Prozess:Mit Fleischermesser auf den Vater losgegangen

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  • Ein junger Mann muss wegen gefährlicher Körperverletzung zwei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis.
  • Er hatte seinen Vater mit einem Fleischermesser angegriffen und ihn schwer verletzt.
  • Das Gericht berücksichtigte in seinem Urteil die schwierigen familiären Verhältnisse zugunsten des Angeklagten.

Von Andreas Salch

Fast hätte er seinen eigenen Vater ermordet. Mit einem knapp 33 Zentimeter langen Fleischmesser. Für die Tat verurteilten die Richter der 1. Jugendkammer am Landgericht München I den 20-Jährigen Patrick Z. ( Name geändert) am Dienstag jedoch nicht wegen versuchten Mordes, sondern lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und sieben Monaten nach Jugendstrafrecht.

Es war in den späten Abendstunden des 28. November vergangenen Jahres. Patrick Z. stand auf dem Balkon der Wohnung seiner Eltern, er rauchte. Zuvor hatte sich sein Vater mit seiner Mutter gestritten. Wieder einmal, wie schon so oft in der Vergangenheit. Der Vater hatte eine Affäre mit einer anderen Frau. Patrick Z. hatte zufällig davon erfahren und es seiner Mutter erzählt. Der 20-Jährige hielt zu seiner Mutter. Aus Wut darüber nannte ihn sein Vater "Hurensohn" und beschimpfte ihn, dass "er nicht mehr sein Kind" sei.

Als Patrick Z. auf dem Balkon stand, sah er, wie sein Vater der Mutter in den Bauch trat. Unter Schmerzen sank sie zu Boden und blieb im Flur liegen. Auch sein jüngerer Bruder wurde geschlagen. Patrick Z. hatte genug. Er lief in die Küche, griff nach einem Fleischermesser und rammte es mit Wucht seinem Vater zehn Zentimeter tief im Bereich des rechten Schlüsselbeins in den Körper. Trotz der schweren Verletzung hatte der Vater noch aus der Wohnung flüchten können. Seine Frau, ihr jüngster Sohn und dessen Freundin begleiteten ihn. Auf der Straße brach er zusammen. Ein zufällig vorbeikommender Kinderarzt leistete Erste Hilfe.

Da Patrick Z. nach der Attacke von seinem Vater abgelassen hatte, wich die Vertreterin der Anklage, Staatsanwältin Nina Prantl, von dem ursprünglich erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes ab. Sie forderte eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und sechs Monaten.

Vor Gericht hatte Z.s Vater von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Gegenüber der Polizei sagte er, es sei "nicht wichtig, wer ihn verletzt" habe. Z.s Mutter sprach vor Gericht von einem "Familienstreit". Was Schreckliches passiert war, wollten die Eheleute für sich behalten. Ihr Sohn jedoch hatte bei seiner Festnahme den Ermittlern berichtet, was tatsächlich geschehen war. Er hatte sich zwei Tage nach der Tat gestellt.

Schwierige Verhältnisse innerhalb der Familie

Die beinahe tödliche Attacke sei "nicht aus heiterem Himmel passiert. Es gibt eine Vorgeschichte", erklärte Z.s Verteidigerin, Rechtsanwältin Christina Keil bei ihrem Plädoyer. Grund seien die Schläge und Demütigungen ihres Mandanten durch seinen Vater und dessen "patriarchalisches Verständnis" von einer Ehe, in der der Mann alles und die Frau nichts sei. Auch das Gericht berücksichtigte in seinem Urteil die schwierigen familiären Verhältnisse zugunsten von Patrick Z. und ging davon aus, dass er nach der Attacke freiwillig von seinem Vater abgelassen habe.

Rechtsanwältin Keil forderte zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung. "Der Angeklagte schätzt und liebt seinen Vater", so die Verteidigerin. Die Familie wolle wieder zusammen sein. Vor der Urteilsverkündung sagte Patrick Z.: "Ich liebe meine Familie." Der Vater, der im Zuschauerraum saß, begann in diesem Augenblick zu weinen.

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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