Ramersdorf:Verheddert im Erdbeerfeld

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Vom Wolf-Huber-Weg bis zur Ottobrunner Straße erstreckt sich das Areal, für das bis heute noch kein Bebauungsplan aufgestellt werden konnte. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Bezirksausschuss beharrt auf Veränderungssperre und zügiger Neuplanung für die Freifläche an der Ottobrunner Straße

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Seit mittlerweile rund dreißig Jahren ringen Stadt und Grundstückseigentümer um eine Bebauung des umgangssprachlich als "Erdbeerfeld" bezeichneten Areals. Damit gemeint ist der Umgriff des Bebauungsplans 1638, der im Westen von der Ottobrunner Straße, im Norden vom Diakon-Kerolt-Weg, im Osten vom Wolf-Huber-Weg und im Süden von der Gleißnerstraße begrenzt wird. Anwohner der Erminold- und Berger-Kreuz-Straße haben im Sommer erneut einen Versuch gestartet, den Weg zu einer geordneten Entwicklung der Fläche zu ebnen: Sie regten in der Bürgerversammlung für Ramersdorf an, eine Veränderungssperre zu erlassen. Aus Sicht der Initiatoren hätte dies zwei Vorteile gebracht: Zum einen dürfte das Gebiet nicht weiter Stück für Stück nach Paragraf 34 Baugesetzbuch zugepflastert werden. Zum anderen hätte die Stadt damit genügend Zeit gewonnen, einen Bebauungsplan zu entwickeln.

Vom Planungsreferat wird ein solches Vorgehen jetzt allerdings abgelehnt - was wiederum der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach auf Empfehlung seines Unterausschusses Bauvorhaben, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung abgelehnt hat. Doch der Reihe nach. In einer Beschlussempfehlung, die den BA zur Stellungnahme erreicht hatte, skizzierte das Planungsreferat den Stand der Planung. So fasste der Stadtrat 1988 für das Areal einen Aufstellungsbeschluss für eine Bauleitplanung, 2000 folgten die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und Träger öffentlicher Belange. Da aus diesen Verfahren sehr viele Einwände zum Verkehr hervorgingen, wurde ein Workshop zum Verkehrskonzept abgehalten. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden dann in einem verkehrlichen Grundsatzbeschluss für den besagten Bebauungsplan 1638 festgehalten. "Trotz der intensiven Werkstattgespräche und mehrerer Informationsabende konnten nicht alle im Umgriff liegenden Eigentümer und Eigentümerinnen zur Mitwirkung gewonnen werden, daher ruht die Planung seither", zieht das Planungsreferat jetzt Bilanz. Erst wenn die Mitwirkungsbereitschaft aller Eigentümer vorliege, könne man das Verfahren fortsetzen.

Derzeit verhandele die Stadt, wie es weiter heißt, mit einem im Umgriff liegenden Eigentümer, der sein Grundstück zum Tausch angeboten habe. Gemeint sein dürfte damit der Tausch des öffentlichen Bolzplatzes an der Adam-Berg-Straße gegen ein Areal, das den Inhabern des Gartencenters Seebauer gehört. Jedenfalls wäre die Stadt mit Besitz dieser Fläche zweitgrößte Eigentümerin im Umgriff des Bebauungsplans, womit sich die Chancen auf dessen Realisierung erhöhen würden, erklärt das Planungsreferat.

Zur von den Bürgern geforderten Veränderungssperre merkt das Referat an: Diese laufe grundsätzlich nach zwei Jahren aus und "würde für den Fall einer Verlängerung beziehungsweise eines erneuten Erlasses nach vier Jahren eine Entschädigungspflicht hervorrufen". Da für die Stadt derzeit nicht absehbar sei, wann das Verfahren wieder aufgenommen werden könne, sei eine Veränderungssperre aktuell nicht zielführend.

Diese Argumente mögen schon richtig sein, antworteten darauf die Lokalpolitiker. Doch sie ziehen komplett entgegengesetzte Schlüsse aus einer möglicherweise drohenden Entschädigungspflicht: Gerade dieser Umstand würde wohl eher zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen, da die städtische Verwaltung dann gezwungen wäre, selbst planerische Maßnahmen einzuleiten. Diese würden eine Bebauung entsprechend den städtischen Vorgaben dann jedenfalls sicherstellen. "Tatsache ist, dass die Verwaltung hier seit 20 Jahren nichts, aber auch gar nichts getan hat", um dieses Gebiet im Sinne einer ordentlichen Stadtplanung zu entwickeln, lautet das wenig schmeichelhafte Urteil des Bezirksausschusses in seiner Stellungnahme. Stattdessen sei das Gebiet den privaten Eigentümern überlassen worden, "die nun scheibchenweise ein Baurecht nach Paragraf 34 Baugesetzbuch reklamieren und damit einer unkontrollierten und ungeplanten Entwicklung des Gebietes Vorschub leisten".

Völlig unverständlich ist für die BA-Mitglieder auch die Aussage der Verwaltung, wonach das 2000/2001 erarbeitete Verkehrskonzept weiterhin im Grundsatz den aktuellen Stand der Planung wiedergeben solle. "Die Verkehrsverhältnisse haben sich in den vergangenen 18, 19 Jahren, wie jeder weiß und wie täglich zu sehen ist, durchaus in beträchtlichem Umfang geändert", kritisiert der BA, wobei man einen leicht ironischen Unterton herauszuhören glaubt. Jedenfalls gelte es, die vor fast zwei Jahrzehnten erarbeiteten Grundsätze zu überprüfen, neu zu erörtern und bei der Aufteilung und Gestaltung der Verkehrsflächen die mittlerweile geänderten Anforderungen zu berücksichtigen.

Die Sitzungsvorlage für den Stadtrat ist nach Meinung der Mitglieder des örtlichen Bezirksausschusses "in maßgeblichen Punkten falsch, in jedem Falle nicht nachvollziehbar". Sie empfehlen daher, diese abzulehnen und im Gegenzug das Referat für Stadtplanung und Bauordnung aufzufordern, diese nochmals zu überarbeiten.

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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