Prozess:Viel Alkohol, wenig Hemmung

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Omar A. soll einen Bekannten mit einem Messer angegriffen haben

Von Andreas Salch

Er habe schon immer nach Deutschland gewollt, sagt Omar A. Vermutlich aber nicht unter diesen Umständen. Im Mai 2015 sei er vor dem Terror der militanten islamistischen Al-Shabaab-Bewegung aus seiner Heimat Somalia am Horn von Afrika geflohen, so der 25-Jährige. Er kam, wie so viele Tausende andere Flüchtlinge auch, mit einem Boot über das Mittelmeer nach Italien. Für den Transfer zahlte er Schleusern etwa 6500 US-Dollar. "Ich möchte hier leben, aufhören Alkohol zu trinken, und wenn Allah es erlaubt, möchte ich hier eine Ehefrau finden", erklärt Omar A. am Montagmorgen vor dem Schwurgericht am Landgericht München I. Der 25-Jährige soll in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in der Centa-Hafenbrädl-Straße versucht haben, einen Mitbewohner zu ermorden.

Nachdem Omar A. einen Asylantrag gestellt hatte, gab es für ihn erst einmal nichts zu tun. Zu arbeiten sei ihm nicht erlaubt gewesen. Der 25-Jährige vertrieb sich mit Mitbewohnern die Zeit. Alkohol, vor allem Bier, spielte dabei offenbar eine große Rolle. Bis zu 15 Halbe habe er mitunter an einem Tag getrunken, berichtete A. einem psychiatrischen Sachverständigen. Dazu eine Flasche Wodka, 0,7 Liter. Wie er sich da gefühlt habe, fragt Richter Michael Höhne den Angeklagten. "Besoffen", lautet die Antwort. Auch am 31. August vergangenen Jahres soll das der Fall gewesen sein. Omar A. saß mit anderen Asylbewerbern in einem Zimmer der Unterkunft. Über den Tag verteilt habe er sieben Bier und eine halbe Flasche Jägermeister getrunken und kaum etwas gegessen.

In den frühen Morgenstunden des 1. September hatten die jungen Männer kein Bier mehr. Darüber kam es zum Streit. Der 27-jährige Mohamed M. soll den Vorschlag gemacht haben, an einer nahegelegenen Tankstelle neues zu holen. Omar A. sollte bezahlen. Doch der wollte nicht. Er behauptete, er habe kein Geld mehr. Dann eskalierte die Situation. Mohamed M. habe ihm die Geldbörse abgenommen, so A. Zwei seiner Freunde hätten ihn festgehalten. Dann habe der 27-Jährige ihm mit der Faust mit solcher Wucht ins Gesicht geschlagen, dass sein Kiefer gebrochen sei. Daraufhin soll M. von seinem Opfer abgelassen haben. Doch die Auseinandersetzung war damit nicht beigelegt. Er habe das Zimmer verlassen, so A. "Ich bin wütend geworden, ich war betrunken. Dann sei "das mit dem Messer passiert." Der 25-Jährige holte ein Küchenmesser mit einer mindestens zehn Zentimeter langen Klinge, das er in seinem Zimmer aufbewahrte, sei zurück auf den Flur und habe auf Mohamed M. eingestochen. "Es war ein kleines Stichlein", versichert Omar A. Sein Motiv sei "Rache" gewesen. Insgesamt erlitt Mohamed M. drei Stichverletzungen am Rücken sowie zwei Schnittverletzungen am Bauch. Laut Anklage bestand "abstrakte Lebensgefahr." Der Prozess dauert an.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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