Prozess:"Viel Fantasie notwendig"

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Staatsanwälte weisen Vorwurf im Doppelmord-Prozess zurück

Von Christian Deussing

Die Vorwürfe wiegen schwer, die Staatsanwälte schenken ihnen jedoch keinen Glauben. Im Prozess um den sogenannten Starnberger Dreifachmord sagten die Verteidiger des Hauptangeklagten Maximilian B., ihr Mandant sei von der Polizei in einer Zelle erniedrigt, misshandelt und gefoltert worden. Geschehen sei dies am 23. Januar 2020, nach der Verhaftung des 21-Jährigen aus Olching. Es sei "viel Fantasie notwendig, um solche Vorwürfe zu erheben", so die Staatsanwaltschaft am Dienstag. Die Entkleidung des Verdächtigen zur erkennungsdienstlichen Behandlung, um die es dabei unter anderem geht, sei nach Vorschrift erfolgt. In der Arrestzelle der Kripo Fürstenfeldbruck, wo Maximilian B. laut Polizei gestanden und den Mitangeklagten Samuel V. als angeblichen Komplizen belastet haben soll, habe es auch keine Vernehmung gegeben. Die Anwälte dagegen hatten von "verbotenen Vernehmungsmethoden" gesprochen, zudem sei das Verhör nicht aufgezeichnet worden.

Vor Gericht schilderte der Leiter des Erkennungsdienstes Eindrücke vom Tatort in dem Starnberger Haus. Der 21 Jahre alte Sohn des getöteten Ehepaars habe mit einem Kopfschuss im Bett seines vermüllten Zimmer gelegen, eine Pistole von Glock in der rechten Hand. Die Leichen der Eltern seien bei der Ankleide und im Ehebett gefunden worden. Auch im Erdgeschoss war Blut, es stammte aber vom angeschossenen Familienhund. Der Beamte erklärte in der Verhandlung, der Tatort sei geschickt wie ein Doppelmord und Suizid inszeniert worden. Die Schmauchspuren an der Hand des toten 21-jährigen Büchsenmacherlehrlings sah der Ermittler als kein verlässliches Indiz dafür, dass dieser selbst geschossen habe. Einbruchspuren seien zwar nicht gefunden worden, aber einiges habe merkwürdig gewirkt, etwa sei das Handy des Sohnes nicht auffindbar gewesen.

Erneut aussagen musste ein 19-Jähriger, der mit dem toten Lehrling und dem unter Mordverdacht stehenden Maximilian B. befreundet war. Rechtsanwalt Alexander Stevens, der den mitangeklagten Samuel V. vertritt, befragte ihn hartnäckig. Er wollte wissen, ob der Sohn einen Amoklauf geplant und mit ihm darüber gesprochen habe. Der Zeuge sagte, dass er sich nicht genau erinnere - auch nicht daran, von dem Starnberger an Silvester mit einer Waffe bedroht worden zu sein. Der 19-Jährige wirkte verunsichert und verängstigt. Die Vorsitzende Richterin Regina Holstein gewährte ihm für weitere Vernehmungen einen Zeugenbeistand.

© SZ vom 08.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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