Rasanter Anstieg bei Maserninfektionen:Experten warnen vor "Klein-Epidemie"

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Seit Anfang des Jahres sind im Großraum München mehr als 200 Menschen an Masern erkrankt - doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr. Beim städtischen Gesundheitsreferat spricht man bereits von einer "Klein-Epidemie" - und prangert die wachsende Impfmüdigkeit vieler Eltern an.

Monika Maier-Albang

Masern sind eine Kinderkrankheit - dachte man früher und verbunden war mit dem Begriff das beruhigende Gefühl: Wird schon nicht so schlimm sein. "Masern sind keinesfalls harmlos", sagt aber Wolfgang Guggemos, Chef der Infektiologie am Schwabinger Krankenhaus. Er kennt die Patienten, die auf seiner Station mit hohem Fieber, Lungenentzündung, starkem Durchfall, Mittelohrentzündung kämpfen. Und er sieht: Es werden immer mehr.

Immer weniger Kinder in München werden gegen Masern geimpft. Das wird jetzt offenbar zunehmend zum Problem. (Foto: AP)

Seit Anfang des Jahres sind in München und im Umland mehr als 200 Menschen an den Masern erkrankt, allein 147 davon in der Landeshauptstadt. Laut städtischem Gesundheitsreferat (RGU) waren es damit bis Anfang August bereits doppelt so viel Fälle wie im gesamten Jahr 2010. Petra Graf, die im RGU die Abteilung Gesundheitsschutz leitet, spricht von einer "Klein-Epidemie".

Seit Jahresbeginn hatte sich abgezeichnet, dass die Masern-Fälle drastisch zunehmen würden. Denn ist die Krankheit einmal in der Stadt, "wird man sie so schnell nicht wieder los", sagt Graf. Die Viren sind hoch ansteckend - und der Großraum mit vielen Veranstaltungen und eng besetzten U- und S-Bahn-Zügen bietet optimalen Nährboden.

Übertragen wird die Krankheit Guggemos zufolge im "Schneeballsystem": Es genügt, von einer infizierten Person angehustet zu werden. Dabei muss der Betroffene noch nicht einmal wissen, dass er erkrankt ist. Schon fünf Tage bevor sich bei ihm der typische Ausschlag zeigt, kann er Viren unters Volk streuen.

Mit Elternbriefen, Bittbriefen an Ärzte, über die Krankheit aufzuklären, und mit einer Internet-Info-Kampagne versucht das RGU nun, den Masern Herr zu werden. Gerade bei jungen Erwachsenen sei dies aber nicht leicht, sagt Graf, "wir erreichen sie nur schwer". Bei jungen Frauen kommt erschwerend hinzu: Während einer Schwangerschaft kann nicht geimpft werden.

"München trägt die Hauptlast"

Ein weiteres Problem ist die Impfmüdigkeit der Eltern. Die Gefahr, die von den Masern ausgehe, werde generell unterschätzt sagt Guggemos. Im akademisch geprägten München scheint es zudem besonders viele Impf-Verweigerer zu geben. Bayernweit nämlich sind derzeit "nur" 336 Fälle gemeldet. "München trägt also die Hauptlast", so Graf. Wobei der Landkreis München mit 14 Fällen noch relativ gut dasteht.

In der Stadt aber wird die Impfmüdigkeit offenbar zunehmend zum Problem. Dem RGU liegen Zahlen vor, wonach 2008 von den Münchner Erstklässlern nur 84 Prozent gegen Masern-Mumps-Röteln geimpft waren. Für einen optimalen Schutz der Bevölkerung müssten aber mindestens 95 Prozent der Kinder geimpft sein, so Graf.

Auch die Zahlen aus dem Schwabinger Krankenhaus sprechen Bände: Bei zwei Dritteln der Masern-Fälle, die dort auflaufen, sind die Patienten nicht geimpft. Das restliche Drittel war davon ausgegangen, dass ein ausreichender Impfschutz besteht. Tatsächlich aber haben diesen umfassenden Impfschutz erst Kinder, die nach 2001 geboren wurden; seitdem ist eine Doppelimpfung Standard.

Bei Menschen, die sich nicht sicher sind, ob sie geimpft sind, raten Mediziner entweder zur nochmaligen Impfung (die Kosten trägt die Krankenkasse) oder zu einer Titerkontrolle (muss man selbst bezahlen), bei der die Konzentration der Antikörper im Blut bestimmt wird. Wer einmal die Masern hatte, ist immun.

© SZ vom 09.08.2011/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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