Ramersdorf:Lauter Sieger

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Überragend im Viertel: "Auf geht's" heißt die zwölf Meter hohe Kinderfigur vor der Führichschule. (Foto: Robert Haas)

Bei der Bürgerversammlung in Ramersdorf finden sich sowohl für als auch gegen den Erhalt des Bolzplatzes an der Adam-Berg-Straße Mehrheiten

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Die kontroverse Diskussion um die Expansionspläne des Gartenbaucenters Seebauer hat eine Fortsetzung in der Bürgerversammlung für Ramersdorf gefunden. Dabei führte das Abstimmungsverhalten der rund 90 Zuhörerinnen und Zuhörer, die am Donnerstagabend in die Turnhalle der Führichschule gekommen waren, zu einem widersprüchlichen Ergebnis: Sowohl die Anträge von Gegnern wie auch von Befürwortern des Projekts fanden Mehrheiten.

Ein Grund, warum der Versammlungsleiter, CSU-Stadtrat Marian Offman, mehrmals genau hinschauen musste, wenn die Stimmkarten nach oben gingen. So wie beim Antrag eines Anwohners der Emdenstraße, der sich für den Erhalt des Bolzplatzes "zu Erholungs-und Freizeitzwecken" aussprach. Das Grün sei eine unverzichtbare Ausgleichs- und Sozialfläche. Die vorgesehene Bebauung - in der Hauptsache Mitarbeiterwohnungen und eine Vergrößerung der Betriebsgebäude - empfand er als Fremdkörper. Außerdem trage dies zur weiteren Flächenversiegelung und zu mehr Verkehr bei. Wobei der Anwohner das Bauvorhaben nicht grundsätzlich ablehnen wollte: Er wünschte sich aber eine gemeinschaftlich von der Firma Seebauer und den Nachbarn erarbeitete Lösung. Eine Mehrheit der Bürgerversammlung sprach sich für diesen Antrag aus.

Das gleiche geschah, als sich Siegfried Mößner für den dauerhaften Erhalt der Freizeitfläche an der Adam-Berg-Straße aussprach. Und auch die Forderung von Doris Kubista fand mehrheitlich Unterstützung. Wenngleich ihr Antrag in entscheidenden Aspekten davon abwich: Am Südende der Adam-Berg-Straße solle ein kleiner Park geschaffen werden. Zu dem Zweck müsste man die Straße ab der Lkw-Zufahrt der Firma Seebauer bis zum Ende der Sackgasse zurückbauen, die bestehende Asphaltdecke also entfernen. Damit würde man dann gewissermaßen in nächster Nachbarschaft Ersatz an Grünflächen schaffen, wenn der Bolzplatz wegen der wachsenden Wohnraumnot als Bauland genutzt werden muss. Der Vorschlag von Margot Sickinger, den Bolzplatz gleich ganz aufzulassen, fiel hingegen durch.

Eindeutig für die Expansionspläne der Firma Seebauer sprach sich Ingrid Buchmann aus. Sie forderte, dass deren Bauvoranfrage nicht weiter behindert und verzögert werde durch verschiedene Initiativen. Es gebe viele "leise" echte Anwohner, die der Meinung seien, dass hier lieber Seebauer bauen sollte als ein beliebiger Investor, der dann so dicht baue, wie es schon entlang der Ottobrunner Straße üblich sei. Der Applaus für ihren Beitrag schlug sich dann auch in Stimmen nieder: Mit 36 zu 32 beschloss die Bürgerversammlung den Antrag. Kurioses Fazit des Abends: Gegner ebenso wie Befürworter dürfen sich gleichermaßen bestätigt fühlen.

Wie sich die Entwicklung im Stadtviertel besser gestalten ließe, dazu hatte Philipp Gruber einen Antrag parat. Darin wird die Einführung einer "Stadtteilkonferenz" nach dem Vorbild Berg am Laims gefordert. Gruber und seine Mitstreiter unter anderem von der Schutzgemeinschaft Ramersdorf begründen dies damit, dass Ramersdorf ein Stiefkind der Stadtentwicklung sei. Autoverkehr, Nahverkehr, Grünstruktur, Bildung und Kultur seien bislang Leerstellen. Leerstellen, die die Bürger füllen sollten, indem sie in die Planungen mit eingebunden werden. Mit einer Stadtteilkonferenz könnte bei den Bürgern einerseits mehr Verständnis für Veränderungen erreicht werden. Andererseits könnten die Bürger auch wichtige Impulsgeber sein. Die Idee, städtische Planungsvorhaben durch Initiativen aus der Bürgerschaft zu ergänzen, fand offenbar Anklang - und eine Mehrheit der Versammlung.

Eine Stadtteilkonferenz könnte man dann vielleicht zur Ortskernsanierung Ramersdorfs einberufen. Dass offenbar Bedarf besteht, zeigten die Forderungen von Jens Neugebauer, dem Vereinsvorsitzenden von Mores (Mustersiedlung Ortskern Ramersdorf Ensembleschutz). Seinem Antrag stimmte eine große Mehrheit zu. Neugebauer warnte, dass die Ortskernsanierung Makulatur bleiben werde, solange die Verkehrsprobleme nicht gelöst sind. Seine Kernforderungen: Erweiterung des Planungsumgriffs bis Autobahnknoten und Innsbrucker Ring. Dort sollte eine Mobilitätsstation eingerichtet werden, die verschiedene Verkehrssysteme miteinander verknüpft. Letztlich soll die Zahl der Pendler, die mit eigenem Auto auf der Rosenheimer Straße unterwegs sind, reduziert werden. Dies sowie Tempo 30 auf der gesamten Rosenheimer Straße ab Mittlerem Ring plus einer Wiederbelebung der Trambahn bis zum Gasteig/Isartor sind laut Neugebauer Bedingung dafür, dass der Ortskern aus seiner Insellage befreit wird.

Für einen Hilferuf nutzte Hans Jürgen Öllinger, Präsident des SV Stadtwerke München, die Bürgerversammlung. Wegen der erneuten Umplanung des Trambahnbetriebshofs droht den Sportlern der Verlust ihrer Halle an der Lauensteinstraße. 1400 Mitglieder, insbesondere Kinder, seien davon betroffen, "doch mit uns spricht kein Mensch", kritisierte Öllinger. Das will Thomas Kauer (CSU), der Vorsitzende des Bezirksausschusses, ändern, er versprach ihm "volle Unterstützung".

© SZ vom 29.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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