Ramersdorf:Wie auf Schienen

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Die Faszination für Eisenbahnen in Miniaturform ist ungebrochen, wie sich bei einer Ausstellung im MVG-Museum zeigt. Dennoch berichten Modellbau-Vereine von Nachwuchssorgen. Hemmungen haben potenzielle Einsteiger wegen technischer Herausforderungen

Von Sophia Allenstein, Ramersdorf

Buntgestrichene Gründerzeithäuser prägen das Stadtbild, VW Käfer und ein Africola-Laster beleben die Straßen. In der Ferne: rauchende Schornsteine. An einer Haltestelle wartet eine Frau auf eine historische Straßenbahn mit Tonnendach, die unter den Oberleitungen munter ihre Runden auf den Schienen zieht. Solch einen Zeitsprung in die Sechzigerjahre bot Berthold Dietrich-Vandoninck den Besuchern der Modellbahnausstellung im MVG-Museum am Wochenende - im Maßstab 1:87. Zwanzig Aussteller, darunter Privatpersonen und Vereine, präsentierten ihre Loks und Anlagen: von der 300 Kilogramm schweren Mehrzwecklok der Deutschen Bundesbahn, Marke Eigenbau, bis zu leichtgewichtigen Schienenbussen im Maßstab 1:160.

Ein nachlassendes Interesse am Hobby Modellbau war hier kaum zu spüren: 3500 bis 4000 Besucher lockt die Ausstellung nach Angaben des Veranstalters, den MVG Modellbahnfreunden, an den Öffnungstagen in das Museum. Tendenz: steigend. Ein wachsendes Interesse bestätigte Ernst Stegmeier von den Eisenbahnfreunden Vaterstetten. So habe es zwar vor zehn, 15 Jahren eine Krise gegeben, verursacht durch überteuerte Modelle, die nicht der Nachfrage der Interessenten entsprochen hätten. Auch das aufkommende Internet habe mit dem Modellbau konkurriert. Nachwuchsprobleme kennt der Verein jedoch nicht, betont Stegmeier. Denn die Hälfte seiner 80 Mitglieder sei unter 20 Jahre alt. Das Erfolgsrezept: "Die Kinder dürfen bei uns das bauen, was sie wollen." Mit 80 Modulen, jedes einen Meter lang, haben die Eisenbahnfreunde Vaterstetten (Landkreis Ebersberg ) zudem "die größte transportable Inbahn-Anlage in Besitz eines Vereins", glaubt Stegmeier. Von anderen Vereinen wünscht er sich allerdings noch mehr Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit, viele hätten dort Angst, etwas falsch zu machen.

Diese Angst identifiziert auch Florian Aigner vom Dampfbahnclub Aßling (Landkreis Ebersberg) mitunter bei potenziellen Einsteigern, die sich gleich an größere Modelle wagen wollen. Die Interessenten hätten dann Hemmungen, womöglich technischen Herausforderungen nicht gewappnet zu sein.

In der Tat ist es eine kleine Wissenschaft, die Dampfloks des Clubs in den Maßstäben 1:8, 1:11 und 1:3 zum Laufen zu bringen. Bei einer Fehlbedienung könne der Kessel und die Maschine zerstört werden, erklärt Florian Aigner. Man müsse den Umgang mit der sensiblen Dampftechnik erst erlernen und überdies verstehen: "Eine Dampflok ist in der Bedienung ehrlich, wenn man Fehler macht, fährt sie nicht." Aber das gehört eben dazu, zur Faszination Dampf.

Einige Stände weiter funktioniert die Steuerung der Schienenfahrzeuge digital per App. Hier möchte Bernhard Blechinger, Mitglied des Vereins GermanTrak, mit origineller Landschaftsgestaltungen Interessenten gewinnen. Neben den Schienen hat Blechinger das US-Präsidenten-Denkmal am Mount Rushmore nachgebildet - mit einer winzigen Anpassung. Neben den Köpfen von Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln prangt ein Foto von Trump. Das polarisiere, zaubere aber 90 Prozent der Besucher ein Lächeln ins Gesicht, versichert der Macher. Das augenzwinkernde Bild Trumps ist nicht die einzige Besonderheit der Anlage: So repariert nebenan "Dr. Brown" im weißen Kittel einen DeLorean-Sportwagen in der Scheune einer Wild-West-Stadt: eine Anspielung auf ein Sequel der Filmreihe "Zurück in die Zukunft". "Das Fahren der Züge ist nicht nebensächlich, aber der Landschaftsgestaltung kommt etwa zum gleichen Teil Bedeutung zu,"sagt Blechinger.

Dünne Sägen, Feilen, Sekundenkleber und Acrylfarbe gehören zum Grundarsenal der Modellbauer. Aus Styrodur gestaltet Blechinger Landschaften; der Boden wird mit Sand und Farbe versehen und mit Spezialkleber verleimt. Weiterhin sind auch die Züge der Anlage einen zweiten Blick wert. Kaum ein Ende nehmen die Waggonreihungen: 65 Waggons auf insgesamt acht Metern Zuglänge reihen sich aneinander. Spezialisiert hat sich der Modelleisenbahner Blechinger auf nordamerikanische Züge mit Doppelstockcontainern - im Original bis zu zwei Meilen lang. Zumindest bei den Kindern kommt das gut an - freudig folgen sie den Runden der Züge, die für eine Tour 22 Meter zurücklegen.

© SZ vom 10.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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