Olympiastadion:Das muss man zu den Rammstein-Konzerten in München wissen

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Jubelnde Fans beim Rammstein-Konzert 2019 im Olympiastadion in München. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Band kommt für vier Konzerte nach München, 240 000 Fans werden erwartet. In Hinblick auf die heftigen Vorwürfe ist vor dem ersten Konzert ein Protest für Opfer sexueller Gewalt geplant.

Überschattet von Vorwürfen sexueller Übergriffe tourt die Band Rammstein derzeit durch Europa. Vier Konzerte spielt die Metal-Gruppe allein in München. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wann tritt Rammstein in München auf?

Konzerte in München sind für Mittwoch, 7. Juni, Donnerstag, 8. Juni, sowie Samstag, 10. Juni, und Sonntag, 11. Juni 2023, angekündigt. Die Gruppe tritt im Olympiastadion auf. Die Konzerte beginnen um 19.30 Uhr, Einlass ist um 15.30 Uhr.

Gibt es noch Karten?

Die Konzerte sind laut Rammstein ausverkauft. Unter anderem auf dem Internet-Portal fansale.de, das auf den Weiterverkauf von Veranstaltungstickets spezialisiert ist, gibt es aber ein Angebot. Am Wochenende wurden dort für jedes der Münchner Konzerte um die hundert Karten für Preise zwischen 90 und 155 Euro offeriert, für den Rammstein-Auftritt am Sonntag waren sogar mehr als 370 Karten eingestellt. Auch bei anderen Online-Anbietern waren Angebote zu finden, manche mit Preisen von bis zu knapp 800 Euro pro Ticket.

Wie viele Fans werden erwartet?

Laut Olympiapark München sollen 240 000 Menschen in der Stadt die Konzerte sehen können. Noch nie habe es so viele Besucherinnen und Besucher "bei einer zusammenhängenden Serie von Auftritten" gegeben, schreibt der Austragungsort auf seiner Website und spart nicht mit Superlativen: Von einem "Meilenstein in der Münchner Musikgeschichte und in der Historie des Olympiaparks" ist dort die Rede.

Welche Rolle spielt das München-Gastspiel für Rammstein?

Die Konzerte waren als eines der Highlights der aktuellen Tour geplant. Bis zum 5. August will die Band in 16 europäischen Städten 30 Mal auftreten. In keiner anderen Stadt aber gastiert sie vier Mal. In Deutschland soll sie lediglich noch in Berlin zu erleben sein - im Juli, dreimal.

Was wird Rammstein derzeit vorgeworfen?

Nach dem ersten Konzert der Tour, das am 22. Mai in Litauens Hauptstadt Vilnius stattfand, erhob die Irin Shelby Lynn in den sozialen Medien schwere Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann auf. Eine Mitarbeiterin der Band soll sie und andere junge Frauen bei dem Konzert in Vilnius ausgewählt und ihnen Backstage-Zugang versprochen haben. Offenbar sollte es dort zum Sex zwischen Lindemann und ihr kommen, berichtete die Konzertbesucherin. Sie habe das abgelehnt, was Lindemann offenbar akzeptierte.

In den sozialen Medien äußerte sie zudem den Verdacht, dass ihr und anderen Fans Drogen verabreicht worden sein könnten, um sie gefügig zu machen. Weitere Frauen berichteten daraufhin in den sozialen Medien, dass sie quasi gecastet worden seien, um mit Lindemann Sex zu haben. Im Rahmen von Recherchen von SZ und NDR berichteten einige der Frauen anonymisiert über das mutmaßliche System, dem sie zum Opfer gefallen sein sollen. Rammstein hat die Vorwürfe bestritten: "Uns sind keine behördlichen Ermittlungen dazu bekannt", schrieb die Gruppe nach ihrem Konzert in Vilnius bei Twitter.

Am Samstag meldete sich die Band nach der zunehmenden Kritik auf Instagram zu Wort. "Durch die Veröffentlichungen der letzten Tage sind in der Öffentlichkeit und vor allem bei unseren Fans Irritationen und Fragen entstanden", schrieb Rammstein. "Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie außerordentlich ernst." Dass die Fans sich sicher fühlen könnten, sei der Band wichtig - "vor und hinter der Bühne". "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge." Gleichzeitig betont die Gruppe: "Wir, die Band, haben aber auch ein Recht - nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden."

