Prozess gegen Haussanierer:Ein Mann mit Prinzipien

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Die Mieter des Hauses Augustenstraße 4 klagen: Der Besitzer sei, um sie loszuwerden, bei der Sanierung mit unlauteren Methoden vorgegangen. (Foto: Catherina Hess)

Christian S. ist ein berüchtigter Haussanierer in München, der immer wieder Ärger hat - mit Behörden aller Art und mit Mietern. Nun stand er mal wieder vor Gericht, wegen eines Vergleichs. Doch viel bemerkenswerter war, wie er den Richter zur Weißglut brachte.

Von Bernd Kastner

Am Ende pfeffert der Richter sein Diktiergerät auf den Tisch. "So etwas habe ich noch nie erlebt!" Er brüllt fast. Und das soll was heißen bei diesem Mann, dessen Name Programm ist: Robert Englmann. Mit Engelszungen hat er auf Christian S. eingeredet, um ihn zu einem Vergleich zu bewegen. Jenen Sanierer, der immer wieder Ärger hat, mit Behörden aller Art und mit Mietern. Es geht erneut um das Anwesen Augustenstraße 4, das er seit November 2013 saniert. Und jetzt, da der Vergleich bereits diktiert ist, will S. ihn platzen lassen. "Das ist eine Farce!", ruft der Amtsrichter.

Eigentlich wollte der Mieter Holger Sch. mit seiner Klage gegen S. erreichen, dass seine Wohnung wieder bewohnbar wird. In dem Haus hatte S. die Kamine abreißen lassen, obwohl noch gasbetriebene Warmwassergeräte angeschlossen waren. Die Polizei ermittelt gegen S., der Geschäftsführer der Eigentümer-GmbH ist. Vermieter und Sch. hatten sich im Juni auf einen Vergleich geeinigt: Auszug gegen 19 000 Euro Abfindung. Obwohl die GmbH-Gesellschafterin das selbst ausgehandelt hat, widerruft sie wenig später. Neuer Versuch, diesmal mit Christian S. persönlich.

Handeln wie auf dem Basar

Es beginnt ein Schauspiel, das die Macher des Königlich-Bayerischen Amtsgerichts abgelehnt hätten: als zu abstrus, selbst für den Münchner Mietmarkt. Von wegen. S. fällt es schwer, seine Emotionen zu bändigen. Er schimpft auf die Presse, die ihn fertigmachen wolle. Immer wieder attackiert er den Mieter: Selbst schuld am Zustand der Wohnung, er habe ja die Arbeiten blockiert. Dabei habe er, S., das Recht und die Pflicht zur Modernisierung. Wiederholt geht S. ins Persönliche, der Richter will ihn bremsen, vergeblich. Nur in einem sind sich die Parteien einig: Terror sei das alles, ausgeübt vom jeweils anderen.

Der Richter schlägt 15 000 als neue Abfindung vor, geht runter auf 13 000. "10 000", ruft S. - Der Richter: "13 000!" - "10 000!" - "13 000!" S. echauffiert sich: Solch eine Summe sei ungerecht gegenüber schon ausgezogenen Mietern, "die haben ja viel zu wenig bekommen". Ein Freudscher Versprecher. S. nennt auch Zahlen: Eine Rentnerin, durch deren Dach es geregnet hatte, sei mit 1500 Euro ausgezogen. Richter Englmannn hält dem Sanierer vor, dass ja wohl nicht alles einwandfrei gelaufen sei auf der Baustelle, und argumentiert mit dem wirtschaftlichen Risiko, das S. eingehe, wenn er den Vergleich ablehne. 13 000? S. willigt ein.

Englmann diktiert: Keine Miete mehr für September, die Wohnung ist ja eine einzige Baustelle. Keine Miete? S. geht in die Luft: "Die 540 Euro müssen aus Prinzip gezahlt werden." Diese Worte sagt S. immer wieder: "Aus Prinzip." Er meint damit sein eigenes Prinzip, das weiß auch die Stadt, die ihm Schwarzbauten vorwirft. Jetzt wird der Richter laut, diktiert: Vergleich geplatzt. Oder doch nicht? Wären 12 800 Abfindung okay? S. nickt. 200 Euro gespart, und das bei einem Millionenprojekt. Ehe S. von dannen zieht, hält er dem Richter noch einen Vortrag, über Deutschland und die Ungerechtigkeiten in diesem Staat gegen Vermieter. Er meint Vermieter wie sich.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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