Prozess in München:Taxler Nase abgeschnitten

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Das Landgericht München I hat Ercan Ö. zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. (Foto: picture alliance / dpa)

Ercan Ö. hat einem Münchner Taxifahrer bei einem Raubüberfall Teile der Nase abgeschnitten. Jetzt wurde der 35-jährige türkische Koch zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Bei seiner Überführung spielte eine Gebetskette eine entscheidende Rolle.

Von Christian Rost

Ein Räuber, der einem Taxifahrer Teile der Nase abgeschnitten hat, ist am Freitag am Landgericht München I zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der 35-Jährige bestritt bis zuletzt, etwas mit dem Vorfall am 19. Mai 2006 zu tun zu haben. Die Richter der 7. Strafkammer sahen aber "keine vernünftigen Zweifel" an der Täterschaft von Ercan Ö. "Den unbekannten Dritten gibt es nicht", so der Vorsitzende Max Boxleitner in der Urteilsbegründung.

Der türkische Koch war demnach am Tattag gegen 3 Uhr früh am Münchner Flughafen in das Taxi des 54-Jährigen gestiegen. Er ließ sich zunächst zum Hauptbahnhof chauffieren und überlegte es sich dort anders. Schließlich wollte Ö. in die Linprunstraße, wo ausgerechnet die Staatsanwaltschaft ihren Dienstsitz hat.

Dort stieg er allerdings nicht aus, sondern zückte ein Teppichmesser, das er dem Taxifahrer an den Hals hielt, und verlangte Geld. Der Münchner händigte dem Räuber sofort seine gesamten Einnahmen aus - gut 500 Euro. Ö. ließ den Mann dennoch nicht in Ruhe. "Dem Angeklagten ist wohl klar geworden, was er gerade getan hat", fasste Boxleitner die Ereignisse zusammen.

Jedenfalls fuhr der Koch die Klinge des Messers noch weiter aus und meinte zu dem Taxler: "Und was machst du jetzt?" Das Opfer geriet in Panik und biss dem Räuber mit aller Kraft in den rechten Unterarm. Ercan Ö. packte daraufhin den Kopf des Taxlers und riss ihn nach hinten. Dabei fuhr der Täter mit der Klinge unkontrolliert durch die Luft und schnitt dem Taxifahrer die Nasenspitze und einen Nasenflügel ab.

Den Schnitt hatte der 54-Jährige zunächst nicht bemerkt, er konnte sich hinterher nur noch an "ein Blitzen" erinnern. Ein anderer Taxifahrer, der zufällig am Tatort vorbei gekommen war, eilte seinem Kollegen zu Hilfe. Der Verletzte musste vier Mal operiert werden. Seine Nase wurde mit Hautransplantationen aufwendig rekonstruiert. Neben den körperlichen Schäden musste der Mann auch mit den psychischen Folgen fertig werden. Mehrere Traumatherapien durchlief er.

Dem Täter kam die Polizei erst Jahre später auf die Spur. An einer Gebetskette, die auf der Rückbank im Taxi sichergestellt worden war, konnte dank neuester Technik eine DNA-Spur gesichert werden - es war der genetische Fingerabdruck von Ercan Ö. Als der dann von der Türkei nach Österreich reiste, wurde er festgenommen. Er leugnete, der Mann aus dem Taxi gewesen zu sein.

Die Gebetskette stamme womöglich ursprünglich von ihm, sagte er vor Gericht, er habe aber schon "Millionen" davon hergestellt und verkauft und verschenkt. An der fraglichen Kette fand sich aber nur seine DNA. Und seine Mutter hatte als Zeugin gesagt, ihr Sohn habe nur gelegentlich solche Ketten gebastelt. "Er ist sicher kein professioneller Produzent", so der Vorsitzende Richter: "Es ist auch nicht besonders wahrscheinlich, dass ein anderer im Besitz dieser Kette war."

Am Unterarm des Angeklagten befindet sich zudem eine Narbe, die nach Auskunft eines medizinischen Sachverständigen höchstwahrscheinlich von einem Biss stammt - und nicht von einer Glasscherbe, wie der Angeklagte behauptete. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre und drei Monate Haft gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

© SZ vom 15.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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