Recherchen der Welt am Sonntag zeichnen allerdings ein ähnliches Bild wie die von SZ und NDR. Nach Informationen der Zeitung hat die Polizei von Vilnius im Laufe der Woche ein fünfstündiges Videoverhör mit Shelby Lynn durchgeführt und ein Aktenzeichen angelegt. In der kommenden Woche wolle die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie Ermittlungen einleite.

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Bereits vor Jahren geriet Lindemann mit Gedichten in die Kritik, in denen er sein lyrisches Ich über Vergewaltigungen fantasieren ließ - mit erstaunlichen Parallelen zu den jetzt erhobenen Vorwürfen: "Etwas Rohypnol im Wein (etwas Rohypnol ins Glas) / Kannst dich gar nicht mehr bewegen / Und du schläfst / Es ist ein Segen", schrieb Lindemann in einem Gedicht mit dem Titel "Wenn du schläfst". Der Verlag Kiepenheuer & Witsch, in dem das Gedicht erschien, hat die Zusammenarbeit mit Lindemann am Freitag mit sofortiger Wirkung beendet. Zur Begründung heißt es unter anderem: "Im Zuge der aktuellen Berichterstattung haben wir Kenntnis erlangt von einem Porno-Video, in dem Till Lindemann sexuelle Gewalt gegen Frauen zelebriert."

Was bedeuten die Vorwürfe für die Auftritte in München?

Die vier Konzerte in München sollen wie geplant stattfinden, sagt Veranstalter Frank Bergmeyer von Propeller Music: "Alles läuft, wie es von Anfang an geplant war." Die Olympiapark GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadt München, geht ebenfalls davon aus, dass die Konzerte wie vorgesehen stattfinden werden. "Würden sich die erhobenen Vorwürfe bestätigen, wäre dies absolut verurteilungswürdig", teilt ein Sprecher auf Anfrage der SZ mit. "Wir möchten in diesem Zusammenhang festhalten, dass die Olympiapark München GmbH bei Konzerten Vermieterin des Olympiastadions ist. Für die Security und Zugangsberechtigungen in Backstage-Bereiche ist ausschließlich der Veranstalter zuständig."

Die Grünen im Münchner Stadtrat bereiteten am Wochenende einen Antrag vor, um die sogenannte "Row Zero" bei den Rammstein-Konzerten verbieten zu lassen - "aus Sicherheitsgründen". In diesem abgetrennten Bereich vor der Bühne sollen Frauen gecastet worden sein, die später vor allem Sänger Lindemann zugeführt worden sein sollen. Diesen abgetrennten Bereich soll es in München so nun offenbar nicht mehr geben, wie am Montag vor dem ersten Konzert bekannt wurde. Auch die Einführung von Safe Spaces und Awareness-Teams soll demnach geprüft werden.

Aus Protest gegen die aktuellen Vorwürfe rund um die Rammsteinkonzerte und Till Lindemann ist am Mittwoch, 7. Juni, eine Solidaritätsveranstaltung für Opfer von sexueller Gewalt geplant. Diese wird auf dem Lilian-Board-Weg, Höhe Coubertinplatz stattfinden, also in unmittelbarer Nähe zum Olympiastadion. Los gehts um 18 Uhr, Ende soll gegen 20 Uhr sein.

Kann man die Konzertkarte nach den Vorwürfen zurückgeben?

Nein. Karten aufgrund dieser Vorwürfe zurückzugeben, ist rechtlich nicht möglich, heißt es vom Veranstalter Propeller Music. Die Eintrittskarten sind personalisiert, weshalb sie nicht ohne Weiteres weitergegeben werden können. Wer ein Ticket verkaufen möchte, kann dies aber über die Plattform Fansale tun. Die Plattform kann auch genutzt werden, um Karten an Freunde oder Bekannte übertragen zu lassen.

Welche Vorband spielt?

Das Duo Abélard aus Frankreich begleitet die Band auf Tour. Die beiden Pianistinnen Héloïse Hervouët and Emilie Aridon-Kociolek veröffentlichen am 9. Juni ihr Album mit Klaviereinspielungen bekannter Rammstein-Songs.

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