher in Richtung Asien gelingen der Küche recht gut. Für eine scharf-würzige Pasta werden die frischen Bestandteile der Curry-Würze eigens aufgekocht und mit Garnelen kombiniert. Das Rindfleisch bezieht der Koch von einem Bio-Bauern, der bei Günzburg Angus-Rinder weiden lässt. Sowohl hauchdünn aufgeschnitten - als Carpaccio - als auch, kurz gebraten, in Trommelform, wird das Filet dieser Tiere jeden Kenner begeistern.

Übrigens: "Ricasso" heißt die "Fehlschärfe" an Schwertern und Messern, also jener Teil der Klinge nahe am Griff, der nicht scharf geschliffen ist. Warum die Betreiber diesen Namen für ihr Lokal ausgesucht haben, bleibt angesichts ihrer nahezu fehlerlosen, feingeschliffenen Küche ein Rätsel.

© SZ vom 14.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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