Prozess hat begonnen:Tödlicher Streit bei McDonald's

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Wie viel Absicht und wie viel unglücklicher Zufall führten zum Tod eines Menschen? David M. steht vor Gericht, weil er bei McDonald's am Stachus einen Mann so brutal geschlagen hat, dass dieser starb. Am ersten Prozesstag geht es vor allem um die Frage, ob der Angeklagte Kampfsport betreibt.

Christian Rost

Der Angeklagte David M. beteuert, er habe nie in seinem Leben Kampfsport betrieben. Trotzdem konnte er einem Mann zwei derart wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzen, dass der Getroffene an den Folgen starb. Der Vorsitzende des Münchner Schwurgerichts, Michael Höhne, glaubt dem Angeklagten nicht.

Die McDonald's-Filiale am Stachus. Dort ereignete sich im Juli 2011 ein tödlicher Streit. (Foto: Robert Haas)

Und an diesem Montag, dem ersten Tag des Prozesses um den tödlichen Streit im McDonald's-Restaurant am Stachus, lässt der Richter nicht locker. Es sind die entscheidenden Fragen in diesem Prozess, die klären sollen, wie viel Absicht und wie viel unglücklicher Zufall zum Tod eines Menschen führten.

Weshalb er zur Polizei nach der Festnahme mehrmals gesagt habe, er sei Thaiboxer?, will Höhne wissen. M. weiß es nicht: Er habe vor Jahren in seiner Geburtsstadt Wien in einem Boxclub Freunden beim Trainieren nur zugeschaut. Weshalb er so durchtrainiert sei, wo er doch angeblich keinen Kraftsport betreibe?, fragt der Richter weiter, und M.s Verteidiger Maximilian Pauls greift ein.

Die Hartnäckigkeit Höhnes bringt den Anwalt auf die Idee, ein Schaulaufen des Angeklagten quer durch den Saal anzuregen. Damit jeder sehen könne, dass sein 25-jähriger Mandant gar nicht so kräftig sei mit seinen etwa 60 Kilogramm Körpergewicht. Der Vorsitzende meint, er wolle sich M. zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich noch genauer ansehen.

David M. muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Dass er am frühen Morgen des 30. Juli 2011 im McDonald's auf einen anderen Gast im Streit um eine Nichtigkeit einschlug, hat er gestanden. M. störte sich daran, dass sein Tischnachbar benutzte Servietten über den Tisch verstreute.

Ein Wort gab das andere. Beim Verlassen des Lokals - die Männer wollten die Sache draußen klären - schubste M. seinen Kontrahenten Giacomo A. mit den Händen gegen eine Wand. Dann folgten die beiden Faustschläge ins Gesicht des Kaufmannes, der zu Boden ging, bewusstlos wurde und acht Stunden später an einer Gehirnblutung starb. Der Angeklagte sagt, er könne sich die Eskalation nicht erklären. Er sei zuvor noch nie in eine Schlägerei verwickelt gewesen. "Null Erfahrung" habe er mit so etwas.

Hat ihn vielleicht der Alkohol aggressiv gemacht in jener Nacht? Bevor er in das Burger-Lokal ging, hatte er im Pacha gefeiert, ein paar Bier getrunken. "Wenn ich etwas trinke, werde ich lustig", sagt M.

Er wuchs in Österreich auf, abwechselnd bei der Mutter, die sich wenig kümmerte, und dann beim von der Familie getrennten Vater, der sich Mühe mit der Erziehung gab, aber ebenfalls scheiterte. David M. musste ins Internat für schwer Erziehbare und schloss weder Schule noch Lehre ab. Er nahm Drogen, war in Jugendhaft, fing sich und zog nach München. Hier lernte er eine Frau kennen, wurde 2009 Vater einer Tochter und jobbte in Bäckereifilialen. Die letzten Jahre hatte er nichts mit der Polizei zu tun.

Was bringt so einen, der zwar eine lausige Kindheit und Jugend hatte, ansonsten aber unauffällig lebte, zum Zuschlagen?

Der Richter will eine Antwort auf die Frage. "Sie wollten zeigen, wer der Stärkere ist, ihr Gesicht nicht verlieren, ja?", hakt Höhne nach. Und der Angeklagte räumt ein, dass das "ein Stück weit sicher stimmt". Allerdings habe er auch einfach nur Angst gehabt, als sich sein Kontrahent bei McDonald's von seinem Platz erhoben habe und einen Kopf größer gewesen sei als er. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 07.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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