Ramersdorf:Mut zur großen Lösung

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Größere Verkehrsinsel: Der Ortskern mit der Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf ist nahezu Tag und Nacht von Autos eingekreist. (Foto: Robert Haas)

Verein Mores fordert, den Verkehr radikal zurückzudrängen, damit die Sanierung des Ortskerns Ramersdorf gelingt

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

In nicht allzu ferner Zukunft sollten die Ramersdorfer erkennen können, ob der Oberbürgermeister seinen Worten auch Taten folgen lässt - am Beispiel der Sanierung und Neuordnung des Ortskerns und der Mustersiedlung. Denn Dieter Reiter (SPD) hat in den vergangenen Wochen mehrmals angekündigt, 2019 zum Jahr mutiger verkehrspolitischer Entscheidungen zu machen. Und genau solcher Mut wäre gerade bei dem denkmalgeschützten Ensemble gefragt. Zumindest sehen das die Mitglieder des Vereins Mores (Mustersiedlung und Ortskern Ramersdorf für den Ensemble-Schutz e.V.) so.

Tatsächlich schöpfen sie und ihr Vorsitzender Jens Neugebauer nach Reiters Ankündigung, in der Verkehrspolitik radikal umzusteuern, auch neue Hoffnung für die Gestaltung des Sanierungsgebietes. "Bislang ist das ja eine Einfallschneise von der Autobahn bis zum Mittleren Ring." Wenn also Reiter und der Stadtrat die Mobilitätswende für ganz München erreichen wollen, die Autos aus der Altstadt verbannen sowie die Verkehrsströme insgesamt einschränken wollen, "dann wäre Ramersdorf doch ein idealer Ausgangspunkt für ein Pilotprojekt", schlägt Neugebauer vor. "Der Handlungsbedarf ist hier am größten." Und auch für den Ramersdorfer Ortskern und die Mustersiedlung sei halt der Verkehr das größte Problem. Und solange sich daran nichts ändere, seien auch alle Versuche zum Scheitern verurteilt, dem Quartier rund um die berühmte Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf wieder mehr Aufenthaltsqualität zu bescheren.

Der eine Grund, warum sich Mores beziehungsweise Neugebauer gerade jetzt zu Wort melden, liegt also an den aktuellen Verlautbarungen aus dem Rathaus. Der andere Grund hat mit Verfahrensabläufen zu tun, nachzulesen im Beschlussvorschlag des städtischen Planungsreferats: Die planungsrechtlichen Grundlagen für die Verlegung der Rosenheimer Straße sowie die Nachverdichtung auf den frei werdenden Flächen mit einem Nahversorgungsbereich und Wohnen seien mit dem derzeitig gültigen Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 1984 nicht festgelegt, heißt es in dem Papier. Die Änderung des Flächennutzungsplanes mit integrierter Landschaftsplanung, die Aufstellung eines Bebauungsplanes mit Grünordnung für den Bereich Rosenheimer Straße mit gleichzeitiger Qualifizierung des Aufstellungsbeschlusses Nr. 1508 sowie die Teiländerung des Bebauungsplanes Nr. 171b werde hiermit zur Beschlussfassung vorgeschlagen. Und weiter: "Die Qualifizierung des Aufstellungsbeschlusses stellt gleichzeitig die Konkretisierung der Sanierungsziele im Sanierungsgebiet ,Ortskern Ramersdorf' dar. Sie werden daher auch zur Beschlussfassung vorgeschlagen." Anders formuliert, bedeutet das für Neugebauer und seine Mitstreiter: Noch sind nicht alle Pflöcke eingeschlagen, noch könnte die Verwaltung ihre Vorschläge aufgreifen. "Man muss jetzt die Politiker und die Öffentlichkeit mobilisieren, solange noch Einfluss auf den Aufstellungsbeschluss genommen werden kann", sagt Neugebauer.

Dafür gibt es nach Meinung der Mores-Mitglieder angesichts der aktuellen Planungen auch triftigen Anlass: So war die Mustersiedlung im Ursprung auf den Ortskern Ramersdorf hin ausgerichtet, die Mustersiedler haben sich auch immer zum Ortskern zugehörig gefühlt. "Aber die jetzt vorgesehene Trassenführung der Rosenheimer Straße und der Lärmschutzwall führen zu einer verstärkten funktionalen und optischen Trennung zwischen Ortskern und Mustersiedlung. Der Ortskern wird auch nach der Sanierung ,tot' bleiben, weil er auf allen Seiten durch Hauptverkehrsstraßen abgeschnitten ist. Auch Ramersdorf Ost bleibt abgeschnitten", kritisiert der Verein. "Eine Belebung des Quartiers gelingt nicht, wenn man nicht gleichzeitig auch die Insel-Situation auflöst", ergänzt Neugebauer. Naheliegend wäre es deshalb, die stadteinwärts führende Spur der Rosenheimer Straße zu sperren beziehungsweise rückzubauen. Außer einer Verringerung der Verkehrsbelastung würde man so auch noch zusätzlichen Raum für die Neugestaltung des Ortskerns gewinnen. Wäre das nicht ein sinnvolles Detail eines gesamtstädtischen Verkehrskonzeptes, von dessen Notwendigkeit gerade so viel die Rede ist, fragt er sich.

Ein weiterer für Mores entscheidender Kritikpunkt lautet: Der aktuelle Rahmenplan beschränkt sich auf einen zu eng gewählten Umgriff. Man befürchte, dass dadurch Möglichkeiten einer großräumigeren Neugestaltung verloren gehen, insbesondere um den Verkehrsknoten herum, den das Ende der Salzburger Autobahn und der Mittlere Ring bilden. Die Stadt hätte längst mit der zuständigen Autobahndirektion darüber ins Gespräch kommen müssen. Doch statt auf Lösungsvorschläge blicke man heute nur auf viele verlorene Jahre zurück. Angesichts dieser und anderer Versäumnisse, wie zum Beispiel dem Verlust des Denkmalschutzes für den Alten Wirt, stehe die Stadt bei den Ramersdorfer Bürgern tief in der Schuld. "Ramersdorf hat leider nicht die Lobby, die es verdient", sagt Neugebauer. Das soll sich jetzt endlich ändern.

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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