Polizei:17-jährige Nigerianerin rettet sich vor Zwangsprostitution

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  • Eine 17-jährige Nigerianerin wurde von der Mutter verkauft und von Schleppern nach Europa gebracht.
  • Von einer nun Angeklagten sollte sie verschleppt und zur Prostitution gezwungen werden. Ein Notruf bei der Polizei rettete sie.

Von Susi Wimmer

Es ist von Voodoo-Zauber und "Tschu-Tschu" die Rede, im Amtsgerichtssaal A 225. Auf der Anklagebank sitzt eine dunkelhäutige Frau mit blauen Rastazöpfen und weißem Rosenkranz-Kreuz um den Hals. Sie soll versucht haben, die 17-jährige Nigerianerin Yola ( Name geändert) nach Belgien zu verschleppen und sie zur Prostitution zu zwingen. Am Ende kommt die Angeklagte Tina O. mit einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren davon. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Yola nur eines von vielen jungen Mädchen aus Nigeria ist, die von Schleppern nach Europa gebracht und mit vermeintlich bösem Zauber zur Prostitution gezwungen werden. In Yolas Fall sieht es sogar so aus, als ob ihre eigene Mutter sie quasi verkauft hat.

Die Stimme der 40 Jahre alten Tina O. klingt überraschend weich und leise. Auf ihrem T-Shirt prangen die Lettern eines teuren Modelabels, in die Haare sind blaue Fäden eingeflochten. Sie arbeite als Hairstylistin und Prostituierte in Antwerpen, sagt die Nigerianerin. Verteidiger Uwe Paschertz räumt nach einem Rechtsgespräch zwischen allen Beteiligten im Namen seiner Mandantin alle Vorwürfe ein. Wie genau Yola nach Europa und an Tina O. gelangte, kann das Gericht nur aus ihrer bruchstückhaften Vernehmung und aus Chats am Handy zurückverfolgen.

Tina O. und Yolas Mutter kennen sich aus Nigeria. "Ich selbst habe sie einmal in Afrika gesehen", erzählte Yola später der Polizei. Yolas Vater ist tot, die Mutter muss vier Kinder ernähren. Wohl auf Drängen der Mutter wird Yola Ende 2017 mit Schleusern über Italien nach Österreich geschickt. Dort beantragt sie Asyl und kommt in einem SOS-Kinderdorf unter. Die Mutter macht Druck per SMS: Yola solle mit Tina O. nach Antwerpen gehen, es ist von Geldschulden bei den Schleusern die Rede und dass die Mutter sie ansonsten verstoßen werde. Schließlich kommt auch noch das "Tschu-Tschu" ins Spiel, eine Art Verfluchungszauber: Der Mutter werde es schlecht gehen, wenn Yola nicht Geld auftreibe. Tatsächlich erscheint Tina O. im April 2018 bei Yola und erklärt der 17-Jährigen, dass sie ihr helfen und eine bessere Unterkunft in Antwerpen besorgen werde.

"Ich habe mit vielen Nigerianern über Internet Kontakt und ich weiß, was jungen Mädchen hier passiert", sagte Yola bei der Polizei aus. Sie stieg am 21. April mit Tina O. in den Zug von Österreich in Richtung Frankfurt, schloss sich auf der Toilette ein und rief eine Freundin in Österreich an: Sie werde verschleppt und solle als Prostituierte arbeiten. Die Freundin verständigte die Polizei, und als Yola und Tina O. am Münchner Hauptbahnhof umsteigen mussten, warteten schon die Beamten.

Sabine Färber-Fröba, Anwältin von Yola, war es wichtig, dass das Mädchen in Österreich bleiben konnte und nicht mehr persönlich vor Gericht aussagen musste. Tina O. darf nun laut Gerichtsbeschluss keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen aufnehmen.

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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