München heute:Revolution und Rätezeit / Buhrufe beim Antisemitismus-Benefizkonzert

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Der Eisendreher Johann Lehner ist eines der vielen unschuldigen Opfer des "weißen Terrors": Er wurde am 3. Mai 1919 mit einem Rotarmisten verwechselt, der zehn Gefangene hatte exekutieren lassen, und ohne Prozess erschossen - dabei konnte sich Lehner sogar ausweisen. Das Bild kursierte als Postkarte "Der Geiselmörder Seidl". (Foto: SZ-Photo)

Nachrichten und Lesenswertes aus der Stadt.

Von Jakob Wetzel

Ein friedlicher Zivilist wird auf der Straße erschossen. Arbeiter werden aus ihren Betten geholt und hingerichtet. Eine Frau wird im Gefängnis zu Tode gequält, weil sie den politischen Gegner als Sanitäterin unterstützt hat. In diesen Tagen vor genau hundert Jahren wüteten Soldaten und Freikorps in München. Die bayerische Räterepublik ging in einem Strudel aus Mord, Hass und Gewalt unter. Dem Terror der Sieger fielen Schätzungen zufolge mehr als 1000 Menschen zum Opfer, schreibt mein Kollege Joachim Käppner: "Die Maimassaker von München sind das Schlusskapitel der deutschen Revolution 1918/19, geschrieben in Blut."

Vor hundert Jahren endete die Räteherrschaft in München; an diesem Samstag findet damit nun auch eine zehnteilige Serie ihren Abschluss. In zehn Folgen haben SZ-Autoren beschrieben, wie nach dem Mord an Bayerns Ministerpräsident Kurt Eisner am 21. Februar 1919 die Ordnung in München zerbrach, wie Revolutionäre um die Macht stritten und am Ende Bürgerkrieg in den Straßen tobte. Die vollständige Serie ist ab Dienstagabend, 7. Mai, als Sonderausgabe im digitalen Kiosk der SZ verfügbar. Bereits jetzt gibt es einen Podcast, in dem mein Kollege Wolfgang Görl und ich über die Wirren der Rätezeit diskutieren - und darüber, was geblieben ist.

Allzu positiv fällt dieses Urteil nicht aus. Denn die damalige bayerische Staatsregierung und die Reichsregierung in Weimar und Berlin haben Geister gerufen, die nicht mehr verschwinden wollten. Sie schickten "eine Truppe aus rechtsradikalen Freikorps und Militäreinheiten nach München, welche auf die Demokratie spucken", schreibt Joachim Käppner. Die Regierung habe ihre schlimmsten Feinde bewaffnet und gegen von der Kette gelassen - jene Kräfte, die München zur "Hauptstadt der Bewegung" der Nationalsozialisten machen sollten. Aus heutiger Sicht kann man sagen: Die damalige demokratische Regierung hat die Gefahr von rechts unterschätzt - und so hat sie an dem Ast gesägt, auf dem sie selber saß. Und aus dem kurzen Traum, über den der Pazifist Gustav Landauer einst sinnierte, wurde ein Albtraum.

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